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Die Päpste: Herrscher über den Glauben - von Petrus bis Franziskus - Ein SPIEGEL-Buch (German Edition)

Die Päpste: Herrscher über den Glauben - von Petrus bis Franziskus - Ein SPIEGEL-Buch (German Edition)

Titel: Die Päpste: Herrscher über den Glauben - von Petrus bis Franziskus - Ein SPIEGEL-Buch (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Norbert F. Pötzl
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Verflechtungen«. Die Hoffnung auf Erlösung im Jenseits soll schon auf Erden einen Vorschein finden. Für manche ist das Revolution, so oder so.
    Für Ratzinger sei, so sein Biograf John L. Allan, »das wichtigste Dokument des II. Vaticanums die Glaubenskonstitution über die Kirche, Lumen gentium« – Licht der Völker. Es ist eine neue Verfassung für die Kirche. Darin sollte unter anderem das Gleichgewicht zwischen Papst und Bischöfen wiederhergestellt werden, nachdem das Erste Vatikanische Konzil das famose Unfehlbarkeitsdogma beschlossen hatte.
    »Lumen gentium« definiert das Wesen der Kirche. Ist sie nun Gottes- oder Menschenwerk oder beides? Vor allem ist sie Sakrament, doch ist die Herrschaft Christi »weiter und umfassender als die Kirche«, wie der Dogmatiker Kardinal Walter Kasper schreibt. In ihrer sichtbaren Wirklichkeit repräsentiert sie eine andere. Außerdem ist die einzige Kirche Christi »verwirklicht in der katholischen Kirche«, und zwar der römischen.
    Das klingt ausschließlich, meint aber bei genauem Lesen keine Gleichsetzung. Auch außerhalb der katholischen Kirche sind »vielfältige Elemente der Heiligung und der Wahrheit zu finden«, heißt es. Da gibt es noch einiges Kleingedruckte, aber immerhin: Wer das Evangelium »ohne Schuld nicht kennt, Gott aber aus ehrlichem Herzen sucht, … kann das ewige Heil erlangen«.
    Die Ostkirchen mit ihren Riten und verheirateten Popen seien zwar unschön, aber keine Gefährdung der Einheit der Kirche, die in dieser Vielfalt »unverletzt erhalten« bliebe, wie es im Dekret über die Ostkirchen heißt. Damit öffnet Rom sich dem Dialog und all den Religionstreffen in Assisi und anderswo. Auch der Islam ist kein Heidenspuk, sondern wird als monotheistisches Bekenntnis in der Tradition Abrahams gewürdigt. Der besondere Bund Gottes mit dem Volk Israel sei »ohne Reue«, also ungekündigt. Die katholische Kirche erklärt die Verbundenheit zum Volk Israel für konstitutiv. Auch die verletzende Fürbitte für die Juden – »unser Herr möge den Schleier von ihren Herzen wegnehmen« – ließ Johannes XXIII . aus der Karfreitagsliturgie streichen.



Die Kirche ist keine »societas perfecta«, wie es bis zur Jahrhundertmitte vorherrschende Lehrmeinung war. Denn eine perfekte Gesellschaft hätte die Welt als Herausforderung nicht nötig. Sie wäre von Gott mit allen Einrichtungen ausgestattet, um autonom von der Welt existieren zu können. Diese Utopie eines Raumschiffes Ecclesia wird vom Konzil stillschweigend beerdigt.
    Kirche ist »Gesellschaft«, eine real existierende Gemeinschaft konkreter Menschen. Die Kirche ist nicht überzeitlich und unveränderlich, sondern sie ist Gottesvolk, mit allen Vor- und Nachteilen. Umfasst doch »die Kirche Sünder in ihrem eigenen Schoß. Sie ist zugleich heilig und stets der Reinigung bedürftig, sie geht immerfort den Weg der Buße und Erneuerung«. Hier klingt das augustinische Grundmotiv des Pontifikats von Benedikt XVI . an. Kirche »schreitet zwischen den Verfolgungen der Welt und den Tröstungen Gottes auf ihrem Pilgerweg dahin«.
    Der Papst hat das Leitungsamt inne, aber in unmissverständlicher Gemeinschaft mit den Bischöfen. Diese sind keine Transmissionsriemen von Papst und Kurie, sondern »haben eine eigene Gewalt inne«. Das Amt des Bischofs wird ins Zentrum der Amtstheologie gerückt.
    Die innerchristliche Ökumene war kein zentrales Thema des Konzils. Doch mit »Unitatis redintegratio« gab es einen Startschuss. Mit diesem Dekret sei, so ihr Chronist Knut Wenzel, »die katholische Kirche offiziell in den innerkirchlichen Prozess der Ökumene eingetreten«. Zwar ist der Protestantismus weiterhin keine »Kirche«, weil außerhalb der von Petrus begonnenen Staffelkette. Aber reden wird man ja wohl noch miteinander.
    Offenbarung ist nicht mehr die Mitteilung göttlicher Sätze, die von der Kirche als verbindlich vorgelegt werden. Die Menschen sind selbst von der Offenbarung angesprochen, als heilshafter Selbstmitteilung Gottes. Glauben ist seit dem Konzil kein bloßer intellektueller Gehorsam, sondern ein Grundakt des personalen Selbstvollzugs.
    Das erste verabschiedete Dokument aber war »Sacrosanctum concilium«, die Konstitution über die heilige Liturgie. Es ist schwer zu ermessen, was die Liturgiereform an seelischen Schmerzen verursacht haben könnte. Für den Laien mag es banal sein, ob die Messe mit dem Rücken zur Gemeinde gelesen wird oder nicht. Theologisch steht dahinter die Abkehr vom

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