Die Orks 02 - Der Schwur der Orks
»aber sehr viel dunkler wird es nicht mehr. Das Licht kommt nicht von der untergehenden Sonne, sondern aus dem Krater des Vulkans. Der Anar ist zu neuem Leben erwacht, wie es scheint.«
»Was du nicht sagst«, zischte Rammar. »Kannst du mir verraten, wie wir ungesehen an die verdammte Mauer rankommen sollen, wenn wir nicht einmal …«
Er unterbrach sich, als sich Quia, die schweigend neben ihm gekauert hatte, plötzlich erhob. Die Amazone sandte den drei Orks einen entschlossenen Blick, und für Balbok fügte sie noch ein Lächeln hinzu. Dann huschte sie blitzschnell durch das Halbdunkel davon.
»Verdammt, was tut das Weibsbild?«, polterte Rammar los. »Sie wird uns die ganze Überraschung vermenschen.«
»Da wär ich mir nicht so sicher«, widersprach Balbok. »Sieh mal …«
Griesgrämig warf Rammar einen Blick über die Hügelkuppe. Zunächst konnte er Quia nirgends entdecken, erst bei näherem Hinsehen machte er sie im Schatten einiger Felsen aus. Mit katzenhafter Geschmeidigkeit bewegte sich die Amazone auf die Mauer zu. Ein besorgter Blick nach den Wehrgängen – aber keiner der Soldaten, die dort Wache hielten, schaute in Quias Richtung.
Selbst Rammar musste zugeben, dass die Kriegerin ihre Sache sehr geschickt machte. Indem sie jeden Felsen und jeden Schatten als Deckung nutzte, gelang es ihr tatsächlich, sich bis auf wenige Schritte an die Mauer heranzupirschen, die sich wie eine steinerne Schlange um die Stadt wand – ein Vergleich, der sich aufdrängte und vermutlich auch beabsichtigt war. Den Schlangen schien in Kal Anar immerhin besondere Bedeutung zuzukommen …
Endlich hatte Quia die Mauer erreicht.
Sich eng an das grobporige schwarze Gestein pressend, bedeutete sie den Orks nachzukommen, und so sehr es Rammar missfiel – nun half alles nichts mehr. Nacheinander schlichen die Orks aus ihrem Versteck: zuerst Ankluas, der einmal mehr die Führung übernahm, dann Rammar und schließlich Balbok. Natürlich widerstrebte es Rammar, den ochgurash vorausgehen zu lassen. Andererseits – wenn sie entdeckt wurden, würde Ankluas der Erste sein, den die feindlichen Bogenschützen mit Pfeilen spickten. Und in einem solchen Fall verzichtete Rammar der Rasende gern auf seine Privilegien …
Die Orks hatten Glück – ungesehen erreichten auch sie die Mauer. Während Ankluas und Balbok der Spurt offenbar nichts ausgemacht hatte, rang Rammar nach Atem.
»Verfluchte Schinderei!«, ächzte er. »Allmählich frag ich mich, ob lächerliche zwei Schätze den ganzen Aufwand lohnen …«
»Sssch!«, machte Ankluas und winkte energisch ab, während er besorgt an der Mauer emporblickte. Mit dem einen Ohr – das allerdings hervorragend zu funktionieren schien – hatte der Ork offenbar etwas wahrgenommen, das seinen Gefährten verborgen geblieben war. Tatsächlich – der lange Schatten eines Wächters erschien über den spitzen Zinnen.
Die Orks und ihre Begleiterin pressten sich mit dem Rücken eng an die Mauer, damit sie von oben nicht gesehen werden konnten. In Rammars Fall mochte das allerdings nicht viel nutzen, denn sein kugelförmiger Bauch stand weit vor.
Quia zückte auf einmal den Dolch, den sie einem erschlagenen Reiter abgenommen hatte, klemmte ihn sich zwischen die Zähne – und kletterte dann mit unglaublichem Geschick an der Mauer empor. Dass sie dabei Rammars Wanst als Aufstiegshilfe benutzte, wollte dieser mit empörtem Protest quittieren, aber Balboks Rechte schoss vor und hielt ihm schnell das Maul zu.
Mit geradezu animalischer Gewandtheit erklomm Quia die Mauer. Sie nutzte dafür deren grobe Beschaffenheit und die breiten Fugen zwischen den rauen Steinbrocken, um sich mit den Fingern festzukrallen und Halt für die Füße zu finden. Balbok konnte nur staunen, während er zusah, wie die Amazone wie ein Insekt an der Mauer emporkrabbelte.
Quia erreichte die eisernen Stacheln, die die Mauer rings umliefen, und klammerte sich daran ein – und indem sie ihren sehnigen Leib spannte, schwang sie die Beine nach oben. Wenige Herzschläge später hatte sie die Füße auf zwei der Eisenstachel gesetzt, streckte ihren Körper so weit es ging, erreichte den Rand der Mauer mit den Fingerspitzen, und im nächsten Moment verschwand sie zwischen zwei Zinnen.
»Ich hoffe, das Weib weiß, was es tut!«, flüsterte Rammar verdrießlich, während seine beiden Artgenossen und er besorgt nach oben blickten.
Auf einmal wurde etwas über die Mauerkrone geschleudert. Ein menschlicher Körper
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