Die Orks 03 - Das Gesetz der Orks
von nichts als Wasser umgeben. Am Horizont schienen die See und der Himmel miteinander zu verschmelzen, als würde das fleckige Graublau, das Corwyn an die Farbe von Stahl erinnerte, gar kein Ende nehmen.
Der Gedanke, sich an Bord eines Schiffes zu befinden, die furchterregende Tiefe unter sich, gefiel dem ehemaligen Kopfgeldjäger nicht. Er war im Landesinneren geboren und auch dort aufgewachsen, entsprechend fremd war ihm das Meer. Die längste Schiffspassage, die er je mitgemacht hatte, hatte ihn über die Ostsee geführt.
Corwyns Magen rebellierte, und das Frühstück, das er in seiner Kajüte zu sich genommen hatte, machte sich wieder auf den Weg nach oben. Er kämpfte die Übelkeit nieder, denn er wollte sich nicht die Blöße geben, sich vor den Augen Dun'ras Ruuhls und der ganzen Mannschaft zu übergeben.
»Verdammt, Ruuhl!«, fuhr er den Dunkelelfen stattdessen an, der wie immer ein Stück hinter ihm stand. »Wie lange dauert die Überfahrt noch?«
»Wieso, König?«, erkundigte sich Ruuhl grinsend. »Ist dir nicht wohl?«
»Spar dir deinen Spott«, entgegnete Corwyn, dessen ungesund blasse Gesichtsfarbe Bände sprach. »Wie lange wird diese verdammte Passage noch dauern?«
Der Dunkelelf hob eine Braue. »Das ist unmöglich vorauszusagen.«
»Willst du dich über mich lustig machen? Du sagtest doch, dass du uns den Weg zeigen könntest und …«
»Das ja – aber das bedeutet nicht, dass er sich in zeitlichen Begriffen messen lässt.«
»Was soll das heißen?«, fragte Corwyn, dem jäh wieder einfiel, weshalb er sich bei Unterhaltungen mit Elfen meistens unwohl gefühlt hatte – weil er sich dabei immer vorgekommen war wie ein ausgemachter Trottel. Zumindest in dieser Hinsicht schienen Dunkelelfen und Lichtelfen etwas gemeinsam zu haben.
»Das soll heißen, dass sich die Länge der Reise nach den Fernen Gestaden nicht vorhersagen lässt. Man ist da, wenn man angekommen ist.«
»Willst du mich veralbern?« Um zu verdeutlichen, dass er nicht gewillt war, sich auf den Arm nehmen zu lassen, zog Corwyn sein Schwert und richtete es auf Dun'ras Ruuhls Brust.
»Dafür besteht keine Notwendigkeit«, sagte dieser kühl und schob die Klinge kurzerhand beiseite. »Wenn wir den gegenwärtigen Kurs beibehalten, werden wir früher oder später auf eine Nebelbank stoßen.«
»Auf offener See?«
»Diesen Anschein wird es zumindest haben. In Wirklichkeit ist der Nebel magischen Ursprungs und verhüllt die Fernen Gestade. Wer den Kurs nicht genau kennt, der wird sie niemals finden und in den Fangarmen grässlicher Ungeheuer landen, die so alt sind wie Erdwelt selbst.«
»Dann würde ich dir raten, uns gut zu führen und die Flotte sicher ans Ziel zu bringen«, knurrte Corwyn und rammte das Schwert zurück in die Scheide.
»Warum so zornig, falscher König?«, fragte Ruuhl hämisch. »Die See ist ruhig, und die Flotte macht gute Fahrt. Was also ist es, was dein Gemüt so verfinstert? Hast du Sorge, die falsche Entscheidung getroffen zu haben? Vermisst du deine Gemahlin? Oder fürchtest du gar, dass ich recht haben könnte mit dem, was ich in Tirgas Dun sagte?«
Corwyn antwortete nicht.
»Soll ich dich ein wenig aufheitern?«, fragte Ruuhl. »Soll ich dir eine Geschichte erzählen, um dir die lange Fahrt ein wenig zu verkürzen?«
»Nein.«
»Wirklich nicht? Sie handelt von jemandem, der seine Königin verloren hat, genau wie du.«
»Ich bin nicht interessiert«, stellte Corwyn klar.
»Tatsächlich? Auch dann nicht, wenn ich dir sagte, dass jene verlorene Königin und die deine … ein und dieselbe sind?«
Corwyn starrte ihn finster an. »Was faselst du da?«
»Ich fasele nicht!« Dun'ras Ruuhl mimte den Beleidigten, indem er sich abwandte. »Wenn es dich nicht interessiert, was ich zu erzählen habe …«
»Was weißt du über Alannah?«
»Manches«, antwortete der Dunkelelf ausweichend. »Thynia nannte sie sich einst …«
»Thynia?«, fragte Corwyn. Diesen Namen hatte er noch nie zuvor gehört.
»Das war ihr Name«, bestätigte Ruuhl, der sich wieder zum König umdrehte, »und sie war eine mächtige Zauberin, die Zier des Ordens.«
»Eine Zauberin?« Corwyn hatte gewusst, dass seine Gemahlin noch so manches Geheimnis hütete, und er hatte sich bereits ein Stück weit damit abgefunden. Aber dass sie eine Zauberin gewesen war und zu einem Orden gehört hatte …
»Sie hat es dir nicht gesagt?«, fragte Ruuhl in gespielter Überraschung.
»Nein.«
»Seltsam«, sagte Ruuhl scheinbar
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