Die Party Queen von Manhattan - Roman
küsse dich von oben bis unten ab. Solltest du hingegen mit deinem
Anruf auch nur entfernt andeuten wollen, dass irgendetwas nicht in Ordnung ist - mit dir, mit mir oder allerschlimmstenfalls mit uns -, dann lass dir gesagt sein, dass ich momentan abartig viel um die Ohren habe.
»Doch, doch, natürlich. Was gibt’s?« Hach, wie lässig und sorgenfrei ich mich doch anhörte.
»Ich wollte bloß nachfragen, wie das gestern Abend eigentlich ausgegangen ist. Ich hab mir ziemliche Sorgen um dich gemacht, nachdem du da so einfach abgehauen bist.« Meine Einladung an ihn erwähnte er mit keinem Wort, aber die Anteilnahme, die in seiner Stimme mitschwang, machte das mehr als wieder wett. Dass er überhaupt Interesse zeigte, ließ mich losschwafeln, und einmal in Fahrt, war ich nicht mehr zu stoppen.
»Ich weiß, es war Scheiße, so mir nichts, dir nichts mittendrin das Handtuch zu werfen - echt kindisch und unprofessionell. Aber ich stand irgendwie total neben mir. Bin einfach weg. Und froh, dass ich’s gemacht habe. Weißt du denn, wie das gestern noch weiterging?«, erkundigte ich mich.
»Nicht so richtig, aber mal ganz ehrlich, Bette, ich fand die Leute da echt zum Kotzen. Warum hat dieser Knilch - Avery oder wie er noch mal hieß - sich so auf dich geschmissen? Was war da eigentlich los?«
Also erklärte ich ihm die ganze Chose von A bis Z. Wie ich Philip und Leo beim trauten Tête-à-Tête in Istanbul ertappt hatte. Dass Ellie in Wirklichkeit Abby war und wem sie ihre Informationen verdankte. Dass Elisa, die intrigante Informantin, mich zuletzt wohl zunehmend als Konkurrenz empfunden hatte und, wie ich wusste, auf Philip scharf war - aber dass sie so weit gehen würde?! Ich erzählte ihm von Penelope und Avery, wie sie sich kennen gelernt und schließlich verlobt hatten, und dass ich Avery bei der Playboy- Party in flagranti mit Abby erwischt hatte. Ich beichtete ihm, wie viele Abendessen und Einladungen zum Brunch mit Will und Simon ich abgesagt hatte, weil immer angeblich Wichtigeres angesagt war. Ließ ihn wissen,
dass ich auf keine einzige von Michaels Anfragen, ob wir uns nicht mal wieder auf einen Drink treffen könnten, reagiert hatte, weil ich mit Arbeit zugepackt war bis oben hin und nicht wusste, was ich sagen sollte. Meine Eltern, auch das teilte ich ihm mit, waren dermaßen am Boden zerstört, dass sie gar nicht mehr mit mir reden wollten, und wie es um meine beste Freundin stand, davon hatte ich ehrlich gesagt nicht die leiseste Ahnung. Und wo ich schon mal dabei war, entschuldigte ich mich auch noch für meine kläglichen Versuche, abzustreiten oder damit hinter dem Berg zu halten, dass wir etwas miteinander gehabt hatten - war das doch schließlich nichts, dessen ich mich schämen müsste, ganz im Gegenteil.
Er hörte zu, stellte ein paar Fragen, doch als ich über ihn selbst sprach, seufzte er nur. Kein gutes Zeichen. »Bette, ich weiß, dass es nicht darum geht, ob du dich wegen irgendwas schämen müsstest oder nicht. Wir waren uns doch beide einig, dass wir uns aus strategischen Gründen vorerst bedeckt halten. Geh nicht so hart mit dir ins Gericht. Du hast genau das Richtige getan. Ich bin derjenige, der um Verzeihung bitten sollte.«
Ich riss einen Beutel Chilichips auf und schüttete mir eine Ladung in die Hand. »Was soll das denn heißen? Du hast dich doch gestern Abend super geschlagen.«
»Ich hätte ihm die Fresse polieren sollen«, sagte er. »Ganz schlicht und einfach.«
»Wem? Avery?«
»Avery, Philip, wo ist da der Unterschied? Ich musste mich echt zusammenreißen, sonst hätte ich Mus aus ihm gemacht.«
Alles gut und schön, so wie er das hier vorbrachte, aber wieso regte sich nicht mal der Ansatz eines Schmetterlingsflügels in meinem Bauch? Weil er so furchtbar besorgt ja wohl nicht gewesen sein konnte, nachdem er sich mit seinem Anruf bei mir zehn Stunden Zeit gelassen hatte? Weil es ihm, nachdem er so gar kein Wort darüber verlor, mit uns offenbar doch nicht so rasend wichtig war? Vielleicht machte ich mir ja auch nur
Stress, weil mir nun die Arbeitslosigkeit drohte - allmählich dämmerte es mir, dass ich mich wohl nach einem neuen Job umsehen musste. Dass die Bankgeschichte nicht mein Ding war, hatte ich eigentlich immer gewusst, aber mir nach dem Ausflug in eine völlig andere - und unbestreitbar sehr viel aufregendere - Branche darüber klar zu werden, dass ich auch dafür nicht geschaffen war, setzte mir schon ziemlich zu. Als hätte er es geahnt, fragte Sammy, was
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