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Die Papiermacherin

Titel: Die Papiermacherin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Conny Walden
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und es kurz nach der Geburt verloren. Seither rührt er mich nicht mehr an, weil er denkt, dass ein Fluch auf mir lastet.«
    In Bagdad nächtigten sie in einer jener Herbergen, die für durchfahrende Händler gleichzeitig als Unterkunft, Stallung für die Tiere, Lagerhaus und Verkaufsraum für die mitgeführten Waren dienten.
    Li fühlte sich stark an Nedjans Herberge in Samarkand erinnert, nur war diese um ein Vielfaches größer und bildete eine kleine Stadt innerhalb der Stadt mit eigenem Flusshafen. Schiffe konnten hier anlegen und die eingeführten Waren flussabwärts nach Basra bringen, wo sie auf seetüchtige Daus umgeladen wurden.
    Firuz wies seinen Bruder Jamal an, mit Gao einen Arzt aufzusuchen. »Was dieser Arzt mich kostet, werde ich auf eure Schuld aufschlagen«, kündigte er an. »Aber wenn meine Pläne in die Tat umgesetzt werden, sollen sie nicht daran scheitern, dass ein Meister keinen Gesellen hat, der ihm helfen könnte!«
    »Das ist sehr gütig«, sagte Meister Wang und neigte das Haupt.
    »Begleite deinen Gesellen … Jamal wird versuchen, einen Arzt zu finden, der die persische Sprache versteht, aber selbst wenn das gelingt, könnte es einige Verständigungsschwierigkeiten geben … Und ich habe den Eindruck, dass der Meister sich besser auszudrücken weiß als der Geselle!«
    In Bagdad sprachen die Menschen Arabisch – allerdings konnte man davon ausgehen, dass ein Arzt, der sein Geld wert war, seine Kunst in Isfahan oder Buchara studiert und dabei Persisch gelernt hatte.
    »Ich begleite ihn auch gerne«, bot Li an.
    Aber genau das wollte Firuz nicht. »Nein, du bleibst hier!«, bestimmte er. »Du kannst damit beginnen, eine Liste all der Dinge zusammenzustellen, die zum Papierschöpfen in größerem Umfang unerlässlich sind. Bagdad mag keinen mächtigen Kalifen mehr haben, aber es hat die größten Basare der Welt, und vielleicht können wir das eine oder andere hier günstig erwerben …«
    Li saß in dem Zimmer im Obergeschoss, wo die Frauen übernachteten. Allerdings war keine von ihnen im Moment zugegen. Sie waren zum Fluss gegangen, um nach Wochen wieder einmal ihre Kleider zu waschen.
    Li hatte ein paar wenige Blätter aus der Werkstatt von Meister Mohammed in Samarkand mitnehmen können. Sie trugen alle das Wasserzeichen der Rose. Zum Schreiben hatte Firuz ihr einen Silberstift gegeben, mit dem er seine Listen zu führen pflegte. So wenig sie Firuz ansonsten leiden mochte, so sehr faszinierte es sie zu beobachten, wie er manchmal im Schein des Lagerfeuers rechnete. Auf den Märkten, die sie während ihrer langen Reise besuchten, konnte Firuz des Öfteren komplizierte Rechnungen mit großen Zahlen sehr schnell ausführen, wenn er sie auf ein Stück Papier schrieb, um Preise zu vergleichen oder zu beurteilen, ob ein Angebot wirklich Gewinn einbrachte. Wie er und viele der Basaris das anstellten, hatte sie bislang nicht herausbekommen. Sie vermutete nur, dass es irgendwie mit einem geheimnisvollen Zahlzeichen zusammenhing, das wie ein kleiner Kreis oder Punkt aussah und nichts darstellte, wenn es allein stand, aber einen hohen Wert bezeichnen konnte, wenn es mit anderen Zahlzeichen eine Reihe bildete.
    Li begann gerade zu schreiben, da betrat Firuz den Raum.
    »Basma …«, sagte er.
    Sie zuckte zusammen und erhob sich von dem Teppich, auf dem sie saß. »Ich möchte nicht so genannt werden!«, erwiderte sie.
    »Ach, Basma … du müsstest doch längst gemerkt haben, dass ich dich begehre!«
    »Ich aber dich nicht!«
    Er näherte sich. »Was lässt dich zögern, Basma? Ich sehe dich an und kann an nichts anderes mehr denken!«
    »Dann solltest du beten, damit dein Gott dir hilft – oder deine Aufmerksamkeit denen schenken, denen du es versprochen hast! Deinen Frauen nämlich!«
    Er war bei ihr und fasste sie an ihrem Gewand. Dann zog er sie an sich. Sein Atem roch süßlich – nach Haschisch, dem berauschenden Gras, das in Bagdad an jeder Straßenecke angeboten wurde. In Samarkand hatten die Ärzte daraus Medizin gemacht, aber es wurde keineswegs nur gegen körperliche Krankheiten und Schmerzen genommen. Der Wunsch nach einer Aufhellung des Gemüts war ebenso häufig der Grund für die Einnahme – und im Gegensatz zu gegorenen Getränken verstieß diese Art der Berauschung offenbar nicht gegen die Lehre des Propheten.
    Sie versuchte ihn wegzuschieben, aber er hielt sie fest.
    »Basma … du willst doch dasselbe!«
    »Das Haschisch hat dir die Sinne benebelt!«
    »Es

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