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Die Päpstin

Titel: Die Päpstin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Aufbau
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und die freudige Bereitschaft zeigten, sich fortan vom
     Licht Gottes leiten zu lassen.
    Johannes’ Mundwinkel hoben sich zu einem schwachen Lächeln, während das stetige Trommeln der Pferdehufe von ihrem raschen
     Vorankommen auf dem Waldweg kündete, über den sich allmählich die abendliche Dunkelheit senkte.
     
    Ein sirrendes Geräusch ertönte, gefolgt von einem lauten, dumpfen Schlag.
    »Aaah!« Der Bote des Bischofs schrie auf und wurde nach hinten geschleudert. Seine Schulter prallte Johannes vor die Brust
     und riß ihn aus dem Schlaf.
    »He!« rief der Junge erbost – und dann sah er auch schon, wie der Mann zur Seite sank. Das Gewicht seines schweren, schlaffen
     Körpers, der zu Boden fiel, zog Johannes mit vom Pferderücken, zerrte ihn mit unwiderstehlicher Kraft aus dem Sattel.
    |102| Zusammen fielen sie zu Boden. Johannes prallte auf den Körper des Mannes, der nach dem Sturz regungslos liegenblieb. Als der
     Junge die Hand ausstreckte, um sich in die Höhe zu stemmen, schlossen seine Finger sich um etwas Langes, Rundes und Glattes.
    Es war ein Pfeilschaft, am hinteren Ende gelb gefiedert. Die Spitze des Geschosses hatte sich tief in die Brust des Mannes
     gebohrt.
    Johannes erhob sich. Seine Sinne waren aufs äußerste gespannt. Hinter einem dicken Baum auf der gegenüberliegenden Seite des
     Waldwegs kam ein Mann in zerlumpter Kleidung hervor. In der Hand hielt er einen Bogen, und auf dem Rücken trug er einen Köcher
     voller gelbgefiederter Pfeile.
    Will er mich auch ermorden?
    Der Mann kam auf Johannes zu. Der Junge schaute sich gehetzt um und suchte nach einem Fluchtweg. In diesem Teil des Waldes
     standen die Bäume sehr dicht; falls er rannte, konnte er dem Angreifer vielleicht entkommen.
    Doch der Zerlumpte hatte ihn beinahe erreicht. Jedenfalls war er nahe genug, daß Johannes die Mordlust in den Augen des Fremden
     sehen konnte …
    Johannes versuchte, loszurennen, doch es war zu spät. Der Mann packte den Arm des Jungen. Johannes wehrte sich, doch der Fremde
     war einen Kopf größer als er und von gewaltigem Körperbau. Er hielt den Jungen fest und hob ihn mühelos ein Stück in die Höhe,
     so daß Johannes’ Zehen gerade noch den Erdboden berührten.
    Plötzlich fiel dem Jungen das Messer ein. Mit der freien Hand griff er in seine Tunika; hektisch tasteten seine Finger nach
     dem Hirschhorngriff, berührten ihn, packten ihn. Johannes zog das Messer hervor und stach mit einer blitzschnellen, fließenden
     Bewegung zu. Er jubelte innerlich auf, als er spürte, wie die Klinge sich tief ins Fleisch des Mannes grub und am Knochen
     abglitt; dann zog Johannes das Messer heraus, wobei er es tückisch drehte. Der Mann fluchte, ließ Johannes los und griff nach
     seiner verwundeten Schulter.
    Johannes rannte in den Wald. Dornige Zweige zerrten an seiner Kleidung und zerkratzten ihm Gesicht und Hals, doch unbeirrt
     flüchtete der Junge weiter. Trotz des Mondlichts war es unter dem dichten Baldachin der Bäume stockfinster. Johannes warf
     einen Blick über die Schulter und sah, daß er verfolgt |103| wurde. Im gleichen Augenblick prallte er gegen eine Buche mit tiefhängenden Ästen. Er verbiß sich den Schmerz, sprang in die
     Höhe, bekam den niedrigsten Ast zu fassen, und kletterte, so schnell er konnte, den Baum hinauf, wobei sein geschmeidiger,
     biegsamer junger Körper sich rasch in die Höhe wand. Er hielt erst inne, als die Äste und Zweige so dünn und zerbrechlich
     wurden, daß sie sein Gewicht nicht mehr tragen konnten. Dann wartete er.
    Bis auf das leise Rascheln der Blätter war kein Geräusch zu vernehmen. Zweimal rief eine Eule, die ihre nächtliche Jagd begann;
     ihr Schrei hallte gespenstisch durch die Dunkelheit. Plötzlich hörte Johannes schwere Schritte auf dem Waldboden unter ihm;
     Zweige knackten; Unterholz krachte. Johannes packte das Messer und hielt den Atem an. Er war froh, daß er einen schlichten
     braunen Umhang trug, dessen Farbe mit der abendlichen Dunkelheit verschmolz.
    Die Schritte kamen näher und näher. Johannes konnte das abgehackte, unregelmäßige Atmen des Mannes hören.
    Die Schritte verstummten genau unter ihm.
     
    Johanna trat aus der stillen Dunkelheit des Grubenhauses hinaus in die mondhelle Nacht. Um sie herum ragten gespenstisch die
     Umrisse vertrauter Gegenstände auf, von den Schatten verzerrt. Johanna schauderte, als sie sich Geschichten von den
Waldmenschen
ins Gedächtnis rief, bösen Geistern und Trollen, die in der Nacht ihr

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