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Die Päpstin

Titel: Die Päpstin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Aufbau
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lehrt, die sein Begriffsvermögen übersteigen. Du mußt endlich aufhören, sie in
     ihrem unnatürlichen Streben auch noch zu unterstützen, Gerold!«
    Langsam ging Johanna zurück auf ihre Schlafkammer.
     
    Sie töteten die weiße Wölfin, nachdem ihre Jungen entwöhnt waren. Die Wölfin war gefährlich. Sie hatte bereits ein kleines
     Kind angegriffen und davongeschleppt, und ein Tier, das einen Menschen getötet hatte, konnte man – wie einen Mörder – nicht
     einfach wieder freilassen. Das letztgeborene Junge starb; es war ein kränkliches kleines Geschöpf, das nur wenige Tage überlebte.
     Doch die anderen beiden wuchsen und gediehen und wurden zu kräftigen, lebhaften Jungtieren, an deren spielerischen Possen
     sich Johanna und Gerold erfreuten. Eins der beiden Tiere hatte ein braun und grau geflecktes Fell – typisch für die Waldwölfe
     in diesem Teil des Frankenreiches. Gerold machte Bischof Fulgentius dieses Tier zum Geschenk, der mit der Zeit ein boshaftes
     Vergnügen |150| daran fand, das Tier bei jeder passenden und unpassenden Gelegenheit dem Odo vorzuführen. Das andere Junge, das Erstgeborene,
     besaß das schneeweiße Fell seiner Mutter und hatte einzigartige opaleszierende Augen. Dieses Tier behielten sie auf Villaris.
     Johanna und Gerold nannten ihn ›Lukas‹, zu Ehren des Lukretius, und ihre gemeinsame Zuneigung zu diesem energiegeladenen,
     verspielten Jungen ließen die Bande, die sich zwischen ihnen entwickelten, noch fester werden.

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    |151| 10.
    In St. Denis fand ein Jahrmarkt statt! Diese Nachricht war sensationell. Im gesamten Kaiserreich hatte seit mehr Jahren kein
     Volksfest oder Jahrmarkt stattgefunden, als die meisten Leute zählen konnten. Doch einige von den ganz Alten – Burkhard der
     Müller zum Beispiel – konnten sich an eine Zeit erinnern, als es im Frankenreich jedes Jahr zwei oder gar drei große Jahrmärkte
     gegeben hatte. Jedenfalls behaupteten die Alten dies, obwohl man es kaum glauben mochte. Und falls es stimmte, wäre es ohnehin
     in der guten alten Zeit gewesen, als Kaiser Karl – Gott hab ihn selig – noch in den besten Jahren gewesen war, als man noch
     für die Instandhaltung von Straßen und Wegen und Brücken gesorgt hatte, und als noch keine Diebe und Räuber und Scharlatane
     ihr Unwesen trieben. Vor allem hatten damals noch keine Normannen – möge Gott sie der ewigen Verdammnis anheimfallen lassen!
     – mit ihren überfallartigen, grausamen Raubzügen das Land in Furcht und Schrecken versetzt. Heutzutage war das Reisen zu gefährlich,
     als daß man noch einträgliche Jahrmärkte hätte veranstalten können. Kein Kaufmann ging das Risiko ein, seine kostbaren Waren
     über unsichere Straßen zu befördern; ebensowenig waren die Leute bereit, um eines Vergnügens willen ihr Leben auf einer Reise
     aufs Spiel zu setzen.
    Trotzdem – in St. Denis sollte ein Jahrmarkt stattfinden. Und wenn nur die Hälfte von dem stimmte, was der Herold berichtete,
     der diese Neuigkeit überbrachte, gab es dort wunderbare Dinge zu sehen. Kaufleute aus Byzanz, die exotische Gewürze, Seide
     und Brokat verkauften; venezianische Händler in Umhängen aus Pfauenfedern und geprägtem Leder; friesische Sklavenhändler,
     die ihre menschliche Ware – Sachsen und Slawen – feilboten; Langobarden aus dem Norden mit Säcken voller Salz, die in den
     Bäuchen von Schiffen gestapelt waren, deren leuchtend orangefarbenen Segel die Tierkreiszeichen |152| trugen. Und es gäbe alle Arten von Unterhaltung, berichtete der Herold: Seiltänzer und Akrobaten, Geschichtenerzähler und
     Jongleure, sogar Hunde und Bären, die auf der Bühne auftraten.
    Allerdings lag St. Denis nicht in der Nähe von Dorstadt, sondern war ungefähr hundertundfünfzig Meilen entfernt, was eine
     Reise von zwei Wochen über holperige Straßen und reißende Flüsse bedeutete. Aber davon ließ sich diesmal niemand entmutigen.
     Jeder, der sich ein Pferd oder ein Maultier oder auch nur ein Pony beschaffen konnte, machte sich auf die Reise.
    Gerolds Gefolge war riesig, wie es sich für einen Markgrafen geziemte. Fünfzehn seiner
fideles
ritten mit – gut bewaffnete Gefolgsleute –, sowie mehrere seiner Diener, die sich um die Familie zu kümmern hatten. Auch Johanna
     war dabei; und als besondere Geste der Höflichkeit – Johanna war sicher, daß es Gerolds Idee gewesen war – wurde auch ihr
     Bruder Johannes eingeladen, mit auf die Reise zu gehen. Richilds Vorbereitungen waren peinlich genau

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