Die Pan-Trilogie, Band 1: Das geheime Vermächtnis des Pan (German Edition)
gestorben.«
Ich öffnete meine Augen und sah den entsetzten Karl an. Mir schoss durch den Kopf, dass ich vielleicht tatsächlich in der Lage sein könnte, den Mythos um den legendären König der Tafelrunde aufzuklären. Ob man auch kontrolliert in der Zeit springen konnte? In diesem Moment ruckelte der Wagen wieder und mein Kopf schlug hart gegen die Wand. Das brachte mich zur Besinnung. Es stand ja nicht mal fest, ob ich je aus
diesem
Zeitsprung entkommen konnte. Ich musste mich ablenken, sonst würde Lee eine total depressive Felicity vorfinden. Dann wäre ich nicht nur hässlich und dick, sondern auch noch durchgeknallt.
»Was macht ein Königssohn eigentlich den ganzen Tag?«, fragte ich.
Er zuckte die Achseln. »Meine Aufgaben sind recht vielfältig. Ich lerne lesen, schreiben, rechnen und mein Lehrer versucht die Grenzen von Vaters Reich aufzuzeichnen. Ich helfe ihm dabei, aber sie ändern sich ständig.« Er lachte leise. »Ansonsten werde ich im Schwertkampf unterrichtet. Reiten, Lanzenstechen, Bogenschießen. Das Übliche halt. Was macht eine britannische Adlige in Begleitung eines einzigen Mannes in Franken?«
Gute Frage. Eine, auf die ich auch keine Antwort wusste. »Was möchtest du für ein König werden?«, fragte ich ihn stattdessen.
»Wie meinst du das?« Karl schien überrascht.
»Na ja, du musst doch irgendwelche Ziele haben, die du später umsetzen willst. Frieden oder ein Volk, das nicht hungert, Gesundheitsversorgung, Steuernachlässe irgend so was.«
Er schnaubte. »Du bist ja eine Idealistin! Frieden! Das könnte schwierig werden mit den Sachsen im Nacken. Nachdem euer König Artus ihnen eins verpasst hat und vor kurzem auch noch Alfred, kommen sie alle hierher.« Er rieb weiter seinen Stock.
Ich fühlte, wie mich die Übelkeit überwältigte, und legte mich flach hin.
»Aber du hast Recht. Ich sollte versuchen meinem Volk ein guter König zu sein. Es wäre schön, wenn mein Volk nicht hungern müsste und später wohlwollend von mir spräche.«
»Hm«, machte ich nur.
»Wieso beschäftigt sich eine Frau mit solchen Gedanken? Bist du eine Nachfahrin von Boudicca?«
»Bestimmt nicht«, murmelte ich schlapp.
»Was ist los?« Endlich schien er zu bemerken, dass ich mich nicht wohl fühlte.
»Ich habe Hunger«, sagte ich. »Kannst du mich bitte umbringen, damit die Schmerzen aufhören?«
»Kau hier drauf rum«, sagte er und reichte mir einen Strohhalm.
»Bin ich ein Pferd?«, schnappte ich.
»Das hilft, glaub mir.«
Ich nahm den Strohhalm und begann zu kauen. Es half tatsächlich ein wenig.
»Was würdest du an meiner Stelle anstreben?«, fragte Karl bei meinem dritten Strohhalm.
»Ein hungerfreies Germanien«, sagte ich prompt.
Karl lachte. »Vielleicht bist du einfach nur verwöhnt. Manch einer würde damit ein paar Tage über die Runden kommen.«
Was würde ich jetzt für einen Hamburger geben! Zum Beispiel mein langes Haar, an dem mir trotz dessen Widerspenstigkeit sehr viel lag. Oder ein paar Zehen. Wer brauchte schon Zehen? Sogar die wollene Unterwäsche würde ich gegen einen Big Mac eintauschen. Oder Lees aufgebackenes Ciabatta-Brot mit den Antipasti. Oliven, gebratene Zucchini, in Speck gerollte Pflaumen. Mmh. Der Strohhalm nutzte nichts mehr. Ich warf ihn weg. »Wohin bringen Sie uns?«, fragte ich, ohne tatsächlich eine Antwort zu erwarten.
»Nach Osten«, sagte Karl und legte sich neben mich. Erneut tastete er nach meinem Haar. Das hatte er in den vergangenen Stunden hin und wieder getan. Er streichelte es. »Du riechst nach Blumen. Freesien und Flieder. Wie alt bist du eigentlich?«
»Achtzehn. Und du?«
»Zehn.« Er spielte mit der Strähne, hielt sie sich wieder an die Nase und fasste nach einer anderen. »Ich könnte dich ja heiraten. Hast du irgendwelche Besitzungen?«
Ich entzog ihm meine Strähne und rückte von ihm weg.
»Ich bin erst achtzehn! Vergiss es.«
»Mein Bruder ist sechs und bereits versprochen«, entgegnete er ruhig. Dann betrachtete er mich stirnrunzelnd. »Wieso bist du eigentlich noch nicht verheiratet? Stimmt was nicht mit dir oder deiner Familie?«
So musste es wohl aussehen in einem Zeitalter, wo Sechsjährige verlobt und Zwölfjährige verheiratet wurden. »Wir sind selbstmordgefährdet«, antwortete ich ausweichend.
Er durchschaute die Lüge sofort. »Du bist in deinen Begleiter verliebt.«
»Bestimmt nicht«, entgegnete ich vehement. Ich sah sein nachsichtiges Grinsen. »Glaub‘s ruhig«, beteuerte ich. »Er ist der Schwarm
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