Die Orks 03 - Das Gesetz der Orks
führt«, wusste der Vorarbeiter zu berichten. »Allerdings würde ich euch nicht raten, diesen Weg zu nehmen.«
»So? Und warum nicht?«
»Weil ihr es erstens mit der gesamten Legion zu tun bekämt, und weil zweitens …« Er unterbrach sich und bedachte mit einem vielsagenden Blick Rammars Leibesfülle, an der auch das karge Sklavendasein bisher nur wenig hatte ändern können.
»Was?«, verlangte Rammar zu wissen. »Nun spuck's schon aus!«
»Die Seilwinde«, erklärte der Ork ein wenig kleinlaut. »Ich denke nicht, dass sie dich tragen wird. Aber«, fügte er schnell hinzu, »es gibt auch noch einen anderen Weg.«
»Wusste ich's doch.« Rammar strahlte.
»Wie es heißt, führt einer der alten Stollen, die von der Haupthöhle abzweigen, nach draußen.«
»Na also!«
»Allerdings«, gab der Vorarbeiter zu bedenken, »soll er geradewegs in ein Labyrinth aus Höhlen und stillgelegten Stollen führen, aus dem man nie wieder herausfindet, wenn man nicht den genauen Weg kennt. Und da sind noch die Wächter.«
»Was für Wächter?«
»Die Wächter der Dunkelheit«, erklärte der Vorarbeiter schaudernd.
»Was für Zeug?«
»Sie sind der Grund dafür, dass die Dunkelelfen diesen Ausgang nicht bewachen. Die Wächter übernehmen das für sie – und wie es heißt, ist es keinem Gefangenen je gelungen, sie zu überwinden. Die es versuchten, starben einen grausamen Tod.«
»E-ernsthaft?«, fragte Rammar, dessen Entschlossenheit schlagartig zu bröckeln begann.
»Allerdings«, bestätigte der andere düster. »Man hat nie wieder von ihnen gehört.«
»Vielleicht«, wandte Balbok ein, »liegt das ja auch daran, dass sie es nach draußen geschafft haben.«
»Natürlich«, stimmte Rammar zu, der wieder Hoffnung schöpfte. »Wenn ich hier raus wäre, würde ich mich auch einen shnorsh um das scheren, was hier in den Minen vor sich geht. Wahrscheinlich sitzen sie alle längst gemütlich in einer Höhle und erfreuen sich ihrer Freiheit.«
»Meint ihr wirklich?« Der Vorarbeiter verzog die hageren Züge. »Es heißt, die Gänge des Labyrinths wären von den Knochen jener übersät, die den Wächtern zum Opfer gefallen sind. Ich glaube nicht, dass es einer von denen nach draußen geschafft hat.«
»Dann«, sagte Balbok entschlossen, der die Gelegenheit, das Wohlwollen seines Bruders zurückzugewinnen, gekommen sah, »werden wir eben die Ersten sein. Nicht wahr, Rammar?«
»Korr«, stimmte dieser zu, wenn auch nicht ganz so überzeugt – und einmal mehr hatte er das Gefühl, dass sein so langer wie dämlicher Bruder schon wieder einmal dabei war, ihn in Schwierigkeiten zu bringen …
12.
CULANN TIRGAS-LAN
Auch wenn er nie geglaubt hätte, zu derlei Empfindungen fähig zu sein – nach all der Zeit, die er fern von zu Hause in der Fremde verbracht hatte, fühlte es sich gut an, zurück zu sein und Tirgas Lan wiederzusehen: die stolzen zinnenbewehrten Mauern, die die alte Königsstadt umgaben; die vielen von lodernden Fackeln gekrönten Türme, die sich in den Nachthimmel erhoben; die schlanken Gebäude mit ihren Säulenhallen und Wandelgängen; und schließlich die Zitadelle, die inmitten des Häusermeers aufragte und deren trutzige Erscheinung die Macht erahnen ließ, die einst von diesem Ort ausgegangen war.
All das weckte Erinnerungen.
Erinnerungen an den Krieg.
An den Tod.
Und an grässliche Schrecken …
Das letzte Mal, als Dun'ras Ruuhl seinen Fuß in die Königsstadt gesetzt hatte, war es während des Krieges gewesen. Die Luft war erfüllt gewesen vom Klirren der Schwerter und vom Geschrei der Verwundeten. Das Lodern zahlloser Feuer und das Flackern mächtiger Blitze hatten die Nacht erhellt, und über allem war das Gebrüll der Unholde zu hören gewesen, die sich den Kämpfern des Lichts todesverachtend entgegenwarfen.
So undenklich lange lag das zurück, dass Ruuhl sich nicht mehr entsann, auf wessen Seite und gegen wen er gefochten hatte. Der Kampf selbst war es, an den er sich erinnerte, über alles andere hatte sich das Vergessen wie ein dunkler Schatten gelegt.
Eines jedoch wusste er mit Bestimmtheit: dass er die Stadt damals durch das Haupttor betreten und sich nicht wie ein Dieb hineingeschlichen hatte.
In einer waghalsigen Kletterpartie waren der Dunkelelf und seine Begleiter über die Mauer ins Innere der Stadt gelangt, unbemerkt von den Wachen, die auf den Türmen und Wehrgängen patrouillierten. Sie mieden die Hauptstraßen und bewegten sich nur durch unbeleuchtete Gassen. Auf diese
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