Die Partie. Thriller (German Edition)
dem Ziel dreht er nach rechts ab.
Eva erwischt die Waffe beim zweiten Versuch. Sie richtet sich auf und streckt den Arm mit der Pistole aus. Unsicher macht sie einen Schritt zurück.
»Gut gemacht«, sagt Kimski. »Nimm die zweite Hand dazu, wenn du die Waffe hältst.«
»Steh auf«, sagt der Entführer.
Frank erhebt sich. Seine Augen leuchten im Grün von Kimskis Nachtsichtgerät wie die Pupillen einer Raubkatze. Die ausdruckslose Miene auf seinem Gesicht verzieht sich zu einem hässlichen Grinsen.
»So, du hast also die Knarre?« Er springt nach vorne in die Mitte des Raumes, die Arme hängen kampfbereit zu beiden Seiten an ihm herab. »Gib schon her, Kleines!«
»Keine Angst!«, ruft Kimski.
»Sie steht auf der anderen Seite des Raums!«, ruft der Entführer. Frank macht einen Schritt nach hinten, dann wirft er seinen Körper wieder nach vorne, den Kopf nach allen Seiten drehend.
Eva weicht erschrocken zurück, stößt an die Kiste, hinter der sie sich zuvor versteckt hat. Sofort schnellt Franks Kopf in ihre Richtung.
Mit kurzen Schritten pirscht er auf sie zu. Die Waffe in Evas Händen zittert auf und ab.
»Schieß!«, schreit Kimski.
»Nein, nein, das lassen wir mal schön bleiben«, zischt der Killer und streckt seine Pranken aus. »Ich kümmere mich schon um dich.«
»Schlag zu, Frank!«
Der Schuss kommt unvermittelt. Die Kugel durchbohrt Franks rechte Schulter, bleibt im Schulterblatt hängen. Er schreit kurz auf. Sein Körper dreht sich zur Seite. Er schlägt mit der linken Hand nach Evas Kopf. Er streift sie nur. Sein Hieb hat nicht genug Kraft. Er will nachsetzen, doch der Griff der Pistole donnert an seine Stirn. Er torkelt und klappt zur Seite.
»Oh, Mann«, keucht Kimski mit schwacher Stimme. »Du hast ihn k.o. geschlagen!«
Ein Schuss peitscht durch die Luft. Kimski sieht auf. Der Entführer hält den Revolver in Evas Richtung.
»Knapp!«, schreit er.
»Duck dich!«, ruft Kimski.
Ein weiterer Schuss. Dann ist es still.
Kimski blickt zu Eva. Sie kauert auf dem Boden. Kimski hebt seinen Kopf. Der Entführer wirkt verunsichert. Er dreht seinen Kopf nach links und dann nach rechts, um etwas zu hören.
»Hebe ganz leise die Pistole.«
Der Entführer reißt ebenfalls seinen Revolver hoch. Aber drückt nicht ab. Kimski sieht ihm an, dass er die Orientierung verloren hat.
»Noch ein paar Zentimeter höher, Eva ... stopp ... und jetzt ein Stück nach links.«
Der Entführer macht einen Schritt zur Seite.
»Drück ab!«
Eva schießt.
Ein kurzes Röcheln.
»Verdammt ...«
Der Entführer kracht zu Boden, fällt auf Kimskis Beine. Kimski muss die Zähne zusammenbeißen.
Eva tastet nach der Wand hinter ihr. Die Waffe fällt ihr aus der Hand. Erschöpft lässt sie sich zu Boden gleiten.
»Sie haben damit gerechnet ... dass ich zur Seite gehen würde.«
Die Atemzüge des Entführers sind lauter zu hören als die Worte, die er spricht. »Ich wusste ja ... dass Sie ein guter Schachspieler sind ...«
Vor der Tür hört man lautes Schreien. »Sofort den Zugriff starten!«, meint Kimski zu verstehen.
»Nun ... dann ist es wohl so«, sagt der Entführer. »Die Dame schlägt den König ... schachmatt.« Er keucht. Dann wird er still.
40
Eine halbe Minute später hört Kimski die Rotorengeräusche von zwei Helikoptern. Der Lärm kommt plötzlich und er wird schnell lauter. Es dauert nur wenige Sekunden, bis in den oberen Stockwerken Scheiben klirren und Balkontüren mit Minirammböcken eingerissen werden.
Im selben Moment wird die Tür des Haupteingangs mit einer Sprengladung aus den Angeln gehoben. Grelles Licht peitscht in Kimskis Gesicht. Er kneift die Augen zusammen. Als er sie wieder öffnet, stürmen Männer mit schusssicheren Westen und Titanhelmen durch die Gänge. Das Getrampel von schweren Stiefeln hallt durch den Turm, und Schreie, die Kimski nicht mehr verstehen kann.
Das Letzte, was er an diesem Tag wahrnimmt, sind zwei Sanitäter, die sich neben ihn beugen und aufgeregt in ihrem Koffer herumwühlen. Zwischen ihnen taucht Eva auf, wie ein Engel. Sie sieht ihn an. Ihr Blick verrät Entsetzen.
Kimski würde gerne etwas sagen, um sie zu beruhigen. Aber er hat keine Kraft. Er spürt seinen Mund nicht mehr. Deshalb weiß er auch nicht, dass er Eva anlächelt.
Schließlich verliert er das Bewusstsein.
41
Das Bett war nicht unbequem. Er konnte sich nicht beschweren. Sein Zimmer im städtischen Klinikum (inzwischen war jemand so freundlich gewesen und hatte ihm gesagt, wo
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