Die Pan-Trilogie, Band 1: Das geheime Vermächtnis des Pan (German Edition)
Lees Augen wirklich so gut, wie er behauptete.
Ich war wohl wieder eingeschlafen oder ohnmächtig geworden. Als ich das nächste Mal die Augen aufschlug, ruckelte unser Karren nicht mehr. Ich befand mich allein in dem Verschlag. Langsam richtete ich mich auf. Meine Kopfschmerzen waren besser, aber nicht weg. Zumindest hatte sich der Druck auf ein regelmäßiges Pochen reduziert. Als ich saß, wurde es etwas stärker. Ich blieb also ruhig sitzen, bis ich wieder klar sehen konnte, dann robbte ich zur offenen Klappe.
Es war dunkel. Der Himmel war sternenklar und über den Baumwipfeln thronte ein riesiger, weißer Mond. Jeder, der
American Werwolf
gesehen hatte, würde jetzt mit einen Angriff rechnen. Aber nichts tat sich. Wir befanden uns auf einer Lichtung, die Männer hatten ein Feuer entfacht und drum herum schliefen alle in warme Felle und Decken gewickelt. Anscheinend waren wir so weit von der nächsten Ortschaft entfernt, dass sie keinen Angriff befürchteten und deswegen Feuer machen konnten. Zwei Männer standen allerdings Wache. Einer direkt neben meinem Karren.
Er sagte etwas zu mir, aber ich verstand ihn nicht. Dann führte er eine geschlossene Hand zum Mund.
Ich fühlte wie hungrig ich war und nickte. Allerdings machte meine Blase sich wieder bemerkbar. Wasser wäre auch nicht schlecht. In meinem Mund züchtete ich Pilze. Ich deutete auf ein dichteres Gebüsch. Er verstand sofort, grinste breit und nickte.
Ich trottete zu dem Gebüsch. Zu meiner Freude befand sich zwei Meter weiter ein kleiner Teich. Er hatte zwar eine dünne Eisschicht, aber die war bereits aufgebrochen worden. Mein Wächter hatte sich zu seinem Kumpel gesellt und beide redeten leise miteinander. Wahrscheinlich planten sie meine Zukunft. Ich musste weg. Aber einfach so in den Wald rennen wäre genauso selbstmörderisch. Vielleicht sollte ich mich direkt in dem Teich ertränken? Wer weiß, was mir dadurch erspart bliebe. Das Eis glitzerte, und wo das Loch geschlagen war, spiegelten sich die Sterne auf der Oberfläche. Ob er tief genug war?
Moment mal! Mir schoss ein Gedanke durch den Kopf. Egal, wie tief er war, hier bot sich meine Chance. Ich platschte ein wenig im Wasser.
»Mildred?«, flüsterte ich ins Wasser. »Mildred!« Mein Flüstern wurde eindringlicher.
Und da sah ich sie. Ihr Gesicht schwebte ungefähr einen halben Meter unter der Oberfläche und wurde von den Mondstrahlen beleuchtet. Sie wollte schon nach oben kommen, aber ich legte schnell einen Finger an meine Lippen.
»Hol Lee.«
Sie nickte und verschwand. Ich wäre am liebsten hinterher gesprungen. In diesem Moment wurde ich schmerzhaft an meinen Haaren gepackt. Ich fiel hinterrücks in den Schnee, aber mein Wächter hielt weiterhin meine Haare fest. Er fauchte etwas. Meine Kopfschmerzen kamen unerwartet stark zurück.
»Ich habe mich gewaschen«, rief ich verängstigt und hielt meine nassen Hände zum Beweis hoch. »Ich habe mich nur gewaschen.«
Er blickte zum Teich und ich sah den Angstschimmer in seinen Augen.
»Da ist nichts!«, sagte ich wieder verzweifelt. »Es war nur so kalt, da kann man sich nicht waschen, ohne Geräusche von sich zu geben.«
Er sah wieder zu mir, dann ließ er meine Haare los und trat einen Schritt zurück.
Ich rappelte mich auf und ging vor ihm zum Feuer. Doch es wärmte kaum. Meine Kopfschmerzen waren durch die rüde Behandlung voller Wucht zurückgekehrt und zu essen bekam ich nichts. Trotzdem fühlte ich mich besser.
»Wo kommst du her?« Karl saß neben mir und rieb ständig ein Holzstöckchen an den Brettern unseres Karrens.
»Aus Britannien«, sagte ich. Mein Magen war ein großes Loch, mir war schlecht vor Hunger und ich wusste schon nicht mehr, wie sich das Leben ohne Kopfschmerzen anfühlte.
»Das Land des großen König Artus«, sagte Karl und seufzte sehnsüchtig.
»Den gab es nie«, sagte ich und lehnte meinen Kopf zur Entspannung an die Wand hinter mir.
»Natürlich gab es ihn«, widersprach Karl energisch. »Er war der beste König, den die Welt je gesehen hat. Er hat die Sachsen vertrieben.«
Da gab es irgendwann mal eine Schlacht von Mount Badon, erinnerte ich mich. Aber Artus war eine Legende, ein Mythos. Eine Heldengestalt und Sehnsuchtsfigur, aber nicht real.
»Ich dachte, euer König Alfred stammt direkt von ihm ab«, setzte Karl nach.
»Und ich dachte, Artus hatte keine Nachkommen. Sein Sohn Mordred hat ihn getötet.«
»Artus wurde getötet? Ich dachte, er sei an einer Krankheit in Somerset
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