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Die Orestie

Titel: Die Orestie Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Aischylos
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Chors Gesang,
    Der, laut und doch mißlautig, Frohes nimmer singt.
    Denn, voll und trunken bis zum frechsten Übermut
    Vom Menschenblut, tobt durch das Haus ein Trinkgelag,
    Der Erinnyen schwergebannter, blutsverwandter Schwarm;
    Ihr gellend Trinklied singen sie, an den Herd geschart,
    Urerste Blutschuld, schmähen und verfluchen dann
    Des Bruders Ehbett, das den Schänder niederschlug!
    Verfehl ich's, treff ich's, wie die Jägerin ihr Wild?
    Und Lügenseherin, Bettelprophetin, sprich, bin ich's?
    So schwöre mir zu zeugen, daß ich klar gewußt
    Von dieses Hauses altgeerbter Frevelschuld!
    CHOR.
    Wie mag des Schwures fromm geschlungen Band ein Heil
    Gewähren? Doch dich staun ich an, daß, über See
    Geboren, alles du uns Andersredenden
    Kannst nacherzählen, gleich als hättest du's gesehn!
    KASSANDRA.
    Es gab Apollon mir, der Seher, dieses Amt.
    CHOR.
    Vielleicht, ein Gott er, dir in Liebe doch besiegt?
    KASSANDRA.
    Vor diesem hab ich mich geschämt, das zu gestehn.
    CHOR.
    Zu zartgewöhnt sind freilich alle Glücklichen.
    KASSANDRA.
    Mein Buhle war er! Und er hat mich sehr geliebt!
    CHOR.
    Und hat der Gott in seiner Liebe dich erkannt?
    KASSANDRA.
    Versprochen hatt ich's, und belog den Loxias!
    CHOR.
    Da du der gotterfüllten Kunst schon mächtig warst?
    KASSANDRA.
    Ja; schon verhieß ich meinem Volke jedes Leid.
    CHOR.
    Ließ ohne Strafe dich der Zorn des Loxias?
    KASSANDRA.
    Es glaubte niemand nichts mir, seit ich das getan!
    CHOR.
    Uns wahrlich scheinst du gar zu wahr zu prophezein!
    KASSANDRA.
    O Gott! Weh! Qualen!
    Auf reißt mich wieder der Begeistrung wilder Schmerz!
    Im jähen Wirbel stürmen Sprüche wirr hervor!
    Ha! seht ihr die dort sitzen vor der Tür, so still,
    So jung, der Träume Truggestalten gleich zu schaun,
    Zween Knaben gleich, als hätten Freunde sie gewürgt,
    Die kleinen Hände mit des eignen Fleisches Kost,
    Der eignen Eingeweide jammervollem Mahl
    Gefüllt, davon der eigne Vater gessen hat?
    Um diese sinnt jetzt auf Vergeltung, sag ich dir,
    Ein Löwe Feigling, Hauses Hüter, seines Betts
    Nestling, Vergeltung. Wehe deinem teuren Herrn
    Und meinem – Sklavin bin ich ja und trag es auch!
    Der Schiffe König, Ilions Bewältiger,
    Nicht weiß er, wie ihr Willkommen ihm die Gleisnerin,
    Der scheußlichen Hündin Lippe, wie ein heimliches
    Verhängnis bald vollenden wird zum Gruß des Fluchs!
    Sie wagt's! Das Weib des eignen Mannes Mörderin!
    Welch scheußlich Untier leihet seinen Namen ihr,
    Der träfe? Nenne Drachen, nenne Skylla sie!
    In tiefer Klippenhöhle aller Schiffer Tod,
    Wahnwitzge Hadesmutter, die sühnlosen Fluch
    Den Lieben zustürmt! – Wie sie laut gejauchzet hat,
    Die Allverwegne, gleich als schlage sie den Feind,
    Sie nennt es Freude, daß er glücklich heimgekehrt! –
    Und ob es niemand glaube, nun gilt's gleich. Wie nicht?
    Es kommt die Zukunft; um ein kleines Zeuge selbst,
    Nennst du mich weinend allzuwahre Seherin!
    CHOR.
    Das Mahl Thyestens von der eigenen Kinder Fleisch
    Erkannt ich, und mich schaudert; Furcht bewältigt mich,
    So wahr zu hören, was ich nicht mißdeuten kann;
    Doch für das andre, da verlier ich jede Bahn!
    KASSANDRA.
    Agamemnons Ende, sag ich, wirst du heute sehn!
    CHOR.
    Kein böses Wort, Unselge, schweige deinen Mund!
    KASSANDRA.
    Und doch ersteht dir keiner, der dem Worte wehrt!
    CHOR.
    Ja, wenn's geschehen ist; aber nimmermehr gescheh's!
    KASSANDRA.
    Du mögest beten! Jene sorgen für den Mord!
    CHOR.
    Sprich, wessen Hand wird solche Freveltat begehn?
    KASSANDRA.
    Was ich geweissagt, überhört hast du es sehr!
    CHOR.
    Nein, doch begreif ich des Vollbringers Ränke nicht!
    KASSANDRA.
    Und doch versteh ich der Hellenen Sprache wohl!
    CHOR.
    So auch die Pythosprüche, dunkel sind sie doch!
    KASSANDRA.
    Ha! Welches Feuer! Brennend flammt's an mir empor!
    Ha, du, Lykeios Apollon! Wehe, weh mir! Ach!
    Da die, die Menschenlöwin, die geschlafen hat
    Beim Wolf, da fern der hochgeborne Löwe war,
    Mich Arme will sie töten, will zu ihrem Haß
    Ihm, ach! in den Gifttrank mischen auch den Lohn für mich;
    Sie wetzt das Messer ihrem Herrn, sie rühmt sich laut:
    Mord soll es rächen, daß er mich hat mitgebracht!
    Was hab ich länger mir zum Gespött den heilgen Schmuck,
    Den Zepter noch, den Seherkranz um meine Stirn?
    Fort! eh der Tod mich fasset, brech ich dich entzwei!
    Euch werf ich hin, verkommt ihr! So vergelt ich euch;
    Bringt einer andren eures Elends Bettelstolz!
    Sieh her, Apollon, der du mir mein Seherkleid
    Nun selber ausziehst, der auf

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