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Die Parallelklasse - Ahmed ich und die anderen - Die Luege von der Chancengleichheit

Die Parallelklasse - Ahmed ich und die anderen - Die Luege von der Chancengleichheit

Titel: Die Parallelklasse - Ahmed ich und die anderen - Die Luege von der Chancengleichheit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Patrick Bauer
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langen Gespräch, in dem die Vermieterin ungewöhnlich viele Fragen gestellt hatte, sagte sie: »Sie können die Wohnung haben, Sie sind beide offenbar zuverlässig. Aber ich muss da immer besonders vorsichtig sein bei ausländisch klingenden Namen, das verstehen Sie sicher. Ich hätte Sie gar nicht eingeladen, wenn Sie mir nicht so nett geschrieben hätten.«
    Ehsans Freundin ist an diesem Abend auch zu Besuch, sie ist deutsch. »Mein Vater findet sie toll«, sagt Ehsan, »er meint, ihm sei egal, woher meine Freundin stammt, Hauptsache sie liebt mich. Mein Vater ist da viel lockerer, als ich es lange war.« Nach der Grundschule kam Ehsan auf ein Gymnasium, ein altsprachliches im Westen der Stadt, Latein, Altgriechisch, das volle Programm, der Vater sagte, wenn schon, dann richtig. Ehsan sagt, er sei darauf nicht vorbereitet gewesen. Nach den Schmusestunden bei Frau Schach und den stupiden Strafarbeiten bei Herrn Sontheimer überforderte ihn das neue Tempo. Er blieb in der achten Klasse sitzen. In der neuen Klasse lernte er neue Freunde kennen: alle arabisch oder persisch. »Wir fanden die Schule ätzend und dann fanden wir auch alle Deutschen ätzend«, erzählt Ehsan, »wir haben uns auf einmal als Randgruppe definiert.« Sie mieden den Kontakt zu ihren Mitschülern und gingen jeden Freitag zum Gebet in eine Moschee. »Das musst du dir mal vorstellen: Meine Eltern waren nie religiös und auf einmal redet ihr Sohn vom Koran«, sagt Ehsan. Es war eine doppelte Revolte gegen den Vater: Ehsan wollte vom Streben und Lernen nichts mehr wissen, stattdessen betete er, ohne an irgendetwas zu glauben. Er verließ die Schule mit einem Realschulabschluss, machte eine Lehre in einer Autofabrik. Er blieb zuhause wohnen, aber er fehlte immer häufiger, wenn der Safranreis auf den Tisch kam. Warum?
    »Wenn man immer das Gefühl vermittelt bekommt, anders zu sein«, sagt Ehsan, »will man irgendwann auch anders sein. Ich wollte nicht mehr dazugehören.« Ehsan erzählt eine Geschichte, die schon lange zurückliegt. Er bewarb sich während der Schulzeit für einen Nebenjob in einem Altenheim. Der Leiter des Heims empfing ihn. Das Erste, was er zu Ehsan sagte, war: Sie sprechen aber gut Deutsch, wie lange sind Sie schon hier? »Das verfolgt mich mein ganzes Leben schon«, sagt Ehsan, »eure Eltern, also die deutschen Eltern in der Grundschule, haben mir auch nur das gesagt: wie gut ich Deutsch spreche, und dann haben sie bewusst langsam geredet. Egal, wo ich hinkomme: Immer muss ich die Leute überzeugen, dass ich trotz meines Namens ihre Sprache spreche und auch kein Krimineller bin!« Und im Iran sagen ihm die Verwandten, dass sein Persisch immer besser werde. Er besucht gerne die Verwandten, die in ihren eigenen vier Wänden Hip-Hop hören und CNN gucken und auf der Straße darauf achten, den Sittenwächtern nicht aufzufallen. »Es ist ein verrücktes Leben dort«, sagt Ehsan, »aber wenigstens falle ich auf den ersten Blick niemandem als Fremder auf.«
    In seinen »strengen Jahren«, wie Ehsan sie nennt, lernte er ein Mädchen kennen, sein erstes Mädchen. Ihre Familie stammte auch aus dem Iran. Das Mädchen redete noch mehr vom Koran als Ehsan. Sie wollte heiraten. Kinder. Aber erst mal wollte sie nur küssen. Sie wollte, dass Ehsan ihnen eine Wohnung besorgt und sie wollte Persisch reden zuhause in dieser Wohnung, auch mit den Kindern, die sie noch gar nicht hatten, aber bald haben würden, nach der Hochzeit. Da merkte Ehsan: Das ist nicht mein Leben. Er verließ die Freundin. Sie rief noch viele Monate bei ihm zuhause an und schrie auf den Anrufbeantworter der Familie. Den Vater freute das. Er sagte, es sei das falsche Mädchen gewesen.
    Mittlerweile macht Ehsan seinen Vater wieder stolz. Er studiert BWL, will wieder zurück in seinen Ausbildungsbetrieb, aber nicht in die Werkstatt, diesmal ins Management. »Ich konnte ja immer schon mehr«, sagt er, »aber ich wollte nicht.« Ehsan geht nicht mehr in die Moschee, aber seine Freunde aus der Schulzeit hat er noch, »unter meinen Freunden sind nur wenige Deutsche«, sagt er, »eigentlich nur einer.« Ehsan trinkt keinen Alkohol und er tut auch nicht mehr so, als interessiere er sich für Fußball, er geht am Wochenende in einen iranischen Kulturverein – und sonst verbringt er die wenige Freizeit mit seiner Freundin. Ehsan hat drei Nebenjobs, er muss sein Studentenleben alleine finanzieren, die Eltern können ihm nichts dazugeben. »Das war auch in der Grundschule so: Ihr

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