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Die Orpheus-Prophezeiung: Thriller (German Edition)

Die Orpheus-Prophezeiung: Thriller (German Edition)

Titel: Die Orpheus-Prophezeiung: Thriller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Oliver Buslau
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tiefschwarz gefärbt, im Wind. Sie erinnerte sich noch genau an das Fotoshooting. Sie hatte im Sturm eines riesigen Ventilators gestanden – hinter ihr nichts als eine weiße Leinwand. Der Computer sorgte dafür, dass ihre Figur auf dem Plakat nun vor einem rötlichen Hintergrund zu sehen war. Sodass es aussah, als käme Mara direkt aus der Hölle.
    Mara, die Teufelsgeigerin.
    Sie war wohl die Einzige, die dazu fähig war, die wahre Mara auf dem Bild zu erkennen, denn die Frau auf dem riesigen Bild hatte nur wenig mit ihr gemeinsam: das schmale, helle Gesicht, die schwarzen Haare. Doch die Mara auf dem großformatigen Papier war eine Gothic Lady – Leder, Netzstrümpfe, blutroter Lippenstift.
    Bald tauchte das zeltartige Dach des Tempodroms auf – die Konzerthalle, wo Mara spielen würde.
    Der Wagen hielt. Mara stieg aus, den Geigenkasten an der Hand. Sofort wurde sie in Empfang genommen und von dem sehr genauen Zeitplan verschluckt, der jedem Konzert voranging.
    Sie bezog ihre Garderobe, nahm Tamara hervor und stimmte sie in Ruhe. Das Gefühl, ihr vertrautes Instrument in Händen zu halten, sorgte für ein wenig Geborgenheit.
    Kurz darauf kam ein Techniker und bat sie zum Soundcheck.
    Auf der Bühne saß bereits das Orchester – alle noch in normaler Kleidung, in Jeans, Pullis, die Frauen in Schlabberkleidern, Baumwollröcken. Zwanzig Streicher, Holz- und Blechbläser, eine Menge Percussion mit Drumset, Glocken, Gongs und Xylophonen, der Pianist. Marc, der Dirigent, begrüßte sie kurz.
    »Alles klar? Können wir anfangen?«
    Mara nickte nur. Niemand nahm ihr übel, dass sie wenig sprach. Sie war bekannt dafür. Auch im Konzert würde sie nichts sagen und nur Tamara sprechen lassen. Es gab keine Moderation, keine Zwischentexte.
    Am Anfang war das ein Problem gewesen, denn eigentlich erwartete man von einem Künstler wenigstens ein paar Worte an das Publikum. Andere Geiger wie Nigel Kennedy oder David Garrett unterhielten das Auditorium sogar mit kleinen Geschichten aus ihrer Studienzeit, sie erklärten ein wenig die Musik – plauderten über Vivaldi, Beethoven und Brahms.
    Mara fühlte sich dazu nicht in der Lage. Außerdem hatte sie keine Studienzeit absolviert, von der sie berichten konnte. Sie war nie an der Juilliard School of Music in New York gewesen wie David Garrett. Sie hatte niemals Unterricht bei einer Größe wie Yehudi Menuhin gehabt wie Nigel Kennedy.
    Sie galt als Naturtalent, mit nichts ausgestattet als ein bisschen Unterricht in der Frühzeit als Schülerin, als sie noch bei ihren Pflegeeltern in Hannover lebte. Mit sechzehn war sie ausgerissen. Und hatte ein Leben auf der Straße geführt.
    John Gritti hatte ein Konzept daraus gemacht: Mara, die Unnahbare. Mara, die Geheimnisvolle. Mara – die Frau, die nur durch ihre Geige spricht.
    Sie befestigte am Steg der Violine ein kleines kabelloses Mikro. Marc nickte ihr noch einmal zu. Dann spielten sie alle Programmnummern an, in jeweils wenigen Takten.
    Als sich Mara umdrehte, sah sie, dass parallel zum Soundcheck die Probe für die LED -Wand lief – die optische Show, die das Konzert begleitete. Jedes Stück besaß ein eigenes Design, war in eine besondere Welt aus Farben und sich bewegenden Mustern getaucht.
    Rotes Licht lag zum Beispiel über der Ouvertüre – einem Medley aus Filmkompositionen und anderen Melodien, die im Laufe des Abends als ganze Songs zu hören sein würden. Der Beginn gehörte dem Orchester alleine. Mara hatte auf dem Höhepunkt des Stücks, in eine plötzliche Pause hinein, auf einen Schlag zu erscheinen und das Publikum mit einer atemberaubend schnellen Passage zu begeistern. Man sah in diesem Moment nur ihren schwarzen Schatten, dann wurde sie von einem starken Deckenspot angeleuchtet und stand in gleißender Helligkeit, während das Orchester wieder einsetzte …
    Nach gut zwanzig Minuten war der Soundcheck zu Ende, und Mara ging zurück in ihre Garderobe. Dort warteten die Stylisten, um sie in die Gothic Lady zu verwandeln, die auf den Plakaten zu sehen war.
    Noch eine Stunde bis zum Konzertbeginn.
    Chloe schaute herein. Mara war fertig, hielt Tamara in der Hand und spielte sich ein. Immer wieder ging sie die erste schwierige Stelle durch, mit der das Konzert begann. Es war einer der schwierigsten Momente des ganzen Abends. Wenn das Programm erst mal lief, war es leichter.
    Sie setzte Tamara ab. »Was ist mit John?«
    »Er hat sich nicht gemeldet. Ich habe ein paar Kontakte angerufen, die er heute getroffen hat. Er

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