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Die Ordnung der Sterne über Como: Roman (German Edition)

Die Ordnung der Sterne über Como: Roman (German Edition)

Titel: Die Ordnung der Sterne über Como: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Monika Zeiner
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Hand verformt. Kaffeedampf hatte in die noch kühle Luft dünne Linien gezeichnet, während Marc sich das Jackett auszog, was schwierig war aufgrund der ihn einschließenden Enge. Tom erinnerte sich sehr, dass er selbst gerne einen Schluck Kaffee genommen hätte, sich aber nicht zu fragen traute. Er kannte niemanden, weder Marc noch die anderen Insassen des Fahrzeugs, obgleich sie an derselben Hochschule (Hanns Eisler) studierten, aber Tom war niemand, der viele Leute kannte. Seit seiner Kindheit hatte er Bekanntschaften als Anstrengung empfunden.
    Das Steven-Taylor-Quartett oder das Harry-Miller-Quartett (Jazzquartette, zumal ostdeutsche, benannten sich mit Vorliebe nach dem Bandleader, indem sie dessen Namen ins Englische übertrugen, was einfach besser klang als Steffen Schneider oder Harald Müller) war auf dem Weg zu einem Dienstleistungsauftritt in einem Einkaufszentrum irgendwo in der brandenburgischen Provinz, und weil ihnen der Pianist abgesprungen war, hatte man Tom gefragt, so wie immer wieder mal eine Band bei ihm anfragte, wenn ein Pianist absprang und manfür einen mäßig bezahlten Dienstleistungsauftritt in irgendeinem Autohaus, auf einer Hochzeit oder bei den Delikatessen-Wochen einer Lebensmittelkette einen kurzfristigen Ersatz brauchte.
    Erst später erfuhr er, dass auch Marc nicht dazugehörte, dass auch er eine Zweitbesetzung, eine Notlösung war, dass er Kontrabass nur zum Vergnügen spielte, wie er es nannte, eigentlich an der Berliner HdK Komposition studierte.
    Nachdem sich Marc aus seinem Jackett gequält hatte, strich er sich mit einer schnellen Bewegung das Haar aus der Stirn. Hellblond, weich, es reichte bis auf die Schultern, und Tom, während er den Kaffee hielt und aus dem Augenwinkel Marcs Spiegelbild in der Scheibe betrachtete, wunderte sich über die Spannung, die in diesem hellen Gesicht lag, als widersprächen die vom wechselnden Licht scharf gezeichneten Gesichtszüge ständig den großen sanftblauen Augen.
    Als das Auto mit einem Ruck anfuhr, öffnete Tom die Hand, ließ den Becher fallen, und der Kaffee ergoss sich über Marcs weißes Hemd, schwappte über Hüfte und Bein, auch auf Toms dunkelblaue Anzughose, heiße Flecken, die auf dem Oberschenkel brannten. Monate später, als eine aufgeblasene rote Sonne hinter Mauerpark und Weddinger Mietskasernen langsam versank, fragte Marc ihn, Blick auf den Sonnenballon, warum er es getan habe, aber er konnte es nicht beantworten, es war ein Reflex gewesen, er hatte irgendetwas in seinem Leben ändern wollen.
    Marc, im Auto, hob erstaunt die Augenbrauen, bevor er zu lachen begann, bis auch Tom lachte, zunächst aus Verlegenheit, später, weil er es wirklich lustig fand, tatsächlich immer lustiger, und den Rest der Fahrt schwiegen sie wieder, blickten ausden Fenstern auf die Stadt, die sich mehr und mehr ins Land duckte, sich in Vorstadtzersiedelung verlor, durchtrennt von Feldern, von Strommasten, Industrieparks, deren Lichter in die blaue Dämmerung des Himmels stachen.
    Scharfer Wind wehte, als sie beim Einkaufszentrum ausstiegen. Büschel von Luftballons knallten an Aluminiumträger, Fähnchen flatterten. Die Veranstalterin oder Agenturbeauftragte oder Filialleiterin, ein dickes Fräulein mit schlecht lackierten Fingernägeln und billigem schwarzen Kostüm, nahm sie in Empfang. Sie seien etwas spät. Sie möchten bitte sofort aufbauen, bei der Käsetheke im Untergeschoss, bitte, dort sei die Bühne aufgestellt. Als sie neben ihr herliefen, das dauergewellte Haar des Fräuleins wurde von einem Windstrom fast glattgebürstet, fiel ihr Blick auf Marcs Hemd, aber da hatten sie auch schon die gläserne Drehtür erreicht.
    Auf der Bühne, die mit einem grünen Grasteppich ausgelegt war, standen vier Kunstbuchsbäume, außerdem einige griechische Säulen aus Plastik, die an Italien erinnern sollten, denn Italien war das Motto des Abends. Auch die italienischen Fähnchen, die italienischen Kräcker auf den Stehtischen und der rotweißgrün gekleidete Stelzenläufer trugen dazu bei, dass die Lebensmittelabteilung im Untergeschoss des Kaufhauses Italien zum Verwechseln ähnelte, nur war eine italienische Band offenbar nicht zu finden oder für einen erschwinglichen Preis zu haben gewesen, weshalb sich die Frank-Miller-Jazz-Band hatte vertraglich verpflichten müssen, wenigstens »Azzurro« und »Volare« ins Programm aufzunehmen.
    »Ich bin übrigens Marc«, sagte Marc und streckte ihm die Hand entgegen, als sie rauchend im Hof standen,

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