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Die Papiermacherin

Titel: Die Papiermacherin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Conny Walden
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Deutlichkeit erkennen, wie es ein Außenstehender womöglich konnte. Schließlich hatte selbst der nicht gerade für seine feinfühlige Art bekannte Schmied Kebir gleich eine Art von Vertrautheit zwischen ihr und Arnulf vermutet – eine Vertrautheit, für die es im Übrigen gar keinen Grund gab.
    »Manchmal haben wir eine flüchtige Begegnung, sehen in ein Paar Augen oder erhalten ein Lächeln, das einen überraschenden Taumel von Gefühlen auslöst. Das ist nichts Außergewöhnliches. Es ist eine Frage der inneren Kraft, der Vernunft dennoch die Herrschaft zu überlassen. Und genau das solltest du tun …«
    »Den Gedanken, dass er ahnungslos in sein Verderben reitet, kann ich nicht ertragen«, antwortete Li. »Es lässt mir einfach keine Ruhe, und obwohl ich von der Arbeit des Tages zu Tode erschöpft bin, finde ich heute keinen Schlaf.«
    »In demselben Augenblick, in dem dieser Krieger in den Tod reitet, reiten an anderen Orten Abertausende anderer Krieger in ihr Verderben, ohne dass wir es ahnen – und deren Schicksal raubt dir auch nicht den Schlaf. So ist nun mal der Lauf der Dinge.«
    »Und damit muss man sich abfinden?«
    »Wer in sein Verderben geht und wer nicht, ist vorherbestimmt, Li. Die Muslime haben ein Wort dafür, das wohl aus der Sprache des Korans kommt, aber das sie alle verwenden, wenn man sie in den Straßen reden hört: Maktub. Das heißt: Es steht geschrieben.«
    In dieser Nacht wachte Li immer wieder auf und dachte an den fremden Ritter, an den angenehmen Klang seiner Stimme und den Blick seiner grünen Augen. Aber sie dachte auch an die Worte ihres Vaters.
    Maktub …
    Stand ihr Lebenslauf wirklich schon geschrieben? War es wie bei einem der Geschichtenerzähler, die man in Samarkand an jeder Ecke erleben konnte, die gar nicht mehr die Freiheit hatten, ihrer Erzählung einen anderen Verlauf zu geben, wenn zuvor Hunderte von Schreibern sie bereits in den Abschriften eines Buches festgehalten hatten? Stand das Ende ihrer eigenen Geschichte fest, noch bevor der Erzähler richtig begonnen hatte, und war es nur ihre Ahnungslosigkeit, die sie denken ließ, dass noch alles geschehen konnte, obwohl in Wahrheit längst alles geschrieben stand?
    Dieser Gedanke gefiel Li nicht.
    Welcher Sinn lag dann darin, eigene Gedanken zu haben?
    Am nächsten Morgen ging Li schon früh in den Palast.
    In einem Nebenraum saß sie ganz allein, um an dem Wasserzeichen des Prinzen Ismail zu arbeiten. Sie hatte genug Draht und außerdem Werkzeuge, mit denen Kupfer- und Goldschmiede feinste Arbeiten zu fertigen pflegten. Das meiste davon würde sie kaum benötigen, denn sie war die Arbeit mit wenigen Hilfsmitteln gewöhnt. Die Herstellung eines Wasserzeichens war in Xi Xia eine selten vorkommende Nebensache gewesen. Ein zusätzlicher Luxus, der nicht oft verlangt wurde. Manchmal hatte Meister Wang für bestimmte Gebrauchspapiere als Wasserzeichen eine vereinfachte Form seines Namens verwendet. Dieses Zeichen war dann zu einer Art Qualitätssiegel von Meister Wangs Werkstatt geworden.
    Li hatte auch einige – wasserzeichenlose – Blätter aus der Produktion von Meister Mohammeds Werkstatt vor sich liegen, dazu ein paar Kohlestücke. Ein Wasserzeichen sollte zwar möglichst einfach gehalten sein, da komplizierte Linienführungen am Ende ihre eigentliche Form allzu sehr verschleierten, aber gerade das machte die Schwierigkeit aus. Und so war es unumgänglich, zunächst einen Entwurf zu zeichnen, nach dem das Metall dann gebogen und bearbeitet werden konnte.
    Maktub – es steht geschrieben.
    Die Wendung ging Li ebenso wenig aus dem Kopf wie das Gesicht des Ritters aus dem unbekannten Saxland.
    Dieses Wort in arabischen Buchstaben zu schreiben, fiel Li inzwischen nicht mehr schwer. Sie dachte an die Verzierungen innerhalb des Palastes, an den Moscheen und den Gebäuden, die oft dem Bild der Schrift nachempfunden waren. Sie dachte auch an die kunstvoll bearbeiteten Teller aus Kupfer, in die häufig das Glaubensbekenntnis der Muslime oder eine Sure des Korans ins Metall eingraviert waren. Dabei bildeten die Buchstaben ein Bild, das einem abstrakten Muster genauso ähnlich war wie einer Schrift. Sie waren auf so kunstvolle Weise ineinander verschlungen, dass sie wie ein einziges Zeichen aussahen. Manchmal war ihre Form dem Feuer nachempfunden, wenn in der Sure vom Feuer des Glaubens die Rede war – oder sie erinnerten an wucherndes Pflanzenwachstum, wenn ein Gebet die Wunder der Welt pries.
    Den Kupferschmieden

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