Die Partie. Thriller (German Edition)
der Hosentasche und nimmt ab.
»Ja?«
Keine Antwort. Der Kriminalrat blickt auf den Boden. Sie sind noch nicht weiter gekommen in der Bücherwohnung. Vom Bürgermeister ebenfalls keine Spur. Für Klingelstreiche hat er jetzt keine Zeit.
»Hallo?« Er brüllt in den Hörer, bereit, sofort aufzulegen, wenn sich am anderen Ende der Leitung nicht jemand meldet.
Die kratzige Stimme, die aus dem Lautsprecher ertönt, lässt ihn zusammenfahren.
»In der Tiefgarage des Stadthauses steht ein Koffer mit einer Bombe. Es ist besser, Sie handeln, bevor ein Unglück passiert.«
»Wer spricht da!«
»Sie haben weniger als eine Stunde Zeit. Also beeilen Sie sich.«
»Woher haben Sie diese Nummer?«
Zu spät. Der Anrufer hat aufgelegt. Pflüger wählt sich durch das Handymenü, um die Nummer des zuletzt angenommenen Gespräches anzuzeigen.
Anonymer Anrufer.
»Was haben Sie?«, fragt Vollmer, der bemerkt hat, dass der Anruf seinen Vorgesetzten nervös gemacht hat.
Pflüger hält sein Telefon hoch.
»Ich brauche eine Fangschaltung für mein Handy, falls ich noch mal angerufen werde.«
»Alles klar. Ich regle das.«
»Ja, aber vorher rufen Sie den Sicherheitsdienst an, der für das Stadthaus in N 1 zuständig ist. Ich will wissen, ob denen etwas Sonderbares aufgefallen ist.«
»Irgendwas Bestimmtes?«
»Ein herrenloser Koffer mit einem Sprengsatz zum Beispiel.«
»Oh.«
»Und dann rufen Sie das Landeskriminalamt in Stuttgart an, die sollen uns ein Bombenkommando per Helikopter einfliegen, und zwar schnell!«
8
Er ist tatsächlich in die Stadtbibliothek eingedrungen, während er auf eigene Faust in einem Kriminalfall ermittelt. Und das Stadthaus ist um diese Uhrzeit noch immer bevölkert. Das ist nicht gut. Dass die Bücherei in einem öffentlichen Gebäude liegt und es keine nennenswerten Sicherheitsvorkehrungen gibt, mildert das Vergehen nur unwesentlich.
Er sieht sich um. Zwischen den zahlreichen Bücherregalen kann er Eva nicht entdecken. Bedächtig schleicht er durch die schmalen Gänge und sucht sie. Wie konnte sie nur so schnell verschwinden?
»Ich hab etwas gefunden!«
Kimski fährt zusammen. Eva brüllt von der anderen Seite des Kuppelbaus zu ihm herüber. Er presst die Beine aneinander, als er zu ihr herüber spurtet, um so wenig Lärm wie möglich zu machen.
»Nicht so laut!«, fährt er sie an, als er sie endlich in der Abteilung für Mannheimer Geschichte entdeckt. »Das ist ein offener Kuppelbau. Man kann Sie im ganzen Gebäude hören, wenn Sie so schreien!«
Eva steht mit einem dicken Buch, das sie aufgeschlagen in den Händen hält, vor ihm und blickt ihn mit ihren Rehaugen an.
»Immer mit der Ruhe. Sehen Sie mal hier«, sie zeigt mit dem Finger auf die offene Buchseite. »In D 2 Nummer 14 war bis 1801 die Buchhandlung Schwan. Während der Regentschaft von Kurfürst Carl Theodor war das eine wichtige Stätte geistigen Fortschritts. Dort wurde auch die deutsche Sprache gefördert, die damals im Kulturbetrieb nicht anerkannt war. Und die ersten Stücke von Friedrich Schiller veröffentlicht.«
»Woher wussten Sie das?«
»Ich wusste es ja gar nicht mehr mit hundertprozentiger Sicherheit. Aber während meines Studiums habe ich mal eine Seminararbeit zum Thema Bildungsbürger in Mannheim geschrieben. Da durfte die Buchhandlung Schwan natürlich nicht fehlen. Ich habe mir damals das Haus angesehen, in dem das Ladengeschäft gewesen war. Ich bin nie drin gewesen und hatte die genaue Adresse nicht mehr im Kopf. Als ich heute aus dem Gebäude kam und mich umgesehen habe, ist es mir wieder eingefallen. Und dann habe ich an die Bücher gedacht, die am Tatort lagen.«
»Sie meinen, dass die Wohnung in ein Büchermeer verwandelt worden ist, soll uns darauf aufmerksam machen, dass in dem Haus früher eine bekannte Buchhandlung war?«
»Genau.«
»Wieso?«
Kimski nimmt ihr das Buch aus der Hand und wirft einen Blick darauf. Er dreht es um und liest den Titel des Werks. MANNHEIM IN VERGANGENHEIT UND GEGENWART. BAND 1.
»Vielleicht will jemand ein Rätsel hinterlassen.«
»Darüber habe ich auch schon nachgedacht.«
»Ist es nicht so, dass geisteskranke Mörder sich oft danach sehnen, geschnappt zu werden?«
»Kann schon mal vorkommen.«
»Vielleicht handelt der Täter mit gestohlenen antiquarischen Büchern?«
Kimski klappt das Buch zu. »Ich weiß nicht, ob Sie alle Details in Ihre Überlegung mit einbezogen haben.«
»Tja. Was ist zum Beispiel mit den seltsamen Ziffern, die mit Bleistift auf
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