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Die Parallelklasse - Ahmed ich und die anderen - Die Luege von der Chancengleichheit

Die Parallelklasse - Ahmed ich und die anderen - Die Luege von der Chancengleichheit

Titel: Die Parallelklasse - Ahmed ich und die anderen - Die Luege von der Chancengleichheit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Patrick Bauer
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ergangen ist.«
    Um das herauszufinden, fahre ich in eine Neubausiedlung an der letzten Autobahnausfahrt vor der Brandenburger Einöde. Es ist ein Ort, an den man zieht, wenn man alleine sein will. Alte Männer waschen ihre Autos, alte Frauen ziehen Einkaufstaschen hinter sich her, keine Kinderstimmen, keine Graffitis, keine Läden, nichts. Cem lebt im Rentnerparadies. Neben seinem Nachnamen steht der Name »Müller«. Eine Frauenstimme, also wohl die Müller-Stimme, klingt durch die Sprechanlage: »Ist offen!« An der Wohnungstür empfängt mich eine blonde Frau in einem Jogginganzug. Cem sei nicht da, sagt sie. »Was wollen Sie denn von ihm?« »Ich habe mit ihm zusammen die Grundschule besucht, ich wollte mal wieder Hallo sagen.« »Oh Mann«, die Frau namens Müller lacht, »mit Schule hat es Cem nicht so. Ob der Sie sehen will, weiß ich nicht.« Ich lasse meine Telefonnummer da und einen Zettel: »Cem, wir waren in der ersten Klasse bei Frau Schach, weißt du noch?« Ich höre, wie hinter der verschlossenen Tür von »Özbek/Müller« eine tiefe Stimme fragt: »Was war denn das für ein Vogel?« »Einer aus deiner Grundschule«, antwortet die Müller-Stimme. »Aus welcher Grundschule denn«, schreit die Stimme.
    Am nächsten Tag ruft Cem an. »Wer bist du denn?« Ich erzähle ihm von der Blücher-Grundschule. »Also ganz ehrlich«, sagt Cem, »ich habe keine Ahnung, wer du bist. Aber Frau Schach, der Name sagt mir was. Wir können uns gerne treffen. Aber nicht bei mir. In der Stadt. Lass uns ordentlich trinken gehen. Vielleicht hilft das meiner Erinnerung.« Ich frage ihn, woran ich ihn in der Kneipe erkenne. »Ganz einfach«, sagt Cem, »ich bin der geilste Typ da drin.«
    Cem steht dann vor der Kneipe, die eigentlich ein dunkles Loch ist, das niemals schließt, eine 24-Stunden-Spelunke namens »Rapunzel«, in deren Innern eine humpelnde Alte zwischen Bar und Spielautomaten pendelt und auf dem Weg widerwillig Bestellungen entgegennimmt. Ich war ein paarmal in dieser Kneipe, wenn sonst keine mehr geöffnet war, sie liegt in der Nähe unserer Grundschule. »Man muss da trinken, wo die Asozialen trinken«, sagt Cem, »da ist es billig und ehrlich. Aber wir haben ein Problem: Ulla hat ihren Laden heute geschlossen. Zum ersten Mal überhaupt, schätze ich.« An der rostigen Tür hängt ein Zettel, in zittrigen Großbuchstaben steht da: »WEGEN TRAUERFEIER EIN PAAR TAGE ZU!!!« »Hat sich einer zu Tode gesoffen«, sagt Cem, »so was passiert. No risk, no fun, wie der Franzacke sagt.«
    Cem fragt, wo wir jetzt hinsollen, er kenne nur das »Rapunzel« hier in der Gegend, es sei ja nicht mehr seine Gegend. »Hier leben doch nur noch Familien mit dicken deutschen Kindern«, sagt Cem, der ein muskulöser, stoppelköpfiger, jungenhafter Mann ist. Ich mag seine Art gleich. Wir kennen uns nicht. Wir haben nur Vorurteile und Durst. Es verspricht, ein guter Abend zu werden.
    Ich schlage ein Café um die Ecke vor, es ist eines dieser Cafés für Deutsche mit Macbook. Zitronentarte in der Vitrine, Blümchen auf der Tapete. »Mann, mann, mann«, sagt Cem und zündet sich eine Zigarette an. »Ich rauche nicht«, sagt er, »nur in der Stadt!« Die zierliche Bedienung kommt zu unserem Tisch und flüstert: »Entschuldigung, aber hier darf man erst ab 22 Uhr rauchen.« »Aha«, sagt Cem, »wie viel Uhr ist es?« »Halb zehn«, sagt die Bedienung. »Und du willst mir jetzt wegen der einer halben Stunde Stress machen«, fragt Cem. »Äh, nein, nein«, flüstert die Bedienung und dreht sich hilfesuchend zu ihrem Kollegen an der Bar um. »Natürlich willst du mir deswegen Stress machen«, flötet Cem, »das musst du doch machen. Das ist dein Job. Du kannst nichts für die Bestimmungen!« Er drückt seine Zigarette auf dem Fußboden aus. Die Bedienung lächelt nervös. »Was wollt ihr trinken?« »Viel Bier«, sagt Cem, »und dann Schnaps!« »Also erst mal ein Bier für jeden?«, fragt die Bedienung. »Ganz genau«, sagt Cem und schaut auf die Getränkekarte, »drei Euro fünfzig? Boah, was für ein Yuppie-Bier!« Die Bedienung flüchtet zur Theke.
    »Geile Olle«, sagt Cem, »aber sie hat Schiss!«
    Alle Gäste schauen mittlerweile zu uns. Wir fallen auf. Cem fällt auf. Er redet laut. Er redet mit einem noch stärkeren Akzent als Ahmed, einem kantigen Berlinerischtürkischdeutsch, und er trägt ziemlich genau das Outfit, das schon Ahmed trug, als ich ihn im Park traf. Leute wie Cem kommen eigentlich nicht in dieses Café, und wenn,

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