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Die Päpste: Herrscher über den Glauben - von Petrus bis Franziskus - Ein SPIEGEL-Buch (German Edition)

Die Päpste: Herrscher über den Glauben - von Petrus bis Franziskus - Ein SPIEGEL-Buch (German Edition)

Titel: Die Päpste: Herrscher über den Glauben - von Petrus bis Franziskus - Ein SPIEGEL-Buch (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Norbert F. Pötzl
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Legenden gehört natürlich die Geschichte, nach der Rodrigo Borgia für seine Wahl einen teuflischen Pakt einging. Man will ihn gesehen haben, wie er sich mit zwei Dämonen vor dem Hauptaltar der Kirche von Santa Maria Maggiore traf. Am Ende soll ihn der Teufel persönlich geholt haben; so bezeugte es der junge Geistliche Gian Pietro Carafa, der im Sterbezimmer Alexanders zugegen war. Der selbsternannte Augenzeuge wurde als Paul IV . später selbst Papst – und einer der leidenschaftlichsten Beförderer der Inquisition. Wie glaubhaft sind solche Berichte von Gegenspielern, die ihre ureigenen Machtinteressen hatten?
    Wirkungsvoll waren sie auf jeden Fall. Der Teufelsglaube war Ende des 15. Jahrhunderts weit verbreitet. Die kulturglänzende Epoche der Renaissance zeigte sich auch als Zeit der Endzeitfurcht; Dürer schuf in diesen Jahren seine düsteren Holzschnitte der Apokalypse. Hexenverfolgungen ängstigten die Menschen. Alexanders Vorgänger Innozenz VIII . hatte die Inquisition mit der päpstlichen Bulle »Summis desiderantes affectibus« legitimiert und den Hexenwahn damit noch befeuert. Es waren düstere Jahrzehnte des Unrechts und der Grausamkeit, während gleichzeitig grandiose Ideen und Erfindungen geboren wurden, der Horizont der Welt sich weitete. Just im Jahr der Wahl Rodrigo Borgias zum Papst entdeckte Kolumbus die Neue Welt. Alexander VI . sollte es denn auch sein, der das Territorium zwischen Spanien und Portugal aufteilte.
    Selbst dabei holte er sich seinen Profit heraus, in dem Fall ein Herzogtum für seinen Lieblingssohn Juan. Das war ein Dankeschön für gute Dienste – immerhin hatte der Papst die spanischen Könige Isabella und Ferdinand um einige Längengrade und damit riesige Einflusszonen begünstigt, auch wenn die Portugiesen das später erfolgreich monierten.
    Alexander VI . hat den Nepotismus nicht erfunden. Verwandtenbegünstigung, Ämterkauf und persönliche Bereicherung waren in der Kirche schon länger verbreitet und trieben nun neue Blüten. Papst Sixtus IV . (1471–1484) aus der Familie della Rovere etwa beförderte gleich sechs Familienmitglieder in Kardinalswürden.
    Das noch vom »Großen Abendländischen Schisma« geschwächte Papsttum tat alles, um seine wiedererlangte Herrschaft in Rom auszubauen und sich Einnahmen zu verschaffen. Dazu ließ sich der Vatikan neuerdings nicht nur kirchliche Verwaltungsakte teuer bezahlen, sondern er begann, Posten zu schaffen und diese zu verkaufen.
    Rodrigo Borgia kannte die schmutzige Praxis, seit ihn sein Onkel, Papst Calixt III. , 1457 zum päpstlichen Vizekanzler bestallt hatte. Alfonso Borgia, Spross einer spanischen Honoratiorenfamilie, war 1455 als erster Borgia-Papst auf den Petrusthron gelangt. Der angesehene Jurist hatte es zuvor zum Bischof von Valencia und dann zum Kardinal gebracht. Doch Papst wurde er nur, weil sich die Rivalen der Familien Colonna und Orsini gegenseitig blockierten; ein Kompromisskandidat wurde nötig. Im Gegensatz zu seiner Umgebung nahm Calixt den Zölibat ernst und lebte sittenstreng.
    Als er 1458 starb, war die Stunde seines Neffen Rodrigo aber noch lange nicht gekommen. Der musste vier andere Päpste aussitzen, bis er die ersehnte Tiara tragen konnte. Das Amt, das er antrat, war in Bedrängnis, ein weitgehend politischer Posten, der ein Reich verteidigen musste. Frankreichs König Karl VIII . marschierte in Italien ein, am Silvestertag 1494 stand er in der Ewigen Stadt. Der Papst musste in der Engelsburg Schutz suchen. Doch wie so oft hatte Alexander den längeren Atem: Mit einer »Heiligen Allianz« europäischer Verbündeter konnte er den Eindringling schließlich ganz zurückschlagen.
    Doch die Macht und die Gebiete, die er gewann, nutzte er vor allem zur Bereicherung seiner Familie: »All sein Trachten richtet sich darauf, seinen Söhnen Staaten zu verschaffen«, lautete das Urteil des Venezianers Donato. Die Korruptheit dieses Pontifikats schien grenzenlos. Kardinalsämter gingen jetzt nicht mehr bloß an Günstlinge aus der Familie. »Kardinalate den Meistbietenden zum Kauf anzubieten war eine persönliche Erfindung Alexanders VI .«, so der Historiker Reinhardt.
    Seinen eigenen Sohn Cesare hatte er schon zum Kardinal gemacht, als der gerade 17 Jahre alt und noch nicht einmal zum Priester geweiht war. Insgesamt 16 Bischofstitel häufte Cesare an; doch ließ er sich bald von seinen Kirchenämtern befreien, um sich ganz der Kriegsführung widmen zu können.
    Seine Schwester Lucrezia, auch sie

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