Die Pan-Trilogie, Band 3: Die verborgenen Insignien des Pan (German Edition)
summen hören.«
»Du hörst sie summen?« Er sah mich groß an.
»Du nicht?«
Als er den Kopf schüttelte, war mir wieder seltsam mulmig zumute. Er war doch der Halbelf. Derjenige mit der mystischen Ausbildung auf Avalon. Ich war nur … tja, was? Die Frage stellte sich irgendwie immer wieder. Seufzend griff ich nach dem Bündel. Dann nahm ich aus den Augenwinkeln etwas wahr. Einen Schatten, der mir bedeutete, ihn nicht zu verraten. Also waren Lee und ich doch nicht allein.
Der Knoten war eindeutig vor vielen Jahren festgezogen worden und die Kordel trotzdem noch stabil. Ich nestelte ewig. Lee machte keine Anstalten mir behilflich zu sein. Dabei musste er wesentlich gespannter sein als ich. Er hatte von den Insignien seit jeher gehört. Endlich löste sich der Knoten. Mit angehaltenem Atem griff ich in das geölte Tuch. Es war ein winziger metallener Gegenstand. Er war rund und kalt. Kaum, dass ich ihn berührte, hörte das Summen auf. Es fühlte sich an, als sei das Metall … nach Hause gekommen. Ich zog es aus dem Öltuch.
In den Händen hielt ich einen Ring. Er war mit vielen aufwendigen Ziselierungen verziert und an den vier gegenüberliegenden Stellen befanden sich kleine Erhebungen, in die gelbe, funkelnde Edelsteine eingelassen waren. Sie begannen zu leuchten und augenblicklich wurde der Ring warm. Ich sah zu Lee.
Der sah mich genauso groß an.
Das war irgendwie … falsch .
»Ich weiß nicht. Bist du sicher, dass es sich um eine von Pans Insignien handelt?«, fragte ich leise.
Ich sah an die Wand hinter Lee, wo der Feuerschein den Schatten abzeichnete. Der schüttelte den Kopf. Ich hatte auch in Erinnerung, dass der Ring eher einem Halsreif gleichen sollte. Nicht einem Fingerring.
Lee drehte sich um und starrte die Wand an. »Wer ist da?«
»Niemand«, sagte ich schnell. Zu schnell. Der Schatten war aus dem Feuerschein verschwunden.
Lee starrte noch eine Zeitlang auf die Wand, dann sah er mir in die Augen, ehe er wieder den Blick auf den Ring senkte. »Die Insignien waren immer als Krone, Schwert und Ring bekannt. Was sollte daran falsch sein?«
Ich fasste mir an den Hals und sah zum Schatten an der Wand. Der Schatten nickte. Also hatte mich meine Erinnerung nicht getrogen. Eigentlich suchten wir einen Halsreif, keinen Fingerring. Und einen Umhang. Aber das waren doch nicht drei, sondern vier Insignien? Jetzt war ich verwirrt.
Lee drehte sich wieder mit einem Ruck um. Ohne Erfolg. »Du verheimlichst mir etwas!«, warf er mir vor.
Ich lehnte mich entspannt an die Wand und betrachtete noch einmal den Ring. Alt, handwerklich meisterhaft – unbezahlbar. Noch immer vibrierte er leicht in meiner Hand.
»Darf ich?«, fragte Lee.
Ich reichte ihm den Ring.
Er studierte ihn von allen Seiten, strich über die Edelsteine und ertastete die Verzierungen. »Jetzt fühle ich die Schwingungen auch.«
»Ist das nicht normal?«
Lee sah mich an. »Doch. Die Krone hat sie auch. Die Energie dieses Rings kann ich aber nur beim Anfassen spüren. Bei der Krone schon von weitem. Du dagegen spürst bei der Krone überhaupt nichts. Ich wiederum fühle bei Fafnirs Auge nichts. Das ist alles mehr als seltsam. Was geht hier vor?«
Gute Frage. Eine auf die nicht einmal der Schatten eine Antwort geben konnte. So langsam fragte ich mich, ob es wirklich nur vier Insignien waren oder doch mehr. »Glaubst du, der Verräter der Anderwelt hatte was mit dem Giftmord in Böhmen zu tun? Könnte er die Insignie dort wieder für die Drachen versteckt haben?«, fragte ich nach einer Weile.
»Ich weiß nicht. Ich denke, er konnte sie spüren. Wenn er sie gefunden hätte, hätte er sie bestimmt direkt den Drachen übergeben.«
Das leuchtete mir ein. Dadurch drängte sich aber eine andere Frage auf. »Hast du eigentlich mittlerweile rausgefunden, was wir hier erledigen sollten?«, fragte ich Lee und streckte mich neben dem Feuer aus. »Ich meine, wenn wir nicht den Verräter überführen können und dieser kleine Aufstand historisch korrekt ist …«
»Ich denke, wir hatten nicht wirklich einen Auftrag.« Lee war wieder in den Anblick des Rings vertieft. »Du solltest die Insignie finden.«
Ich sah in den Nachthimmel über uns. Er war voller Sterne. Der Mond war nur eine Sichel. Die Insignien riefen mich zu sich. Wie viel schöner wäre es, sie würden direkt zu mir kommen. Dann wären mir ein paar sehr schmerzhafte Erlebnisse erspart geblieben. Meine Nase war so geschwollen, ich würde diese Nacht bestimmt schnarchen.
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