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Die Ordensburg: Elfenritter 1 - Roman

Die Ordensburg: Elfenritter 1 - Roman

Titel: Die Ordensburg: Elfenritter 1 - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernhard Hennen
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Lederriemen fest hinter seinem Kopf. Dann ging sie zum Kamin. Sie zog das Brandeisen aus der Glut. Winzige Funken stoben von dem weiß glühenden Metall auf. Es war heiß genug!
    Ein dünner Rauchfaden stieg von dem Brenneisen auf, als sie an den Tisch trat. Ihr Blick verengte sich auf die Wunde, die wie ein zweiter Mund in Honorés Fleisch klaffte. Michelle konnte seine Angst riechen und den sauren Wein, nach dem sein Atem stank.
    Die Kugel hatte einen in flachem Winkel aufsteigenden Kanal durch sein Fleisch gerissen. Es war wichtig, dass sie dem Schusskanal so genau wie eben möglich folgte. Das heiße Eisen würde sich einen Weg durch das geschundene Fleisch brennen, auch wenn sie es falsch ansetzte. Ihr Mund war trocken. Sie hielt Honorés Leben in Händen … Und sie durfte vor allem nicht länger zögern! Es war nicht gut, wenn das Eisen zu sehr abkühlte.
    Vorsichtig näherte sie sich der Wunde. Sie versuchte, sich an den genauen Winkel zu erinnern, in dem sie die Pinzette in die Wunde geschoben hatte. Unsicherheit beschlich sie …
    Vorsichtig schob sie den ausgestreckten Mittelfinger in Honorés Brust. Der Ritter bäumte sich auf vor Schmerz.

    Michelle zuckte zurück. Jetzt wusste sie, wie sie das Eisen ansetzen musste. Glühendes Metall fraß sich in Fleisch. Sie trieb das Brenneisen mit leichtem Druck voran, bis sie spürte, wie es unter dem Schulterblatt aus dem Wundkanal austrat und die Tischplatte berührte.
    Honoré bäumte sich auf, doch seine Kameraden hielten ihn mit eisernem Griff. Schweiß rann ihm in Strömen über die Brust. Er war totenblass. Jeder seiner Muskeln zeichnete sich unter der Haut ab, so sehr hatte er sich im Schmerz verkrampft. Seine Augen waren nach oben verdreht, als wolle er ins Innere seines Schädels blicken.
    Vorsichtig zog Michelle das Brandeisen zurück. Sie drehte es dabei leicht, um sicher zu gehen, dass die ganze Wunde ausgebrannt war.
    Honoré erschlaffte. Endlich hatte ihn gnädige Ohnmacht umfangen. Es roch nach gut durchgebratenem Fleisch. Wie Schweinestücke in einer Pfanne mit siedendem Fett, die fast gar waren.
    Michelle ließ das Eisen fallen, als sie es ganz aus der Wunde herausgezogen hatte. Alle Kraft war aus ihren Gliedern gewichen. Sie fühlte sich matt wie nach einer Schlacht. Schwer stützte sie sich auf den Tisch auf.
    »Wird er überleben?«, fragte der bullige Nicolo. Obwohl er die Statur eines Bären hatte und allein sein Anblick die meisten Feinde erzittern ließ, war er erstaunlich weichherzig. Manchmal glaubte Michelle, dass ihm der Feldzug in Drusna am meisten von ihnen allen zu schaffen gemacht hatte.
    »Wenn er die nächsten drei Stunden schafft, hat er gute Aussichten, den morgigen Tag zu erleben. Und wenn er den Tag morgen überlebt, dann wird er nächste Woche noch unter uns sein.« Sie zuckte mit den Schultern. »Ich habe getan, was ich konnte. Sein Leben liegt nun in Gottes Hand.«

    Frederic und Corinne lösten den Lederriemen hinter Honorés Kopf und nahmen das Beißholz aus seinem Mund. Dann trugen sie ihn zu dem behelfsmäßigen Lager aus Decken neben dem Kamin.
    »Wo ist der Junge?«, fragte Nicolo plötzlich.
    Michelle sah auf. Der Platz neben dem Kamin war leer. Der Kleine war über den toten Wolf hinweggestiegen. Blutige Fußspuren wiesen zu der Tür, in der Corinne und Frederic ihre Schildwache aufgegeben hatten, um ihr zu helfen.
    »Kleiner Mistkerl«, sagte sie schmunzelnd. Sie mochte ihn. Aber mit der üblen Bisswunde am Arm sollte er nicht herumlaufen. Die Verletzung musste gesäubert werden! Es durfte nicht sein, dass er als Einziger die Pest in seinem Dorf überlebt hatte und dann von den üblen Säften vergiftet wurde, die der Wolfsbiss in sein Blut gebracht haben mochte. Er war doch das Werkzeug Gottes!
    »Diese kleine Schlange. Den schneide ich in Streifen!«, schnauzte Corinne und zog ihr Rapier. Mit weiten Schritten stürmte sie zur Tür. Frederic folgte ihr auf dem Fuß.
    Auf dem Hof waren Stimmen zu hören. Jemand lachte.
    Michelle trat an eines der Bleiglasfenster. Durch das dicke Glas konnte sie nur verschwommen sehen. Eine Gestalt mit Rabenmaske hatte den Jungen gepackt. Das musste Bruder Bartolomé sein. Er war ins Dorf zurückgekehrt, um die Leichen zu zählen und dann den Knechten vor dem Dorf Anweisung zu geben, wie viele Scheiterhaufen sie errichten sollten. So heftig sich der Junge auch wehrte, Bartolomés starken Armen vermochte er nicht zu entkommen. Eskortiert von Corinne und Frederic, trug er ihn zurück

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