Die Orks 03 - Das Gesetz der Orks
Die Vorstellung, als Pirat zur See zu fahren, begeisterte ihn zwar nicht gerade, er gab ihr aber gegenüber einem gewaltsamen Tod jederzeit den Vorzug.
Und während der dicke Ork an der Strickleiter emporkletterte, die die Seeräuber an der Felswand herabgelassen hatten, begann irgendwo in den dunklen Windungen seines Gehirns ein tollkühner Plan zu reifen …
BUCH 2
ABAL ORSON UULON (DER KAMPF UM DIE INSEL)
1.
SGOLANN TUR
Er hatte es gespürt.
Für einen kurzen Moment.
Und dann, später, noch einmal.
Zuerst hatte er es noch für eine Täuschung gehalten, für einen Streich, den ihm seine Sinne spielten nach all der Zeit, die vergangen war und in der er vergeblich nach einem Weg gesucht hatte, aus der Verbannung zu entfliehen. Aber als es das zweite Mal geschah, da war er sich sicher gewesen, dass es keineswegs das Alter oder die Last der Jahre waren, die ihn narrten.
Es war tatsächlich passiert!
Die Pforte war geöffnet worden, und das bedeutete, dass die Zeit der Verbannung zu Ende ging.
Endlich …
Nach all den Jahrhunderten, in denen er vergeblich gehofft und seine Kraft darauf gesetzt hatte, den Bann zu brechen und in jene Welt zurückzukehren, die ihn einst verstoßen hatte. Die Pforten wieder zu öffnen, die den Schlüssel zu Macht und Herrschaft bargen, war das Ziel gewesen, das er mit aller Beharrlichkeit verfolgt hatte. In der Überzeugung, dass es nur auf die Menge an Energie ankam, die er dafür einsetzte, hatte er den Berg nach Kristallen durchwühlen lassen, hatte Tausende von Wesen versklavt auf der Suche nach dem Geheimnis, während er gleichzeitig eine Armee herangebildet hatte, um dereinst zurückzukehren und sich zu nehmen, was ihm genommen worden war. Und nun, da sein geschundener, nur von Zauberkraft am Leben gehaltener Körper kurz davor gewesen war, aufzugeben und ihm den Dienst zu versagen, war es geschehen.
Den Grund dafür kannte er nicht, und er war ihm auch gleichgültig. Jemand war so dumm oder so dreist gewesen, das Schicksal herauszufordern. Und dieser Jemand war verantwortlich dafür, dass sich das Heer der Dunkelelfen nun erhob, um die Welt der Sterblichen zu erobern – und diesmal würde es keine Streiter des Lichts geben, die sich ihnen in den Weg stellten, keine Zauberei und keinen Elfenkönig.
Die Macht des Bösen würde triumphieren, und das Banner der Dunkelelfen würde über Erdwelt wehen …
Nur etwas störte diesen Eindruck – und das waren die Präsenzen, die er fühlte, seit sich der Schlund das zweite Mal geöffnet hatte, denn sie waren ihm auf verhängnisvolle Weise vertraut. Nicht, dass er sich direkt an sie erinnert hätte – dazu war zu viel Zeit vergangen, und der Einfluss jener Mächte, in deren Dienst er sich gestellt hatte, hatte seine Erinnerung zugunsten der Gegenwart verblassen lassen und unter Bergen von Bosheit begraben.
Dennoch spürte er etwas, eine alarmierende Vertrautheit, die ihn tief in seinem Inneren berührte. Etwas, das zu ihm gehört hatte und ein Teil von ihm gewesen war.
Einst, vor langer Zeit …
Dieses Etwas trübte seinen Triumph, denn er spürte, dass es seinetwegen auf die Insel gekommen war und dass es seinen Plänen gefährlich werden konnte.
Er beschloss, die Dun'rai einzuberufen.
Die Dunkle Legion musste in Marsch gesetzt werden.
Die Zeit der Veränderung war angebrochen.
2.
PLUM UR'RAMMAR
Weder Balbok noch Rammar hatte damit gerechnet, jemals Pirat zu werden. Zum einen schon deshalb nicht, weil sich Orks und Wasser bekanntermaßen nicht sehr gut vertrugen. Zum anderen aber auch, weil die Seeräuberei die Gesellschaft von Menschen verlangte, und die mieden Orks für gewöhnlich noch mehr als Wasser.
Im Fall von Kapitän Cassaro und seinem wilden Haufen machten die beiden Brüder jedoch notgedrungen eine Ausnahme. In einer feierlichen Zeremonie, in deren Verlauf jeder der beiden Orks einen großen Goldring durch das linke Ohr gezogen bekam (was Rammar mit einem schrillen Quieken quittierte), wurden sie zu Mitgliedern von Cassaros Bruderschaft ernannt, mit allen Rechten und noch mehr Pflichten, die sich daraus ergaben. Was das genau bedeutete, danach erkundigte sich Rammar lieber erst gar nicht.
Danach wurde gefeiert – und es wurde das wildeste Gelage, dem die Orks in menschlicher Gesellschaft jemals beigewohnt hatten.
Seit ihrer Ankunft auf der Insel war es schon das zweite Mal, dass man ihnen zu Ehren ein Fest veranstaltete. Mit der zügellosen Fressorgie, die die Piraten in jener Nacht
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