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Die Päpstin

Titel: Die Päpstin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Aufbau
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geleitet habe. Die Römer waren besonders
     stolz, von einem so gebildeten und geistig überlegenen spirituellen Führer vertreten worden zu sein.
     
    Die Sympathie, die Johanna sich auf der Synode erworben hatte, hielt nicht lange vor. Schon im nächsten Monat wurde die gesamte
     christliche Welt bis in die Grundfesten erschüttert, als Johanna die Absicht verkündete, eine Schule für Frauen zu gründen.
     Selbst jene Mitglieder der päpstlichen Partei, die Johannas Kandidatur bei der Wahl unterstützt hatten, waren entsetzt. Was
     für einen Papst hatten sie denn da gewählt?
    Beim wöchentlichen Treffen der
optimates
konfrontierte Jordanes, der
secundicerius,
Johanna offen mit dieser Problematik.
    »Heiligkeit«, sagte er, »Ihr begeht ein großes Unrecht, wenn Ihr den Frauen Unterricht erteilen laßt.«
    »Wieso?« fragte Johanna.
    »Wie Euch gewiß bekannt ist, Heiligkeit, verhalten sich das Gehirn eines Weibes und der Uterus umgekehrt proportional. Mit
     anderen Worten: Je mehr ein Mädchen lernt, desto geringer ist die Wahrscheinlichkeit, daß es als Frau jemals Kinder bekommen
     wird.«
    Gütiger Gott,
dachte Johanna.
Lieber einen unfruchtbaren Körper als einen unfruchtbaren Verstand, der einen solchen Schwachsinn hervorbringt
. Sie mühte sich, nicht laut vor Lachen herauszuplatzen.
    »Wo habt Ihr denn
das
gelesen?« fragte sie statt dessen.
    »Das ist Allgemeinwissen, Heiligkeit.«
    |497| »Offensichtlich so allgemein, daß niemand sich die Mühe gemacht hat, es niederzuschreiben, auf daß alle Menschen in den Genuß
     dieser wundervollen Erkenntnis kommen.«
    »Was allen offensichtlich ist, braucht man nicht zu lernen. Niemand hat je niedergeschrieben, daß die Wolle von den Schafen
     kommt, und dennoch weiß es ein jeder.«
    Lächeln lag auf den Gesichtern ringsum. Jordanes strahlte selbstgefällig angesichts der Brillanz seines Arguments.
    Johanna dachte einen Augenblick nach. »Falls es stimmt, was Ihr über das weibliche Gehirn sagt – wie erklärt Ihr Euch dann
     die außerordentliche Fruchtbarkeit gelehrter Frauen wie der Learta, die mit Geronimus in Briefwechsel stand und von fünfzehn
     gesunden Kindern entbunden wurde, wie der Heilige berichtet hat?«
    »Eine Anomalie. Eine seltene Abweichung von der Regel.«
    »Falls ich mich recht entsinne, Jordanes, kann Eure Schwester Julia lesen und schreiben.«
    Jordanes schluckte schwer. »Aber nur ein kleines bißchen, Heiligkeit. Es reicht gerade, um über den Haushalt Buch zu führen.«
    »Aber nach Eurer Theorie müßte schon dieses bißchen genügen, um eine schwächende Wirkung auf die Fruchtbarkeit einer Frau
     zu haben. Wie viele Kinder hat Julia zur Welt gebracht?«
    Jordanes errötete. »Zwölf.«
    »Noch eine
Anomalie?«
    Eine Pause langen und verlegenen Schweigens trat ein.
    »Wie mir scheint, Heiligkeit«, sagte Jordanes schließlich steif, »kennt Ihr Euch auf diesem Gebiet sehr gut aus. Deshalb werde
     ich zu diesem Thema nichts mehr sagen.«
    Und das tat er auch nicht. Jedenfalls nicht vor dieser Versammlung.
     
    »Es war unklug, Jordanes öffentlich in Verlegenheit zu bringen«, sagte Gerold später. »Es könnte sein, daß du ihn Arsenius
     und den Kaiserlichen in die Arme getrieben hast.«
    »Aber er war im Irrtum, Gerold«, erwiderte Johanna. »Frauen sind geistig ebenso leistungsfähig wie Männer. Bin ich nicht der
     beste Beweis dafür?«
    »Natürlich. Aber du mußt den Menschen Zeit lassen. Die Welt kann nicht an einem einzigen Tag neu erschaffen werden.«
    |498| »Die Welt wird nie mehr neu erschaffen. Man kann nur versuchen, sie zum Besseren zu verändern. Und irgendwo muß man schließlich
     anfangen.«
    »Das stimmt«, gab Gerold ihr recht. »Aber nicht jetzt, nicht hier … und nicht durch dich.«
    »Warum nicht?«
    Weil ich dich liebe,
wollte er antworten,
und weil ich Angst um dich habe.
    Statt dessen sagte er: »Du kannst es dir nicht leisten, dir Feinde zu machen. Hast du vergessen, wer und was du bist? Ich
     kann dich vor vielen Gefahren beschützen, Johanna – aber nicht vor dir selbst.«
    »Ach, komm. Ist es denn
so
weltbewegend, was ich vorhabe? Wird die Erde untergehen, nur weil ein paar Frauen das Lesen und Schreiben lernen?«
    »Dein alter Lehrer … Aeskulapius, nicht wahr? … hatte dir doch mal einen wichtigen Ratschlag erteilt. Wie lautete er noch?«
    »Manche Gedanken sind gefährlich.«
    »Genau.«
    Beide schwiegen längere Zeit.
    »Also gut«, gab Johanna schließlich nach. »Ich werde mit Jordanes

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