Die Party Queen von Manhattan - Roman
»Du tust doch mir einen Gefallen damit. Ich sag schnell meinem Onkel Bescheid, dass er die Schlüssel runterbringen soll.«
Will hatte sich bereit erklärt, mir seinen Lexus für das Wochenende zu leihen - allerdings erst, nachdem ich geschworen hatte, felsenfest bei der Story zu bleiben, die er zur Erklärung seines Nichterscheinens erfunden hatte. Und obwohl ich Sammy lediglich bei dessen Eltern abliefern sollte, bestand Will darauf, meinen Mitfahrer ebenfalls umfassend in Kenntnis zu setzen.
»Und du schwörst, dass du sämtliche Details im Kopf hast, Darling?«, fragte er nervös bei der Schlüsselübergabe in der Tiefgarage.
»Will, hör auf, mich zu nerven. Du weißt genau, dass ich dich nicht hängen lasse. Ich nehme das Übel allein auf mich. Wie immer.«
»So ist es brav. Gehen wir das Ganze noch einmal durch. Wenn sie dich fragt, wo ich bin, sagst du was?«
»Ich erkläre ihr schlicht, dass ihr zwei, du und Simon, die Vorstellung unerträglich fandet, ein komplettes Wochenende in einem Solarhaus zu verbringen, wo immer mitten unter dem Duschen das warme Wasser alle ist und die naturbelassenen, ungefärbten Laken kratzen wie noch mal was und alles irgendwie schmuddelig aussieht, weil beim Putzen keine chemischen Keulen zum Einsatz kommen, und deshalb habt ihr beschlossen, die diesjährige Ernte lieber in Key West von der euch kostenlos zur Verfügung gestellten Suite mit Strandblick aus zu bewundern. Ach ja, und außerdem findet ihr es stinklangweilig, wenn sich die Unterhaltung beim Abendessen ausschließlich um ökopolitische Fragen dreht. Na, alles so weit, so gut?« Ich strahlte ihn an.
Er warf Sammy einen hilfesuchenden Blick zu und hustete ein paarmal.
»Keine Sorge, Sir, Bette hat die Story intus«, beruhigte Sammy ihn, während er auf dem Beifahrersitz Platz nahm. »Simon wurde in letzter Minute gebeten, für einen erkrankten Musiker einzuspringen, und Sie wollten ihn über die Feiertage nicht allein lassen, sosehr Sie sich auch gefreut haben, alle wiederzusehen. Sie hätten ja selbst angerufen, aber Sie müssen ganz dringend den Beitrag für diesen Fiesling von Redakteur fertig schreiben und melden sich dann nächste Woche. Ich mache mit Bette unterwegs noch einen Probelauf.«
Will ließ den Schlüssel in meine Hand fallen. »Danke, Sammy. Und du, Bette, gibst schön Acht bei den Vorträgen über Selbstverwirklichung - Frauen sind zu allem imstande, na klar - und nimmst es mir ollem Schrumpfgreis nicht allzu übel, dass ich es mir am Pool mit einem Daiquiri und einem guten Buch gemütlich mache.«
Er hätte echt einen Tritt in den Hintern verdient, aber so wie er dastand und sich diebisch über seine gelungene Ausrede
freute, konnte ich nicht anders, als ihn zum Abschied zu umarmen. »Okay, aber dafür schuldest du mir wieder mal was.« Ich verstaute Millington samt Transportkorb auf dem Rücksitz und warf ihr einen Greenie zum Knabbern hinein, damit sie während der Fahrt Ruhe gab.
»Na, aber sicher doch, Darling. Ich bring dir eins von diesen kitschigen Fransenshirts mit, vielleicht auch ein, zwei Duftkerzen mit Kokosaroma. Abgemacht? Fahr schön vorsichtig. Oder auch nicht. Hauptsache, du rufst mich nicht an, wenn’s irgendwo brennt, jedenfalls nicht die nächsten drei Tage. Viel Spaß!«, rief er uns nach und hauchte dem Rückspiegel Luftküsse zu.
»Der gefällt mir«, sagte Sammy, während wir auf dem stark befahrenen West Side Highway dahinkrochen. »Wie ein kleiner Junge, der sich krank stellt, damit er nicht in die Schule muss.«
Ich schob Monster Ballads in den Sechsfach-CD-Wechsler und klickte mich zu »To Be with You« von Mr. Big durch. »Ja, er ist echt ein klasse Typ. Ganz ehrlich, ich wüsste nicht, was ich ohne ihn machen würde. Wenn ich heute normal bin, liegt das einzig und allein an ihm.«
»Was ist denn mit deinen Eltern?«
»Die sind in den Sechzigern stecken geblieben«, erwiderte ich, »und sie nehmen es bitterernst. Als ich mir mit dreizehn zum ersten Mal die Beine rasiert habe, hat meine Mutter angefangen zu weinen, weil sie Angst hatte, ich würde mich dem von männlichen Vorstellungen diktierten Schönheitsideal unterwerfen.«
Er lachte, streckte entspannt die Beine aus und faltete die Hände hinter dem Kopf. »Sag bitte nicht, dass sie dir speziell diese Übung wieder ausgeredet hat.«
»Nein... obwohl, damals schon. Ich habe erst im College wieder damit angefangen. Einmal haben sie hartnäckig behauptet, ich ganz allein sei für die Zerstörung eines
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