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Die Ordnung der Sterne über Como: Roman (German Edition)

Die Ordnung der Sterne über Como: Roman (German Edition)

Titel: Die Ordnung der Sterne über Como: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Monika Zeiner
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eine Sonnenbank oder ein Ledersofa, sondern eben zufällig ein Klavier herausgezogen hatte, wie er es formulierte. Nur wenn dessen Sohn in der Dachkammer am Klavier saß, weit oben, weit weg von allem, als Nachbar allein der Wolken, die am schrägen Fenster entlangstrichen, über dem Lärm der ländlichen Rasenmäher, der Kärcher, des Staubsaugers, fühlte er sich aufgehoben, erleichtert, wie jemand, der aus einem viel zu engen, dazu kratzenden Kostüm hinaussteigt, um endlich die eigenen Kleider wieder anzuziehen.
    Bei Marc hatte er zum ersten Mal den Eindruck gehabt, in den weiten Joggingklamotten seiner eigentlichen Seele unterwegs sein zu dürfen; seine Worte nicht planen zu müssen, bevor er sie aussprach, sie nicht auf die innere Goldwaage legen zu müssen, wie früher, da der Halbkreis der Freunde den Kopf regelmäßig schräg gehalten hatte, wenn er etwas sagte, als höre man nicht richtig, bevor man, meist über anderes, weiterredete. Und so ging es ihm letztlich auch bei seinem Jazzstudium, woer sich immer vorkam wie jemand, der im Unterschied zu allen anderen das Wesentliche nicht kapiert hatte.
    Er dachte an den zweiten Tag ihrer Freundschaft, der vorerst auch der letzte gewesen war. Er selbst hatte die langsamen Nachmittagsstunden in seinem Stammlokal in der Knaackstraße über sich ergehen lassen, weil in seiner Wohnung schräg gegenüber die Öfen schlecht zogen, weil die riesigen, aber billigen Räume überhaupt kaum zu beheizen waren im Winter und weil sein Mitbewohner Björn, der beim Film arbeitete, gewohnheitsmäßig überall gleichzeitig, aber niemals zu Hause war. Wie meistens am stillen Nachmittag, wenn das Lokal fast leer war, hatte er an seinem Lieblingsplatz am Fenster gesessen. Als er nachsah, ob das Grau vor den Fenstern bereits die ausreichende Dichte für ein erstes Bier erreicht habe, erkannte er Marc, der über den dämmrigen Platz auf ihn zukam, die Hände in den Taschen, die Lippen gerundet, als pfiffe er eine Melodie, und dieser über den Platz gehende Marc war einer derjenigen, die er später in der Vitrine seines Gedächtnisses aufbewahren sollte, nahezu gegenständlich, wie seine Mutter stets Andenkenfigürchen in den Wohnzimmervitrinen aufbewahrt und regelmäßig abgestaubt hatte.
    Auch er staubte oft die Erinnerungen ab.
    Er sah Marc durch das Fenster mit langen langsamen Schritten auf sich zugehen. Er dachte: Einseitige Freundschaft muss noch viel trauriger sein als einseitige Liebe. Er lachte, als Marc seine Nase an die Scheibe drückte, den Blick mit beiden Händen abschirmte und suchend direkt zu ihm hineinschaute, aber so tat, als könne er ihn nicht sehen. Sie spiegelten sich ineinander.
    Tom bemühte sich, das Lächeln auf seinem Gesicht unterKontrolle zu bringen. Seine Freude erschien ihm selbst etwas übertrieben. Sie saßen einander gegenüber und schwiegen einige Minuten, was ihm keineswegs unangenehm war, denn jemanden zu haben, mit dem man gut schweigen konnte, war alles andere als selbstverständlich. Er habe es sich gedacht, sagte Marc, nachdem er zwei Bier bestellt hatte, ihn hier zu treffen. Er komme nämlich, um sich zu verabschieden. Dann die knappe Erklärung, er habe durch Zufall, wie er es nannte, ein Stipendium für junge Komponisten erhalten, das ihn für ein halbes Jahr nach Berkeley / Kalifornien schicke. Für Marc schien das Thema damit erledigt zu sein, denn sein Blick wanderte, als wolle er von dieser Nebensächlichkeit ablenken, an einen Tisch im dunkleren Innern des Raums, wo zwei Mädchen saßen, die sich mit großen Gesten ihrer Hände immer wieder das lange Haar aus den Gesichtern strichen. Zigarettenrauch stieg in bläulichen Schlingen über ihre Köpfe. Marc hob eine Augenbraue, als er sie taxierte, wartend, bis eine seinen Blick kurz erwiderte, mit einem Lächeln, das wie ein flüchtiger Lichtschein sofort wieder hinter der dunklen Wolke ihres Gesichts verschwand. Ein feines Grinsen zog über Marcs Mund, als er sich über den Tisch zu Tom hinüberbeugte und ihn von unten ansah.
    »Die da drüben«, flüsterte er, dann schwieg er, als wäre alles gesagt.
    Tom verstand nicht.
    »Du merkst es echt nicht. Die Braunhaarige. Sie schaut dich die ganze Zeit an.«
    »Quatsch.«
    Marc lächelte. »Es freut mich natürlich, dass du dich lieber mit mir unterhältst«, er zündete sich eine Zigarette an, gab auchTom Feuer, und sein helles Gesicht erschien im plötzlichen Licht der Flamme noch schärfer gezeichnet, feiner.
    »Das ist …«, Tom

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