Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Päpste: Herrscher über den Glauben - von Petrus bis Franziskus - Ein SPIEGEL-Buch (German Edition)

Die Päpste: Herrscher über den Glauben - von Petrus bis Franziskus - Ein SPIEGEL-Buch (German Edition)

Titel: Die Päpste: Herrscher über den Glauben - von Petrus bis Franziskus - Ein SPIEGEL-Buch (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Norbert F. Pötzl
Vom Netzwerk:
Die Fälscher, in deren Schreibstuben die »Konstantinische Schenkung« entstand, mischten sich in die allerhöchste Politik ein. Ihre Geschichte ging so: Kaiser Konstantin der Große wird durch den römischen Bischof Silvester I. vom Aussatz geheilt, wofür ihm der Kaiser große Dankbarkeit erweist. Er überträgt dem Kirchenfürsten die Herrschaft über Rom und das gesamte weströmische Reich, und er erhebt »den seligen Silvester« und seine Nachfolger »über die übrigen Kirchen im gesamten Erdkreis«. An dieser Legende, die zu Beginn des 4. Jahrhunderts spielt, stimmen die Namen, aber sonst nichts. Urkundlich belegt ist sie zuerst in einer Handschriftensammlung des 9. Jahrhunderts. Wer sie in die Welt gesetzt hat, weiß man bis heute nicht genau.
Der Historiker Johannes Fried ist dem Ursprung der »Konstantinischen Schenkung« mit detektivischem Scharfsinn nachgegangen; als Hauptverdächtigen hat er Hilduin von Saint-Denis im Auge, von 814 bis 840 Abt des bedeutenden fränkischen Klosters. Die Päpste, denen die Fälschung häufig angelastet wird, spricht Fried frei. Allerdings zogen sie großen Nutzen aus der frommen Phantasie: Jahrhundertelang stützten sie ihre Machtansprüche auch auf die »Konstantinische Schenkung«. Erst gegen Ende des Mittelalters flog der Schwindel auf. Zwar hielt sich lange Zeit die These, schon der römisch-deutsche Kaiser Otto III. habe die Fälschung im Jahr 1001 durchschaut. Aber das beruht, wie die neuere Forschung zeigt, auf einer fehlerhaften Deutung der Quellen.
    Sieben Jahre später reiste Karl wieder in die Stadt des heiligen Petrus, um am Apostelgrab zu beten und den Bund mit Hadrian zu festigen. Einen seiner Söhne ließ er zum König von Italien krönen. Der Papst bekam weitere Gebiete, darunter Korsika und einen Teil der Toskana.
    Als weltlicher Herrscher stand Hadrian jetzt so gut da wie keiner seiner Vorgänger. Aber das Bündnis mit den Franken hatte für die Päpste einen Preis. Karl der Große führte sich schon vor seiner Kaiserkrönung 800 in Rom wie ein Imperator auf. Auch in Glaubensfragen beanspruchte er das letzte Wort, ob es um die umstrittene Bilderverehrung ging oder um die richtige Form des christlichen Bekenntnisses. Als Herrscher von Gottes Gnaden oblag ihm die Entscheidung aller wichtigen Fragen, fand er; Sache des römischen Pontifex sei vor allem das Gebet.
    Die Päpste fügten sich in die neue Rollenverteilung und akzeptierten den Kaiser als eine Art Lehnsherrn. Ihre Republik war jetzt ein autonomes Teilgebiet des Frankenreichs. Verträge, die Karls Sohn und Nachfolger Ludwig der Fromme mit dem Heiligen Stuhl schloss, festigten und erweiterten diese Verbindung: In der »Constitutio Romana« kam 824 bezeichnenderweise ein Eid hinzu, mit dem jeder neu gewählte Papst noch vor der Einsegnung seine Treue zum fränkischen Herrscher geloben musste.
    Schon unter Ludwig begann der Niedergang des Frankenreichs, der auch die Papst-Republik schwächte. Weder der Kirchenfürst noch sein kaiserlicher Schutzherr konnten der Sezession ganzer Städte und Landstriche Einhalt gebieten. Im »Saeculum obscurum« erlebte das Papsttum bald seine dunkelsten Jahre.
    Ein Lichtblick kam dann abermals aus dem Norden. Der sächsische Herrscher Otto I. eroberte Italien und knüpfte an die Tradition der Karolinger an. 962 ließ er sich in Rom zum Kaiser krönen. Wenige Tage darauf bestätigte er dem Papst in einer Urkunde (»Privilegium Ottonianum«) die alten Rechte und Pflichten. Geschenkt hat er ihm nichts.

Herrschaft der Huren
    »Pornokratie« nennen Chronisten das dunkle Zeitalter des Papsttums, als die Kirchenführer machtlose Marionetten von Adelsfamilien waren.
    Von Michael Sontheimer
    Papst Formosus lag schon neun Monate in seiner Gruft in Rom, da ließ ihn Papst Stephan VI . im Januar 897 wieder herbeischaffen. Dienstbare Geister kleideten den verwesenden Leichnam in päpstliche Gewänder, setzten ihn auf den Thron des Stellvertreters Christi und hielten einen dreitägigen Schauprozess gegen ihn ab.
    Drei Bischöfe traten als Ankläger, ein Diakon als Verteidiger des Formosus auf, schließlich verurteilten die Mitglieder der Synode den Toten wegen Wahlbetrugs, Meineids und anderer Delikte. Zur Strafe wurden der Leiche die drei Schwurfinger abgehackt. Später wurde der Körper in den Tiber geworfen.
    Dem als »Leichensynode« in die Kirchengeschichte eingegangenen Schauspiel wohnte wahrscheinlich auch ein sechs Jahre altes Mädchen bei, Marozia genannt, Mariechen. Sie

Weitere Kostenlose Bücher