Die Partie. Thriller (German Edition)
nach achtzehn Ehejahren, doch noch schwanger wird, ist der Kurfürst überglücklich. Am 28. Juni 1761 erblickt tatsächlich ein Sohn das Licht der Welt. Der langersehnte Thronfolger. Doch die Geburt verläuft mit Komplikationen. Das Kind muss mit einer Zange geholt werden. Bereits am nächsten Tag verstirbt das Kind – das endgültige Ende der Ehe. Der melancholische Carl Theodor macht es von nun ab dem Beispiel seiner Gattin gleich und sucht sein Glück außerhalb der Ehe. Mit mäßigem Erfolg. Feinfühlig, wie er ist, ist er unfähig eine Beziehung nur auf körperlichem Vergnügen aufzubauen. Wenn er nicht verliebt ist, kann er mit keiner Frau zusammen sein. Doch seine wenigen Mätressen sterben allesamt jung und lassen ihn jedesmal tieftraurig zurück. Auch moralisch bereiten ihm seine Taten Probleme. Als tiefgläubiger Katholik zitiert er nach jeder Liebesnacht einen Priester zur Beichte in seine Gemächer.
1767 stirbt Friedrich Michael von Zweibrücken, Eigentümer des Schlosses in Oggersheim. Carl Theodor wittert eine Chance und erwirbt das Schloss als Geschenk für seine Frau. Und tatsächlich, ab 1768 nutzt diese den neuen Landsitz auf der anderen Seite des Rheins als ihre persönliche Sommerresidenz. Endlich ist er die unliebsame Gattin los.
Nach dem Tod des bayrischen Kurfürsten erbt Carl Theodor dessen Ländereien und verlegt seine Residenz – ganz nach dem Grundsatz, dass ein größeres Land bei einer Erbschaft das kleinere verschluckt – von Mannheim nach München. Glücklich ist Carl Theodor mit seinem neuen Besitz nicht wirklich. Eigentlich mag er die Pfalz und zu Bayern fehlt ihm jeglicher Bezug. Also versucht er Bayern gegen die Österreichischen Niederlande zu tauschen. Die Pläne scheitern am Widerstand Friedrichs des Großen. Carl Theodor gibt auf und widmet sich seinem liebsten Hobby – der Gartengestaltung. Nachdem er bereits den Schwetzinger Schlossgarten herrschaftlich gestalten ließ, soll nun auch in München eine ebenbürtige Gartenanlage entstehen – der Englische Garten.
Aber auch in Mannheim will der Kurfürst ein Vermächtnis hinterlassen. Da mit dem Fortzug des Hofs auch die Hoftheatergruppe aufgelöst wird, entsteht auf seine Anregung das Nationaltheater Mannheim mit deutschsprachigem Programm. Zunächst noch von der kurfürstlichen Regierung getragen, wird es bereits 1839 vollständig städtischer Verwaltung unterstellt und ist somit das erste kommunale Theater in deutschen Landen – ein echtes Nationaltheater eben.
Carl Theodor besucht Mannheim weiterhin regelmäßig. Eines Abends weilt er mit seiner Gemahlin im neuen Theater. Nach Beendigung des Stücks besteigen sie ihre Kutsche und werden auf dem Rückweg zum Schloss Zeugen eines sonderbaren Schauspiels. Tausende Bürger haben sich auf den Straßen zusammengefunden. Frauen werfen sich vor die Kutsche, reißen ihre Säuglinge empor. Männer und Kinder schreien um Gnade für ihre Stadt. Die Mannheimer haben den Weggang des Kurfürsten ganz offensichtlich noch nicht verkraftet.
Carl Theodor reagiert höchst ungehalten, Elisabeth August erleidet gar einen unwillkürlichen Weinanfall und muss beim Besteigen der Treppe im Schloss gestützt werden. Am nächsten Tag erteilt Carl Theodor der Polizei die Aufforderung, derartige Aufläufe in Zukunft zu unterbinden.
Die Kurfürstin reist nicht mit nach München. Bis zum Vormarsch der Franzosen. In deren Revolutionskriegen bleibt sie in Oggersheim, danach flieht sie nach Weinheim, wo sie am 17. August 1794 stirbt. Carl Theodor, der kurz vor seinem siebzigsten Geburtstag steht, hat die Hoffnung auf einen legitimen männlichen Nachkommen noch nicht aufgegeben. Sofort begibt er sich auf die Suche nach einer neuen Gemahlin. Nur wenige Monate später, am 15. Februar 1795, reicht er der 19-jährigen Erzherzogin Maria Leopoldine von Österreich-Este die Hand zum Ehebund. Carl Theodor gibt seiner jungen Braut einen glänzenden Hofstaat. Sie soll sich wohlfühlen in München, nichts soll einer glücklichen Empfängnis im Weg stehen. Es gibt nur ein Problem. Maria Leopoldine lässt sich von ihrem greisen Gatten nicht begatten. Wie käme sie dazu, sich von einem Mann anfassen zu lassen, der ihr Großvater sein könnte?
Carl Theodor hat nun wieder allen Grund sich in seine Agonie zurückzuziehen. Am 12. Februar wird er schließlich beim Kartenspielen vom Schlag getroffen. In München atmen die Menschen auf, in Mannheim ist man tief betrübt. Der kurfürstliche Glanz ist nun endgültig
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