Die Party Queen von Manhattan - Roman
mir fehlen.«
Ich legte den Hörer behutsam auf und starrte ihn ein paar Minuten an, bis endlich die Tränen flossen. Sammy rief nicht zurück.
32
»Sagst du mir bitte noch mal, wie mein Leben eines Tages wieder schön und gut werden wird?«, fragte ich Penelope, die bei mir im Wohnzimmer hockte und Marie Claire las. Ich rekelte mich im Hausanzug auf der Couch; das tat ich nun schon seit fast dreieinhalb Monaten - und verspürte nicht das geringste Bedürfnis, mich je wieder in Büroklamotten zu schmeißen.
»Ach, Bette, Schätzchen, das wird schon wieder. Siehst doch, wie grandios es bei mir aufwärts geht!«, flötete sie sarkastisch.
»Was kommt denn heute Abend? Hast du dran gedacht, die letzte Folge von Desperate Housewives aufzunehmen?«, fragte ich lustlos.
Sie ließ das Magazin fallen und warf mir einen finsteren Blick zu. »Bette, die haben wir doch letzten Sonntag direkt gesehen. Wozu sollen wir sie dann noch aufnehmen?«
»Ich will sie eben noch mal sehen«, wimmerte ich. »Jetzt komm, es muss doch heute irgendwas halbwegs Anständiges laufen. Was ist mit dieser Pornodoku auf HBO? Haben wir die wenigstens gespeichert?«
Penelope seufzte nur.
»Und Real World ?« Ich stemmte mich hoch und tippte auf der Videofernbedienung herum. »Davon müssen wir doch wenigstens noch irgendeine lausige Folge haben, von mir aus auch eine alte. Gibt’s das denn, dass wir überhaupt keine Folge von Real World haben?« Ich war den Tränen nahe.
»Mein Gott, Bette, jetzt reiß dich mal ein bisschen zusammen. Das ist doch nicht mehr normal.«
Sie hatte natürlich völlig Recht. Mich in Selbstmitleid zu suhlen war mir mittlerweile zur lieben Gewohnheit geworden. Im Gegensatz zu meiner ersten beschäftigungslosen Phase gab es in dieser weder himmlisches Ausschlafen noch fröhliche Konsumtrips zum Süßwarenladen oder lange Streifzüge durch neue Viertel. Ich war weder drauf noch dran, einen neuen Job an Land zu ziehen, und hielt mich (mit knapper Not) durch ein paar Rechercheaufträge über Wasser, die Will und Konsorten mir freundlicherweise zuschanzten. Die erledigte ich vormittags, noch im Bademantel, auf der Couch, und fühlte mich damit hinreichend legitimiert, den Rest des Tages vor mich hin zu gammeln. Dass Penelope - die von rechts und links wegen in weit schlechterer Verfassung hätte sein müssen - von Tag zu Tag mehr auf die Beine kam, gab mir allmählich doch zu denken.
Seit unserem Telefonat am Morgen nach der Playboy- Party hatte ich nichts mehr von Sammy gehört - das war jetzt drei Monate, zwei Wochen und vier Tage her. Penelope hatte sich keine zwei Minuten nach ebenjenem Gespräch bei mir gemeldet und erklärt, sie sei »über alles im Bilde«. Avery hatte sie noch von der Party aus angerufen und ihr gestanden, er sei ganz entsetzlich betrunken gewesen und habe »versehentlich« irgendein Mädchen abgeküsst. Bei dem Anruf, am Morgen danach sozusagen, klang sie ziemlich angesäuert, fand aber immer noch irgendwelche Entschuldigungen für ihren Holden - bis ich mich schließlich dazu durchrang, ihr die ganze Wahrheit zu erzählen. Als sie ihn daraufhin zur Rede stellte, gab Avery zu, dass er schon seit geraumer Zeit ein Verhältnis mit Abby hatte und sie nicht die Erste war.
Daraufhin hatte Penelope die Haushälterin (das Verlobungsgeschenk von Averys Eltern an das glückliche Paar) ruhig und gemessen angewiesen, ihr Hab und Gut in Kisten und Kasten zu packen und zurück nach New York zu verfrachten. Hatte
im Weiteren zwei Last-Minute-Flüge erster Klasse über Averys Kreditkarte gebucht, sich mit der längsten und luxuriösesten Stretchlimo, deren sie habhaft werden konnte, zum Flughafen karren lassen und sich über zwei erstklassige Sitze verteilt mit Champagner voll laufen lassen. Ich hatte sie am JFK abgeholt und gleich weiter ins Black Door abgeschleppt, wo wir uns final die Kante gaben. Die ersten paar Wochen wohnte sie bei ihren Eltern, die, das muss man ihnen lassen, nicht ein einziges Mal mit dem Vorschlag kamen, sie solle ihm doch verzeihen oder es noch einmal versuchen; und als sie es zu Hause nicht mehr aushielt, wechselte sie zu mir auf die Couch.
Beide am Ende, beziehungsgeschädigt und ohne Job, waren wir das perfekte Paar: teilten uns das Bad, die Miete, viele, viele Weinflaschen und sahen uns gemeinsam Unmengen von Fernsehschrott der schlimmsten Sorte an. Alles so weit, so wunderbar, bis Penelope einen Job an Land gezogen hatte. Vergangene Woche war sie mit der Ankündigung
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