Die Orks 03 - Das Gesetz der Orks
Gelände zu erkunden.«
»V-verstanden«, entgegnete der Seeräuber wenig erfreut, traute sich aber nicht zu widersprechen.
»Also worauf wartest du? Geh schon los, oder muss ich dir erst Beine machen?«
Der Pirat setzte sich in Bewegung – sehr begeistert sah er allerdings nicht dabei aus. Den Schacht, in den Rammar gefallen war, umging er in respektvollem Abstand, dann drang er in den Stollen vor, die Fackel in der einen, das blanke Entermesser in der anderen Hand. Schritt für Schritt bewegte er sich vorwärts, sich dabei wachsam umblickend. Als die übrigen Seeräuber ihm folgen wollten, hielt Rammar sie zurück.
Er wollte diesmal – und das im wahrsten Sinne des Wortes – ganz sichergehen …
»Und?«, rief er dem Piraten hinterher, nachdem dieser ein gutes Stück vorausgegangen war.
»Aye, alles in Ordnung«, scholl es zurück. »Ich hätte nicht gedacht, dass …«
Es ging blitzschnell.
Staub wölkte vom Boden auf, und ein hässliches Quietschen war zu vernehmen – und einen Lidschlag später war der Pirat verschwunden. Sein gellender Schrei verstummte jäh.
»Wie schade«, kommentierte Rammar trocken. »Hätte er mal lieber mehr gegessen …«
10.
AMHORUS
Sie waren der alten Straße weiter gefolgt, durch den Dschungel und vorbei an den Überresten einstmals prunkvoller Tempel und Paläste. All dies in Trümmern zu sehen erschütterte Alannah. Aber es war nicht nur der Anblick zerstörter Gebäude, der der Elfin zusetzte, sondern auch die allgegenwärtige Aura des Todes.
»Wie geht es dir?«, erkundigte sich Lhurian besorgt.
»Alles in Ordnung«, log sie, obgleich Krämpfe sie quälten. Die allerdings waren nicht auf ihre Umgebung zurückzuführen. Ihre einzige Nahrung, die sie zu sich genommen hatte, seit sie die Fernen Gestade erreicht hatten, waren saure Beeren gewesen, die sie im Wald gepflückt hatte und gegen die ihr Magen noch immer rebellierte. »All diese Paläste …«
»Was ist damit?«
»Wurden sie im Krieg zerstört?«
»Teilweise. Der Rest ist wohl einfach zerfallen.«
»Aber wie kann das sein? Wo sind ihre Bewohner geblieben?«
Der Zauberer erwiderte nichts. Der düstere Blick, den er Alannah sandte, war jedoch Antwort genug und ließ sie erschaudern.
»Wohin führt diese Straße?«, wechselte sie rasch das Thema.
»Nach Crysalion.«
»Du kennst den Weg?«
»Ja – obgleich sich vieles verändert hat, seit ich das letzte Mal hier gewesen bin.«
»Inwiefern?«
Der Zauberer blieb stehen. »Ich möchte es so ausdrücken: Damals war alles in Veränderung begriffen – heute ist es verändert.«
Noch ehe sie fragen konnte, was er damit nun wieder meinte, hatte er sich bereits wieder abgewandt und ging weiter, und sie musste zusehen, dass sie ihm folgte.
Wie lange ihr Marsch durch die feindselige Wildnis nun schon andauerte, war schwer zu sagen. Alannah war so erschlagen von den Eindrücken, die auf sie niederprasselten, dass sie jedes Zeitgefühl verloren hatte. Gebannt beobachtete sie Schlangen, die in den Bäumen hingen und deren Haut grün und gelb gemustert war, und sie sah große, gefährlich aussehende Vögel über die fahlen Himmelsflecke huschen, die hin und wieder im Blätterdach klafften. Durch eine dieser Öffnungen war irgendwann der Gipfel eines Berges zu sehen, der sich jenseits des Dschungels erhob, und auf dessen flachem Gipfel gewahrte Alannah senkrecht aufragende spitze Türme, die sich wie Nadeln in die Wolken zu bohren schienen.
Obwohl sie sich nicht daran erinnern konnte, jemals zuvor an diesem Ort gewesen zu sein, wusste sie sofort, worum es sich bei diesem Monument handelte, das nicht natürlichen Ursprungs, sondern das Ergebnis zauberischer Kunstfertigkeit war.
Dies war Crysalion.
Der Hort der Kristalle.
Der Überlieferung zufolge war der Berg durchzogen von Gängen und Hallen, die von hellem Licht erfüllt waren und den Gesängen und dem Gelächter glücklicher Elfen. Einer Krone gleich saß die Kristallburg auf seinem Gipfel, mit ihren Mauern und Türmen aus Glas, die den größten Schatz Crysalions bewachten: den Annun, den ersten unter den Kristallen der Macht, der der Ursprung allen Lebens und aller Freude an den Fernen Gestaden war.
Alannah merkte, wie die Ehrfurcht sie überkam. Ein Schauer rann ihr über den Rücken, als ihr klar wurde, dass dies der Ort war, an den Generationen von Elfen gezogen waren, nachdem sie ihre Aufgaben in der Welt der Sterblichen erfüllt hatten. Es war ihr Ursprung und ihre Heimat, und für einen
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