Die Orks 02 - Der Schwur der Orks
Schnelligkeit zurück – ein Irrtum, wie sich zeigen sollte.
Als sie an der Kante des Dachs anlangten, erstreckte sich vor ihnen eine der Hauptstraßen – und bildete eine auf dem ersten Blick unüberwindliche Kluft. Auf der anderen Seite befanden sich noch sechs oder sieben Dächer, dahinter erstreckte sich die Stadtmauer, jenseits derer die Freiheit lag …
»Springen!«, knurrte Gurn entschlossen und nahm Anlauf, um die beträchtliche Distanz zu überwinden.
In diesem Augenblick vernahm er das Schlagen gewaltiger Schwingen, und das grässliche Haupt eines riesigen Vogels erhob sich über die Dachkante.
»Nein!«, schrie Nestor entsetzt – aber es war zu spät.
Gurn und er starrten den Basilisken an, schauten ihm in die Augen. Furcht und Panik ließen sie erstarren, während sie gleichzeitig das Gefühl hatten, dass ihr Innerstes erkaltete und zu hartem Stein wurde. Sie gefroren zu Reglosigkeit, während das Untier vor ihnen in die Höhe stieg, kräftig mit den Schwingen schlug und sich sein Schlangenkörper unter ihm ringelte.
Mit aller Macht wollte sich Nestor dazu zwingen, eins der Wurfmesser zu zücken und es zu schleudern. Aber so sehr er es auch versuchte, es gelang ihm nicht. Ein Laut drang aus der Kehle des Basilisken, der sich weniger wie ein Schrei als vielmehr wie höhnisches Gelächter anhörte, was das Tier nur noch bösartiger und bedrohlicher erscheinen ließ.
Im nächsten Moment bekamen Nestor und Gurn Gesellschaft: Die Soldaten, die sich lediglich zurückgezogen hatten, damit die beiden Flüchtenden dem Basilisken in die Fänge liefen, ergriffen sie und schleppten sie davon, während das Ungeheuer wieder hoch in den Himmel stieg, noch eine Weile über dem Schlangenturm kreiste und dann im Krater des Anar verschwand.
9.
SNAGOR-TUR
»Wo sie nur bleiben?« Erneut ließ Rammar seinen Blick in Richtung der fernen Stadt schweifen und maulte vor sich hin. »Auf diese Milchgesichter ist einfach kein Verlass! Wenn man nicht alles selber macht!«
»Vielleicht ist ihnen etwas zugestoßen«, gab Ankluas zu bedenken. »Möglicherweise wurden sie entdeckt oder …«
»Dann sollten wir aufbrechen«, knurrte Balbok entschlossen.
Nur mit Mühe hatten die beiden anderen den großen, hageren Ork davon abhalten können, sich sofort nach Kal Anar zu begeben. Die Einwände, die Rammar und Ankluas vorgebracht hatten – dass es Wahnsinn wäre, sich ohne Informationen in die Höhle des Trolls zu begeben, und sie deshalb warten mussten, bis Nestor und Gurn zurückkehrten –, hatten ihn keineswegs überzeugt. Nur Quia war es zu verdanken, dass Balbok nicht längst aufgebrochen war; die junge Amazone hatte ihm klargemacht, dass es weder ihr noch ihren getöteten Schwestern etwas nützte, wenn sich ›der große Bunais‹ opferte. Rache, so hatte sie gesagt, wollte gut überlegt und vorbereitet sein, und das hatte Balbok schließlich eingeleuchtet. Nun allerdings war die Frist, die sie Nestor und Gurn gestellt hatten, verstrichen, und die beiden waren noch immer nicht zurückgekehrt …
»Balbok hat recht«, pflichtete Ankluas ihm bei. »Wenn unsere Gefährten tatsächlich dem Feind in die Hände gefallen sind, wird er sie grausam foltern lassen, um herauszubekommen, wer sie sind und was sie nach Kal Anar geführt hat. Wenn wir die Überraschung also weiterhin auf unserer Seite haben wollen, müssen wir rasch handeln.«
»Rasch handeln – das sagt sich so leicht!«, maulte Rammar. »Wie denn? Wir wissen nicht das Geringste über unseren Gegner. Vielleicht laufen wir blindlings in eine Falle.«
»Vielleicht.« Ankluas nickte. »Dieses Risiko werden wir eingehen müssen. Eine andere Möglichkeit haben wir nicht.«
Rammar war nicht dieser Ansicht. Natürlich hatten sie eine andere Möglichkeit. Es gab immer eine andere Möglichkeit, als sich massakrieren zu lassen. Aber er hütete sich, dies laut auszusprechen, denn das hätte womöglich den Anschein erweckt, dass er weniger Mut hätte als der ochgurash.
Und das wollte er auf jeden Fall vermeiden …
»Sei's drum«, brummte er angefressen, »dann gehen wir eben.«
»Korr«, knurrte Balbok nur.
»Ich begleite euch ebenfalls«, stellte Quia mit eisiger Stimme klar. »Der Mörder meines Volkes sitzt in Kal Anar. Ich will dabei sein, wenn er zur Strecke gebracht wird.«
»Das wird er«, versicherte Balbok grimmig, während seine eng stehenden Augen einen stieren Blick bekamen. »Ich werde ihm Arme und Beine abhacken und ihm sagen, was für ein
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