Die Papiermacherin
was er über unseren eigentlichen Auftrag wusste – und wenn er nichts wusste, hat er sich vielleicht ausgemalt, dass wir seinetwegen in Konstantinopel sind, was genauso gefährlich für uns werden könnte!«
Die Niederlassung der Kaufmannsbruderschaft von Amalfi lag am Ende einer Seitenstraße nördlich des Konstantin-Hafens. Sie war Lagerhaus, Umschlagplatz und Herberge zugleich für amalfische Kaufleute.
Johannes Philagathos empfing Arnulf und Fra Branaguorno in einem mit Wandteppichen behängten Raum. Dessen reichhaltige Ausstattung war ein Spiegelbild der guten Geschäfte, die die Seerepublik Amalfi in Konstantinopel machte. Johannes Philagathos hatte auf einem prächtigen Diwan Platz genommen, der wohl aus Persien stammte.
Auf einem kleinen Tisch lagen mehrere versiegelte Dokumente.
»Der Herr sei mit Euch«, sagte der Gesandte und deutete auf die Schriftstücke. »Dies sind meine Berichte und Botschaften an den Kaiser und den Hof sowie an den Bischof von Magdeburg.«
»Wir werden sie gewissenhaft überbringen«, versprach Arnulf.
Johannes nickte, und die schmalen, tiefliegenden Augen des hageren Mannes musterten den Ritter voller Misstrauen. »Ihr habt uns keinen Dienst erwiesen, als Ihr in aller Unbeherrschtheit mit einem hochangesehenen Waräger-Veteranen die Klingen kreuztet.«
»Hätte ich mich erschlagen lassen sollen?«, fragte Arnulf kalt.
Johannes beugte sich vor. »Ich habe gehört, dass Ihr Thorkild bereits in den Bergen jenseits von Transoxanien begegnet seid und es dort zum Kampf gekommen ist!«
»Das war kein Kampf, sondern ein Gemetzel.«
»Nun, ich gestehe, ich dachte zuerst, dass Ihr meinetwegen nach Konstantinopel geschickt wurdet. Aber da Euch Euer Weg noch sehr viel weiter in den Osten geführt hat, muss es wohl einen anderen Grund dafür geben …« Sein Gesicht verzog sich spöttisch. »Und sagt bitte nicht, Ihr wärt auf dem Weg ins Heilige Land nur leicht vom Weg abgekommen!«
»Ich kann Euch leider gar nichts dazu sagen«, entgegnete Arnulf.
»Aber über etwas anderes könnt Ihr mich vielleicht aufklären. Ich war zwar zeitweilig der Lehrer des kindlichen Kaisers, doch da ich seit Längerem durch die Brautverhandlungen hier im Palast zu Konstantinopel gebunden bin, habe ich nicht erlebt, wie aus dem Kind ein junger Mann wurde …«
»Otto hatte gewiss gute Lehrer – einer seid Ihr, und ein anderer steht neben mir. Ich habe selten einen Menschen von solcher Klugheit und Bildung erlebt – schon gar nicht in so jungen Jahren.«
»Die Krone wurde ihm in den Schoß gelegt. Otto wird noch beweisen müssen, dass er sie auch festhalten kann. Wie schätzt Ihr ihn in dieser Hinsicht ein?«
»Ich denke, Ihr braucht Euch deswegen keine Sorgen zu machen. Es sollte sich niemand darüber täuschen, dass er mit Härte durchzugreifen vermag falls nötig …«
»Ist das auch Eure Einschätzung, Fra Branaguorno?«, fragte Johannes nun an den Mönch gewandt.
»Der Respekt vor meinem Kaiser verbietet es mir, über ihn eine Einschätzung abzugeben«, erwiderte der Mann aus Elbara bei Mailand.
»Ich frage Euch das nicht aus einem vagen Interesse heraus oder aus Neugier, die jeder Lehrer gegenüber dem weiteren Werden und Aufwachsen eines ehemaligen Zöglings hegt – sei er nun könig- und kaiserlich oder auch nicht, ich frage das, weil es einen direkten Einfluss auf meine Verhandlungen haben kann. Das jugendliche Alter Ottos ist hier immer wieder ein Thema gewesen, und ich habe es stets leicht nach oben korrigiert, in der Gewissheit, dass es am Hof von Konstantinopel kaum jemanden gibt, der mich widerlegen könnte. Aber wer verbindet sich mit einem Kind auf dem Thron, das vielleicht schon bald die Macht nicht mehr in Händen hält?«
»Ihr sagt das, als sei es eine Gewissheit«, wunderte sich Fra Branaguorno.
»Ich sage das mit derselben Befürchtung im Herzen, die auch meine Gesprächspartner umtreibt und die sie immer wieder zögern lässt …«
»So wisst Ihr vielleicht mehr über die Zukunft als ich«, gestand Fra Branaguorno zu. »Aber in der größten Stadt der Christenheit hört man vielleicht auch mehr Stimmen raunen als in einem Dorf wie Magdeburg!«
Nachdem sie das Händlerquartier der Amalfianer verlassen hatten, wirkte Fra Branaguorno sehr in sich gekehrt. »Ich glaube, wir werden von Johannes Philagathos in Zukunft noch einiges hören, das ganz und gar nichts mit den Hochzeitsplänen rhomäischer Prinzessinnen zu tun hat!«
»Wie meint Ihr das?«, fragte
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