Die Pan-Trilogie, Band 1: Das geheime Vermächtnis des Pan (German Edition)
Stunden vergangen, der Himmel war mondlos schwarz und teilweise bedeckt. Nur hie und da drang das Licht eines Sterns durch die Wolkendecke. Alles schien ruhig. Aber dann sah ich im Glimmen der letzten Glut, was nicht stimmte. Es gab keinen Wächter. Und Karl war weg.
Ich erhob mich, so leise ich konnte. Dann hörte ich es wieder. Jemand stöhnte unterdrückt. Das Geräusch kam von dem Gebüsch ein paar Meter entfernt. Leise schlich ich darauf zu. Als meine Augen sich der Dunkelheit angepasst hatten, sah ich, dass ein Mann Karl festhielt. Der strampelte und wehrte sich heftig, aber gegen die Kräfte des Sachsen hatte er keine Chance.
Was sollte ich tun? Hilflos beobachtete ich, wie der Mann den Jungen brutal zu Boden schleuderte und sich über ihn kniete. Eine Waffe! Ich brauchte eine Waffe. Aber ich hatte keine, konnte auch kein Karate, ich hatte nicht einmal genug Spucke. Wer weiß, vielleicht hätte die ihn ansonsten geblendet. In meiner Hilflosigkeit tastete ich meinen Mantel ab und fühlte auf einmal etwas. Das war meine Chance.
»HIER SPRICHT DIE POLIZEI! LASSEN SIE DIE WAFFEN FALLEN UND KOMMEN SIE LANGSAM MIT ERHOBENEN HÄNDEN RAUS!«
Der ungewaschene Widerling sprang entsetzt zwei Meter von Karl weg. Dann herrschte einen kurzen Moment lang Totenstille auf der Lichtung. Alle starrten mich an. Ich eilte zu Karl und zog ihn hoch. Die Männer schienen mitten in ihren Bewegungen festgefroren.
»Komm mit«, raunte ich Karl zu und zog ihn in Richtung Wald. Jetzt rührte sich etwas. Karls Widersacher machte einen Schritt auf mich zu, seinen Blick auf meine linke Hand gerichtet. Schnell drückte ich die Wiederholungstaste meines Handys, um die Ansage erneut abzuspielen, vielleicht noch lauter.
»California Gurls are unforgettable …«
,
tönte Katy Perry. Verdammt. Mit meiner linken Hand war ich noch nie gut gewesen. Ich brauchte etwas, um ihn abzuwehren und warf mein Handy in seine Richtung. Zu meiner großen Überraschung traf es den Mann am Kopf. Er sprang angriffsbereit auf. In diesem Moment schrie Karl laut. Der Sachse kam auf uns zu. Hinter mir bewegten sich die anderen Männer. Ich gab Karl einen Schubs und er rannte blindlings in den Wald. Ich wollte ihm folgen, aber im nächsten Augenblick wurde ich von hinten gepackt und festgehalten. Mein Kopf wurde wieder einmal an den Haaren zurück gezerrt, aber aus den Augenwinkeln konnte ich sehen, wie ein anderer Sachse Karl hinterherlief. Ich wehrte mich und urplötzlich bekam ich etwas zu fassen. Es war kalt und glatt. Ein Dolch. Ich zog ihn heraus und rammte ihn meinem Peiniger in den Arm.
Er schrie auf und lockerte seinen Griff. Sofort lief ich los. Ich kam keine zehn Meter weit, bis ich wie ein gefällter Baum zu Boden ging. Ich spürte etwas schmerzhaft in meinen Oberarm dringen. Ich wimmerte. Die Brosche, die meinen Umhang zusammenhielt, hatte sich in meinen Oberarm gebohrt – und die Nadel war abgebrochen. Der Klotz über mir erhob sich und zog mich mit. Ich zog die abgebrochene Nadel aus meinem Arm. Verdammt, tat das weh! Ein weiterer Sachse mit Fackel tauchte neben uns auf, ein dritter mit dem strampelnden Karl über der Schulter.
»Lasst ihn los!«, schrie ich. »Was wollt ihr mit dem Kind?«
Da mich keiner verstand, reagierten sie auch nicht. »Loslassen«, rief ich erneut. Diesmal schlug ich mit trommelnden Fäusten auf meinen Peiniger ein, ich bekam wieder den Griff von irgendetwas zu fassen. Ohne zu überlegen, stieß ich zu. Und traf.
Sofort war ich frei. Ich drehte mich um und hielt den Dolch herausfordernd vor mich. »Lasst den Jungen runter«, sagte ich ganz langsam und betonte jede einzelne Silbe. Dabei deutete ich mit der freien Hand auf den Sachsen, der Karl festhielt.
Er warf ihn mir kurzerhand vor die Füße. Karl schrie vor Schmerzen auf. Ohne nachzudenken, eilte ich zu ihm. Ein großer Fehler, denn augenblicklich waren wir umzingelt. Ich stellte mich vor den Jungen und hielt mir das Messer an die Kehle. Wenn Karl Recht hatte und sie tatsächlich hinter mir her waren war, konnte ich sie nur dadurch davon abhalten ihm etwas anzutun.
Zu meiner maßlosen Überraschung blieben die Männer wie angewurzelt stehen. Meine Geste war eindeutig, denn der, den ich für den Anführer hielt, hob begütigend seine Hände und sagte etwas.
»Ihr werdet ihn in Ruhe lassen oder … oder …« Mist, immer wenn es drauf ankam, fiel mir nicht das Richtige ein. Man könnte meinen, ich sei bei Mr Stringer im Englischunterricht.
Anscheinend merkten sie
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