Die Papiermacherin
der Sprache des Han-Volks. Ihre Vorfahren waren einst als Kriegsgefangene hierher gelangt, und inzwischen hatten deren Kinder und Kindeskinder nicht nur den Glauben an die Lehre Mohammeds angenommen, sondern trugen auch Namen, wie sie unter den Muslimen üblich waren. Angeblich hatte man ihnen nur gestattet, gläubige Frauen aus Mawarannahr zu nehmen, um sicherzustellen, dass ihre Kinder im Sinne von Mohammeds Lehre erzogen wurden.
Der Leiter der Werkstatt, der auch Meister Wang, Li und Gao zugeteilt waren, trug den Namen Mohammed wie der Prophet selbst.
»Ihr müsst euch einfügen, dann wird euch alles gelingen. Die Zeiten an den Pressen sind genau eingeteilt, und die Lumpen zerstampfen wir gemeinsam. Aber wer welche und wie viele Blätter gefertigt hat, wird genau registriert, und es wird sich keiner von euch darauf herausreden können, dass ein anderer nicht gut genug gearbeitet hat, wenn das Papier nicht die nötige Qualität aufweist.«
»Man wird mit der Qualität zufrieden sein, die wir liefern«, erklärte Meister Wang, wobei er sich zwar leicht verbeugte, aber dennoch keinen Zweifel daran aufkommen ließ, dass er die Worte genau so meinte, wie er sie gesagt hatte.
»Ich werde euch zuteilen, welche Blätter ihr zu fertigen habt«, erklärte Mohammed. »Bei mir gehen die Aufträge ein, die dann umgehend zu erledigen sind. Wir stellen Papiere her, aus denen Bücher gemacht werden, und solche, die für die Dokumente des Statthalters taugen müssen oder für andere Urkunden, bei denen es darauf ankommt, dass sie lange haltbar sind und man sie nicht fälschen kann …«
»So wendet Ihr die Kunst des Wasserzeichens an?«, erkundigte sich Meister Wang.
Meister Mohammed sah ihn an. »Ich habe davon gehört, und vor langer Zeit habe ich auf dem Basar ein Papier mit einem Wasserzeichen erworben. Ich kaufte den Bogen, weil er Schriftzeichen aus dem fernen Reich der Mitte trug …«
»Ein Stück Erinnerung an das Reich der Vorfahren …«
»Abgesehen von unserer Kunst des Papiermachens ist nicht viel von dieser Erinnerung geblieben«, sagte Mohammed. »Und selbst davon hat sich nicht alles erhalten … Ihr kennt das Geheimnis der Wasserzeichen?«
»Gewiss. Man braucht ein dünnes Stück Eisen oder Kupfer, das sich biegen lässt, ohne gleich zu brechen. Das legt man beim Schöpfen auf das Sieb. Die jeweilige Form bildet dann ein Zeichen, das sichtbar wird, wenn man das Papier gegen das Licht hält, denn dort, wo das Metall war, ist die Dicke des Papiers geringer.«
»Und ein Dokument, das nicht das Wasserzeichen des Statthalters trägt, ist schon deshalb als Fälschung von einem Original unterscheidbar!«, nickte Meister Mohammed. »Vorausgesetzt natürlich, das Wasserzeichen selbst wird gut aufbewahrt, ebenso wie die Papiere, in die es hineingelegt wurde!«
»Meine Tochter ist sehr geschickt darin, solche Zeichen zu formen«, erklärte Meister Wang. »Meinen eigenen Fingern mangelt es da manchmal an der nötigen Geschicklichkeit und Geschmeidigkeit. Und so habe ich diesen Arbeitsschritt zumeist ihr überlassen.«
Mohammed wandte sich an Li und musterte sie von oben bis unten. In den gepflegten Gewändern, die sie erhalten hatte, kam sie sich jedenfalls nicht mehr wie eine in Lumpen gehüllte Vogelscheuche vor. So, wie ihr die Frau mit den freundlichen Augen im Badehaus geraten hatte, bedeckte sie auch hier ihr samtschwarzes Haar mit dem Kopftuch.
»Du bist nicht die erste Frau, von der ich weiß, dass sie Geschick beim Schöpfen bewiesen hat«, erklärte er. In den Werkstätten mussten sogar die Kinder oft mithelfen, denn anders war die viele Arbeit gar nicht zu bewältigen.
»Ich habe keinen Sohn, und meine Kunst soll nicht eines Tages mit mir sterben«, erklärte Meister Wang. »So habe ich mich bemüht, sie außer an meinen Lehrling auch an meine Tochter weiterzugeben«, erklärte Meister Wang. »Und ich kann sagen, dass sie in diesem Handwerk mir inzwischen ebenbürtig ist. Es gibt nichts, was sie nicht darüber wüsste.«
Mohammed nickte und wandte sich wieder an Li. »Der erste Schreiber des Statthalters wird sehr bald unsere Werkstatt besuchen und sich dafür interessieren, wie die Qualität eurer Arbeit ist … Es wäre gut, wenn du bis dahin ein paar Blätter mit Wasserzeichen gefertigt hättest, die wir ihm präsentieren können.«
»Wenn ich alles bekomme, was ich dafür brauche, ist das keine Schwierigkeit«, erwiderte Li. »Am schwierigsten wird sein, einen Schmied zu finden, der in der
Weitere Kostenlose Bücher