Die Party Queen von Manhattan - Roman
irgendwelchen Dekolletés herum, zumindest nicht vor klickenden Kameras, und das war die Hauptsache. Ich hatte vorher auf ihn eingeredet wie auf ein krankes Pferd, dass er als Gastgeber nur ja zu jedermann nett sein sollte, doch meine Ängste erwiesen sich als vollkommen unbegründet. Er lieferte von Anfang bis Ende eine perfekte Vorstellung ab. Machte die Runde bei sämtlichen Grüppchen, gab artig die Pfote, brachte sich mit weisem Nicken bei den Unternehmerfuzzis ein, gab den Bankern ein Schnäpschen und den Models ein Piccolöchen aus und verbreitete bei den Promis schulterklopfenden Charme à la Clinton. Ich beobachtete ihn, wie er
Männlein und Weiblein mit seinem lässigen Gang, seinem Lächeln und seinem scheinbar angeborenen Konversationstalent um den linken kleinen Finger wickelte: Schon klar, wieso die Klatschkolumnen ihm ständig auf den Fersen waren und sämtliche Frauen, an denen er Interesse bekundete, auf der Stelle dahinschmolzen. Er konnte parlieren, schäkern, zuhören und wirkte dabei so natürlich, dass sich, wo immer er auftauchte, die allgemeine Lautstärke wie von selbst um seinetwillen zu dämpfen schien. Er war das Licht, an dem sich alle wärmten, und ich schwirrte genauso darum herum wie sie, war auf eine verrückte Art und Weise ebenso davon angezogen.
Die einzige Beinahekatastrophe war, dass Samantha Ronsons Flug von London gestrichen wurde und wir damit ohne DJ dastanden. Allerdings nur ungefähr eine Sekunde: Genau dann kriegte ich nämlich eine Anfrage von Jake Gyllenhaals PR-Frau, ob wir ihn für den Abend nicht auf die VIP-Liste setzen könnten. Und nachdem ich kürzlich erst einen Artikel über Esgeht-auch-ohne-Profi-DJs gelesen hatte, griff ich zum Hörer und bat Jake sowie die anderen Promis, die fest zugesagt hatten, doch ihre ganz persönlichen iPods mitzubringen und nach Jay-Z’s Zwanzigminutenset je eine Stunde lang den DJ zu spielen. Es war ein beispielloser Erfolg. Die Schönen und Berühmten ließen sich nicht lumpen, legten alle Favoriten auf, die ihre iPods hergaben, so dass alsbald keiner der Anwesenden mehr im Unklaren über Jerry Seinfelds absolutes Lieblingstanzstück war. Alles andere lief perfekt. Kein Gezerr und Gezeter um die Geschenktüten, keine Tätlichkeiten vor der Tür - kaum etwas lenkte von der zentralen Botschaft ab, die da lautete: Wenn so viel junges, hippes, cooles Stadtvolk sich auf einer Party von BlackBerry einfindet, heißt das doch wohl, dass BlackBerry - richtig! - jung, hip und cool ist und du, egal, wer du bist und wo du was über diesen tollen Event gelesen hast, dir so ein Teil zulegen solltest, damit du auch dazugehörst.
Alles in allem war es ein Erfolg auf der ganzen Linie. Kelly
war happy, der Kunde begeistert (wiewohl leicht schockiert und am Folgetag schwer verkatert - offenbar war Mr. Kroner dergleichen fröhliches Dauerkampftrinken wie an jenem Abend nicht gewohnt), und die Fotofritzen hatten alle Promis, die unser Team ihnen zum Fraß vorwarf, bis zum Abwinken abgelichtet. Zu guter Letzt war der Abend auch nicht ganz folgenlos geblieben, was mein Liebesleben betraf.
Irgendwann brauchte ich eine Pause und verdrückte mich mit dem üblichen Vorwand, ich ginge bloß kurz eine rauchen. Draußen las Sammy schon wieder ein zerfleddertes Taschenbuch. Diesmal war es Empire Falls von Richard Russo.
»Und, ist es lustig da drin?«, fragte er und gab mir Feuer. Ich schützte die Flamme mit beiden Händen vor dem Wind. War es Liebe, Lust oder Lungenkrebs im Frühstadium, was mir durch die Brust fuhr, als unsere Finger sich berührten? Egal, jedenfalls für den Augenblick.
Und mit einem Mal war alles schön und gut. »Ja«, sagte ich lachend, »schockt mich ehrlich gesagt selbst. Hättest du mir vor ein paar Monaten erzählt, ich würde im Bungalow 8 eine Party mit Jay-Z als Hauptattraktion auf die Beine stellen, hätte ich dich vermutlich für verrückt erklärt. Obwohl ich meinen Bankjob immer megascheiße fand und mir gar nicht mehr vorstellen konnte, wie es ist, wenn man irgendwas richtig gut auf die Reihe bringen will.«
Er lächelte. »Anscheinend schlägst du dich sehr wacker. Du bist in aller Munde.«
»In aller Munde? Soll das ein Kompliment sein?«
Er wandte sich ein paar Mädchen zu und ließ sie nach einem Blick auf die Liste gnädig passieren. »Ach was. Du hast dir bloß das ganze Rambazamba heute Abend hier ausgedacht und in die Tat umgesetzt. Keine Ahnung, wann bei uns das letzte Mal eine Party so reibungslos über die
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