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Die Päpstin

Titel: Die Päpstin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Aufbau
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Gefährten galoppierten in Richtung Peterskirche.
    Johanna folgte den anderen nicht. Sie hatte nur ein Ziel: zu Gerold zu gelangen.
    Vor ihr breitete sich der äußere Rand der Feuersbrunst aus; |449| dort gab es kein Durchkommen. Johanna umritt die Flammen, bis sie an eine Reihe geschwärzter, zerstörter Straßen gelangte,
     über die das Feuer bereits hinweggefegt war. Sie bog in eine dieser Straßen ab, von der sie wußte, daß sie zur Scola Francorum
     führte, der fränkischen Gemeinde.
    Noch immer brannten vereinzelte Feuer auf beiden Seiten der Straße, und der Rauch wurde dichter. Die Angst schnürte Johanna
     die Kehle zu, doch sie zwang sich weiterzureiten. Der Rotschimmel jedoch scheute und wehrte sich; er wollte nicht weiter,
     doch Johanna rief ihm aufmunternd zu und trat ihm in die Seiten, bis er unruhig vorantänzelte. Johanna kam durch eine Landschaft
     des Grauens – von der Hitze geschrumpfte Baumstümpfe; verkrümmte Skelette von Gebäuden; verkohlte und geschwärzte Körper jener
     Menschen, die auf der Flucht in eine Falle geraten waren. Johanna gab es einen Stich ins Herz: Diesem Inferno war mit Sicherheit
     kein lebendes Wesen entronnen.
    Plötzlich und unerwartet ragten die Mauern eines Gebäudes vor ihr auf. Die fränkische Gemeinde! Die Kirche und die umliegenden
     Häuser waren zu Asche verbrannt, doch wie ein Wunder stand das Hauptgebäude der
scola
noch immer.
    In Johanna regte sich neue Hoffnung; das Herz schlug ihr bis zum Hals. Vielleicht war Gerold der Flammenhölle
doch
entkommen! Oder er war noch im Innern des Gebäudes. Vielleicht war er verletzt und brauchte Hilfe …
    Der Rotschimmel blieb wie angewurzelt stehen und weigerte sich, auch nur einen weiteren Schritt zu tun. Wieder trat Johanna
     ihm die Hacken in die Seiten; diesmal aber bäumte das Tier sich trotzig auf und warf die Reiterin ab. Dann preschte es in
     wildem Galopp davon.
    Benommen lag Johanna am Boden. Der Aufprall hatte ihr den Atem geraubt. Neben ihr lag die Leiche eines Menschen, schwarz und
     glänzend wie geschmolzener Obsidian; der Rücken war im Todeskampf durchgebogen. Würgend und keuchend erhob sich Johanna und
     rannte zur
scola
hinüber. Sie mußte Gerold finden; alles andere zählte nicht.
    Überall waren brennende Aschestücke: auf dem Boden, auf ihrer Kleidung, in ihrem Haar, und in einer heißen, erstickenden Wolke
     um sie herum in der Luft. Heiße Glut versengte ihr die Füße. Jetzt bedauerte sie, die Schuhe nicht angezogen zu haben, aber
     nun war es zu spät.
    |450| Die Eingangstür der
scola
schälte sich vor ihr aus dem Rauch. Noch ein paar Meter, und sie war dort. »Gerold!« rief sie. »Wo bist du?«
    Plötzlich – so heftig und unberechenbar wie der Wind, der sie voranpeitschte – drehten die Flammen in eine andere Richtung
     und wirbelten einen Schauer brennender Splitter auf das schindelgedeckte Dach des Hauptgebäudes, das von der Hitze bereits
     so trocken wie Zunder war. Die Holzschindeln leuchteten dunkelrot auf; dann fingen sie Feuer. Augenblicke später stand das
     ganze Gebäude in Flammen.
    Johanna spürte, wie die Hitze ihr das Haar versengte; schmerzhaft brannte ihr die Kopfhaut. Wie mit glühenden Zungen leckte
     das Feuer nach ihr.
    »Gerold!« rief sie noch einmal gegen das Tosen der Glut; dann wurde sie von den näher rückenden Flammen zurückgetrieben.
     
    Gerold war bis spät in die Nacht aufgeblieben und hatte über seinen Plänen für die Stadtmauer gesessen. Als er schließlich
     die Kerze ausblies, war er dermaßen erschöpft, daß er sofort in einen tiefen, traumlosen Schlaf fiel.
    Der Geruch von Rauch weckte ihn.
Da muß sich eine Lampe entzündet haben,
dachte er und schwang sich aus dem Bett, um die Flamme zu löschen. Schon der erste Atemzug schien ihm die Lungen zu verbrennen;
     vor Schmerz sank er auf die Knie und rang nach Atem.
Feuer! Aber woher kommt es?
Der dichte Rauch machte es unmöglich, mehr als nur ein paar Meter weit zu blicken.
    Irgendwo in der Nähe erklangen die entsetzten Schreie von Kindern. Hustend und keuchend tastete Gerold sich in die ungefähre
     Richtung. Dann erschienen zwei verängstigte Gesichter in der Dunkelheit. Es waren ein Junge und ein Mädchen, dem Aussehen
     nach nicht älter als vier oder fünf. Sie rannten zu Gerold, klammerten sich an ihn, weinten und jammerten kläglich.
    »Es wird alles wieder gut.« Er gab eine Zuversicht vor, die er gar nicht besaß. »Bald sind wir hier heraus. Habt ihr schon
     mal Pferd und Reiter

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