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Die Papiermacherin

Titel: Die Papiermacherin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Conny Walden
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innerhalb dieser Mauern schöpfen. Alles, was du dazu brauchst, wird man dir herbeischaffen.«
    »Herr, und was soll ich antworten, wenn man mir Fragen stellt?«, fragte Li.
    »Du wirst sagen, dass dies eine Angelegenheit ist, über die dir der Statthalter nicht erlaubt hat zu sprechen.« Prinz Ismail sah sie ernst an. »Halte dich an meine Anweisungen, was die Verschwiegenheit betrifft. Andernfalls ist dein Leben in Gefahr.«
    »Ja, Herr«, nickte Li, die keinerlei Zweifel daran hatte, dass man sie sofort und ohne große Umschweife töten würde, beim geringsten Verdacht, sie könnte Geheimnisse weitergegeben haben.
    Als sie schließlich am frühen Abend zu Meister Wang und Gao in die Werkstatt zurückkehrte und gerade durch die Tür treten wollte, hatte sie so viel Schwung, dass sie die große dunkle Gestalt übersah, die da vor ihr aufragte. Sie prallte gegen ein Lederwams und spürte schmerzhaft den Griff eines Schwertes an der Seite. Zwei kräftige Hände fassten sie kurz bei den Schultern. Dann schaute sie in ein Paar grüner, ruhiger Augen, deren Blick sich mit dem ihren traf.
    Ein paar Worte in der unbekannten saxländischen Sprache folgten, und der sonore, samtweiche Klang dieser Stimme löste bei Li dieselbe Gebanntheit aus wie schon bei ihrer ersten Begegnung – auch wenn sie abermals kein einziges Wort verstand.
    »Arnulf!«, entfuhr es ihr.
    Ein Lächeln umspielte jetzt seine Lippen, und in seinem Antlitz war deutlich die Überraschung darüber zu lesen, dass sie sich seinen Namen gemerkt hatte.
    Er sagte ein paar Worte in seiner Sprache. Li wich aus Gründen der Schicklichkeit einen Schritt zurück.
    »Es war nicht meine Absicht, Euch zu verletzen«, sagte sie nacheinander auf Latein und auf Griechisch. Zumindest sollten ihre Worte diese Bedeutung haben, und da ihr das Herz bis zum Hals schlug, hoffte sie nur, dass sie sich einigermaßen passend ausgedrückt hatte. Griechisch oder Latein – wenn diese Sprachen im Westen tatsächlich so verbreitet waren, wie Bruder Anastasius behauptete, war es ja durchaus möglich, dass Arnulf sie verstand. Bildete Saxland nicht das Zentrum eines Reichs, das sich selbst als ebenso römisch bezeichnete, wie es das Reich des Kaisers von Konstantinopel tat? Dann konnte man eigentlich erwarten, dass die Sprache der Römer dort noch geläufig war.
    Zumindest galt dies für die gelehrten Männer Gottes – Li hatte längst bemerkt, dass auch der bleiche Mönch und der schmächtige Jüngling anwesend waren. Was die drei Reisenden allerdings in einer Papierwerkstatt wollten, darüber konnte sie nur rätseln.
    »Du sprichst Latein?«, fragte Arnulf nach einem quälend langen Augenblick, in dem sich zunächst eine tiefe Furche auf seiner Stirn gebildet und ihr der bleiche Mönch mit den grauen Augen einen misstrauischen Blick zugeworfen hatte.
    »Ein Mönch aus Konstantinopel hat mich diese Sprache gelehrt«, sagte Li.
    »Und ich dachte, sie hätte sich wegen ihrer Klarheit und Logik bereits bis zum Reich der Mitte ausgebreitet, ohne dass in Rom oder Konstantinopel davon auch nur irgendjemand etwas ahnte«, erwiderte Arnulf lächelnd.
    Li musste sich große Mühe geben, alles zu verstehen, was er sagte, denn seine Aussprache des Lateinischen unterschied sich ganz erheblich von jener, die Bruder Anastasius ihr auf dem endlos langen Weg durch Steppen, Gebirge und Halbwüsten beigebracht hatte. Manchmal musste sie schlicht erraten, was er wohl meinte, und versuchen, aus dem Zusammenhang auf den Sinn des Gesagten zu schließen. Aber das fiel ihr in diesem Fall überraschend leicht.
    Meister Wang stellte sich neben Li, während sich Gao und Meister Mohammed etwas abseits hielten. Mindestens ein Dutzend weiterer Augenpaare waren auf die Fremden gerichtet, die aus einem Land kamen, von dem hier noch nie jemand gehört hatte.
    Der Mönch ergriff jetzt in geschliffenem Persisch das Wort.
    »Wir haben von ein paar Papiermachern gehört, die von einem Nordmann, den man den Eisenbringer nennt, hierher verkauft wurden. Darum sind wir hier.«
    »Sie haben uns nach unserem Weg gefragt und ob wir durch die Berge von Tukharistan gekommen seien, von wo das unzerbrechliche Eisen komme«, murmelte Meister Wang in der Sprache der Han, sodass ihn außer Li und Gao niemand verstehen konnte. »Ich habe gesagt, dass wir dieses Land nicht kennen, von dem er gesprochen hat … Und denke daran: Wir sollten uns aus allem heraushalten, was uns irgendwie in Schwierigkeiten bringen könnte.«
    »Ich nehme

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