Die Partie. Thriller (German Edition)
geht weiter, ohne sein Tempo zu drosseln.
»Da stand in Druckbuchstaben C’EST LA VIE drauf. Sonst nichts. Sonderbar, oder?«
Ein Erinnerungsfetzen huscht durch Kimskis Kopf. Meier hat von einem Zettel in einem Buch gesprochen.
»Mochten Sie Ihren Kollegen?«
»Wird das ein Verhör?«
»Haben Sie die handschriftliche Notiz auf dem Stadtplan gesehen?«
»Hm.«
»Und die ganzen Bücher! Wissen Sie, mir ist da etwas Sonderbares aufgefallen. Ich habe das diesem Pflüger erzählt, aber ich denke, er hat mir nicht richtig zugehört.«
»Was wollen Sie noch von mir, wenn Sie eh schon alles wissen? Sie haben doch genug Stoff für eine Titelgeschichte.«
Kimski hält an, dreht sich zu Eva und sieht ihr direkt ins Gesicht.
»Ich will mich nur mit Ihnen unterhalten.«
»Hören Sie. Ich hatte einen schweren Tag. Von mir aus können Sie auf eigene Faust Detektiv spielen. Aber ich gehe jetzt nach Hause.«
Eva zieht eine Visitenkarte aus ihrer Handtasche und hält sie Kimski hin.
»Falls Sie es sich noch mal überlegen.«
Kimski greift wortlos nach der Karte und dreht sich um.
»Sie können mich jederzeit anrufen!«, ruft Eva ihm hinterher.
Kimski biegt um die nächste Straßenecke und lässt Eva zurück.
5
Kimskis Wohnung liegt im Jungbusch, dem alten Hafenviertel. Dort, wo sich das Leben abspielt, wie die Leute zu sagen pflegen. Nur, dass manche dies als positiven Aspekt des Stadtteils ansehen und manche als negativen. Sein Domizil liegt im obersten Stock eines Hauses, das Anfang des 20. Jahrhunderts gebaut wurde und seither nur einmal saniert wurde. Kimski ist der Erste im Haus, der merkt, wenn es regnet, weil das Dach undicht ist und der Hausmeister nicht auf die Nachrichten reagiert, die man ihm auf den Anrufbeantworter spricht.
Kimski öffnet die Tür zu seiner Behausung und atmet auf. Die
Luft ist stickig und schwül, aber das ist ihm jetzt egal. Endlich allein. Er schleudert sein Jackett in die Ecke. Von der Wand blickt ihn das auf DIN-A3 vergrößerte Foto an, das ihn in SEK-Kampfmontur zeigt. Es ist dasselbe Bild, das er vor drei Jahren als Motiv für die Weihnachtskarte an seinen Vater verwendet hat.
Er lässt sich in seinen Sessel fallen. Die Eindrücke des Tages laufen immer noch wie ein Film vor seinem inneren Auge ab. Er will nicht weiter nachdenken, also steht er auf und läuft zu seiner Drückbank. Das Stemmen der Gewichte wird ihm helfen, seine Gedanken zu sortieren. Er legt sich auf die Bahre und drückt die vierzig Kilo in die Luft.
Er will seinen Kopf frei bekommen. An nichts denken.
Als Kimski seine Arme zum siebten Mal durchstreckt, klingelt das Telefon. Er steht auf, greift zu einem benutzten Handtuch und wischt sich den Schweiß aus dem Gesicht. Das Telefon läutet noch immer.
»Ist ja schon gut.«
Er nimmt das Mobilteil des Telefons in die Hand und drückt die grüne Taste.
»Ja?«
»Hallo, Herr Kimski. Wie fühlen Sie sich?« Die Stimme klingt kratzig. In jedem der Worte schwingt ein fordernder Unterton mit.
»Wer spricht da?«
»Das ist nicht wichtig.«
»Dann lege ich jetzt auf.«
»Tun Sie das nicht!«
Klack. Kimski hat die rote Taste gedrückt und legt den Hörer weg. Die Stille währt nur wenige Sekunden, dann klingelt es wieder. Er nimmt den Hörer in die Hand und sieht auf das Display. Die Nummer des Anrufers ist unterdrückt. Nach dem zehnten Läuten hebt er ab.
»Ja?«
»Hören Sie mir zu, Kimski, ich habe ein sehr großzügiges Angebot für Sie.«
»Kein Interesse.«
»Seien Sie nicht dumm. Wollen Sie denn nicht erfahren, wer Kommissar Meier umgebracht hat?«
»Was wissen Sie von –«
»Ich weiß nichts. Aber es wäre mir einiges an Geld wert, wenn Sie die Ermittlungen fortsetzen und es herausfinden würden.«
»Wovon reden Sie?«
»Hören Sie mir gut zu, Kimski. Ein Informant von mir hat beobachtet, wie Sie den Tatort verlassen haben und in Ihre Wohnung gegangen sind.«
Unbewusst läuft Kimski zum Fenster, zieht die Gardine ein paar Zentimeter zur Seite und blickt auf die Straße. Außer zwei Nachbarsjungen kann er niemanden sehen.
»Ich finde es schade, dass Sie sich nicht weiter an den Ermittlungen beteiligen. Sie sind ein sehr fähiger Mann.«
»Woher kennen Sie mich?«
»Hören Sie zu! Ich möchte Ihnen helfen. Passen Sie auf, Kimski, haben Sie eigentlich noch nie darüber nachgedacht, sich selbstständig zu machen? Als Privatdetektiv und Personenschützer zum Beispiel? In der freien Wirtschaft könnten Sie viel mehr bewirken als im
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