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Die Parallelklasse - Ahmed ich und die anderen - Die Luege von der Chancengleichheit

Die Parallelklasse - Ahmed ich und die anderen - Die Luege von der Chancengleichheit

Titel: Die Parallelklasse - Ahmed ich und die anderen - Die Luege von der Chancengleichheit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Patrick Bauer
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damals noch nicht NdH-Kinder nannten, ist online überhaupt nichts zu erfahren. Offenbar geht es mit der Integration auch im Internet nur schleppend voran. Von den deutschen Schülern aus meiner Grundschulklasse haben nur zwei online gar keine Spuren hinterlassen. Sven, der noch Zuhause wohnt – und Fabian.
    Fabian, gennant Fabi oder später Kifferfabsi war der Junge, der eines Tages auf den Kleiderschrank kletterte. Er lebte mit seiner Mutter Edeltraud, einer Heilpraktikerin, der großen Schwester und dem großen Bruder im Haus neben dem Freibad unweit der Schule. Die Geschwister hatten sehr komische Namen, Eddrun und Olf oder so ähnlich. Es war eine etwas andere Familie. Fabi dagegen war ein unauffälliger Junge. Aber dann kam er nicht mehr zur Schule, in der zweiten Klasse muss das gewesen sein. Fabi fehlte Tage, Wochen. Niemand hörte von ihm, rief man bei Fabi zuhause an, sagte seine Mutter, er sei krank, aber sicher bald wieder auf den Beinen. Klingelte man an der Haustür, kam die Mutter herunter und sagte, Fabi sei zu geschwächt, um Besuch zu empfangen. Irgendwann jedoch verkündete Frau Schach: »Heute besuchen wir Fabi!« Wir marschierten in Zweierreihen in das Haus neben dem Freibad, und stapften hinauf in den zweiten Stock. Trudel war wohl eingeweiht und öffnete die Tür, sie wies uns durch den langen Flur und hinein in Fabis Kinderzimmer. Es war leer. Trudel rief: »Fabi, sie sind da!« Da raschelte es aus einer Ecke. In der Ecke stand ein massiver Kleiderschrank. Auf dem Schrank saß Fabi, er hatte sich in eine Bettdecke gehüllt, um ihn herum standen benutzte Gläser, ein Teller mit belegten Broten, Mickey-Mouse-Hefte und Kaugummipapier. Fabi drehte seinen Kopf zur Wand. »Hallo, Fabi«, sagte Frau Schach, »wir wollten dir bloß sagen, dass wir dich sehr vermissen!« Fabi schwieg. Wir starrten hoch zu ihm. Fabi begann schließlich, mit Glasmurmeln nach uns zu werfen. »So, jetzt ist es Zeit zu gehen«, sagte Trudel, »Fabi wird bestimmt bald runterkommen!« Nach einer Woche war er wieder da. In seiner Anwesenheit wurde danach nie wieder über den Schrank gesprochen. Später kam Fabi mit mir aufs Gymnasium, soweit ich weiß, kletterte er nicht mehr auf den Schrank, dafür sah ich ihn ab der achten Klasse morgens auf dem Schulweg meist auf einer Bank vor dem Eingang zum Freibad sitzen. Jedes Mal fragte er mich: »Magst du was vom Joint abhaben?« Aber ich vertrug nichts, schon gar nicht morgens um halb acht. Nach der neunten Klasse kam Fabi nicht mehr zur Schule. Diesmal blieb er verschwunden.
    Ich komme verspätet zum Treffen mit Ehsan. Das Café ist gut gefüllt. Am Tresen sitzt ein recht schmächtiger Mann mit dunklem Teint. Es ist der einzige Gast, der annähernd so aussieht, als könnte es der erwachsene Ehsan sein. Außerdem ist es der einzige Gast, der nicht deutsch aussieht. Ich gehe auf ihn zu. »Hallo, ich bin‘s, Patrick!« Der Mann schaut mich verwundert an. »Entschuldige, ich bin zu spät«, sage ich. Der Mann zuckt mit den Schultern. In diesem Moment steht jemand hinter mir: »Patrick?« Ehsan ist kaum gewachsen. Aber die Brille ist verschwunden, und das Schildkrötenhafte in seinem Gesicht mit ihr. »Kennst du den?«, fragt Ehsan, als wir uns gesetzt haben, und nickt zu dem Kerl am Tresen. »Eigentlich nicht«, sage ich. »Ach so, du dachtest, ich wäre das?« »Nein«, sage ich schnell, »na ja, nur kurz …« Ehsan lacht. »Schon okay. Für Deutsche sehen Perser eben alle gleich aus. Da hilft mir mein deutscher Pass überhaupt nicht.«
    Das Treffen beginnt zäh. Abwechselnd sagt einer von uns »Tja« oder »verrückt«. Es ist zu viel passiert in der Zwischenzeit. Es ist zu lange her, um einfach weiterzumachen. Es fühlt sich nicht an, als würde ich einen alten Freund wiedertreffen. Eher, als würde ich einem Menschen begegnen, den ich in einem anderen Leben mal kannte.
    Ich sage Ehsan, dass es mich wundert, dass wir uns aus den Augen verloren haben. Immerhin war ich mehrmals die Woche nach der Schule bei ihm. Ehsan besaß eine Playstation. Das kam mir sehr luxuriös vor. »Die hatte mein Bruder bei einem Preisausschreiben gewonnen«, sagt Ehsan. Wir durften stundenlang davorsitzen. Das kam mir sehr liberal vor. »Meine Mutter war nur zu höflich, etwas zu sagen, während Besuch da war«, sagte Ehsan. »Auf jeden Fall«, sage ich, »waren wir doch alle gleich und trotzdem hatte ich nach der Grundschule nur noch mit Deutschen zu tun …«
    Ehsan unterbricht mich. »Für mich hat

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