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Die Patin

Titel: Die Patin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kerstin Gier
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sagt, es ist sowieso alles nur eine Frage des Instinktes. Entweder man hat ihn, oder man hat ihn nicht.«
    »Ja«, sagte Anton und parkte den Wagen in meiner Einfahrt. »Da hat Trudi sicher Recht.« Trotz der Dunkelheit konnte ich sein umwerfendes Lächeln erkennen. »Aber vielleicht sollten wir doch warten, bis du das Haus wieder für dich hast?«
    Richtig, ich wohnte ja nicht allein hier. In fast allen Fenstern brannte noch Licht. Mimi und Trudi und die Katzen warteten drinnen auf mich. Und wer weiß, wer sonst noch alles.
    Wahrscheinlich war heute wieder nicht der richtige Abend, um Anton mein neues Neglige vorzuführen. Zu ihm konnten wir auch nicht, weil da Emily und ihr Babysitter warteten. Und morgen würde Anton schon mit Emily nach London fliegen.
    Ich seufzte.
    »Nächste Woche«, sagte Anton, als habe er meine Gedanken erraten. »Wenn ich aus England zurück bin. Wir werden uns alleZeit der Welt nehmen, um unsere Instinkte zu überprüfen. Und niemand wird uns dabei stören.«
    »Ja«, sagte ich. »Und vielleicht kann ich mir ja bis dahin noch den einen oder anderen Trick aneignen.«
    Anton schnallte sich ab, um mich besser in den Arm nehmen zu können. »Ich kann es kaum erwarten«, sagte er und küsste mich so gründlich wie noch nie zuvor. Was das Küssen anging, harmonierten unsere Instinkte auf jeden Fall schon mal ganz wunderbar. Und wenn ich nicht bei einem kurzen Luftholen das Katzenkörbchen auf der Fußmatte entdeckt hätte, wer weiß, wie es dann weitergegangen wäre.
    »Ach du Scheiße«, sagte Anton, als er das Katzenkörbchen sah.
    Darin saß Lieschen Müller, die Mutter all unserer kleinen Kätzchen. Und unter Lieschen Müller lag ein Zettel, der uns allen eine schlaflose Nacht bescherte.
     
    Liebe Mimi,
    es hat eine Weile gedauert, bis ich es verstanden hatte, aber du hast Recht: Keiner von uns kann einfach da weitermachen, wo er aufgehört hat. Ohne dich macht auch alles andere keinen Sinn für mich, weder die Arbeit noch das Leben in dieser Stadt. Da es mir offenbar nicht bestimmt ist, der Vater deiner Kinder zu sein, und du keine andere Verwendungfür mich hast, habe ich gekündigt und werde wahr machen, wovon wir geträumt haben, als wir jünger waren: Lebe wild und gefährlich und so weiter. Ich hoffe, ich habe, soweit das in der Eile ging, alles für dich geregelt und dir keine Probleme hinterlassen. Alle erforderlichen Vollmachten (zum Beispiel zum Verkauf des Hauses) liegen auf dem Schreibtisch. Du hast völlig freie Hand. Kümmere dichgut
    um Lieschen Müller und die Kleinen.
    Ein schönes, erfülltes Leben wünscht dir
    dein Ronnie.
     
    »Was soll das heißen?«, fragte Mimi, nachdem sie den Brief zum vierzehnten Mal gelesen hatte.
    »The person you have called is temporarily not available«, erklärte mir eine kühle Frauenstimme, ebenfalls zum vierzehnten Mal, als ich Ronnies Handynummer wählte.
    »Ich würde sagen, das ist glasklar«, sagte Trudi und tupfte sich mit einem Taschentuch ein paar Tränen ab. »Mein Beileid, Mimi. Er war wirklich ein feiner Kerl, dein Ronnie.«
    Mimi riss entsetzt ihre Augen auf.
    »Jetzt macht mal halblang, Mädels«, sagte Anton. »Wo sind die Hausschlüssel, Mimi?«
    Wir gingen alle hinüber ins Haus und durchsuchten es vom Keller bis zum Dachboden. Ronnie fanden wir nicht, weder tot noch lebendig. Mit ihm waren nur ein alter Koffer und ein paar Klamotten verschwunden.
    »Ach, das ist ja so romantisch«, schniefte Trudi. »Ohne Mimi macht nichts in Ronnies Leben mehr einen Sinn - ist das nicht wunderbar formuliert? Das ist echte Liebe, meine Freunde, so wie man sie nur einmal in jedem Jahrtausend erleben darf Höchstens. Peter würde sich niemals aus Liebeskummer umbringen, schon gar nicht meinetwegen. Schon damals im alten Ägypten neigte er nicht zu solch großen Gesten.«
    »Ronnie auch nicht«, schnauzte ich sie an. »Hör also auf zu heulen! Er ist nicht tot.«
    »Aber in dem Brief steht doch ganz klar ...«, sagte Trudi.
    »Da steht nur, dass er wild und gefährlich leben will«, sagte Anton und blätterte in den Vollmachten, die Ronnie auf den Schreibtisch gelegt hatte. »Was immer das heißt.« Anton hatte bei sich zu Hause angerufen und Emilys Babysitter gebeten, dort zu übernachten, da er nicht wisse, wann er nach Hause komme. Der Babysitter schien damit keinerlei Probleme zu haben. Wahrscheinlich passierte das nicht zum ersten Mal. »Wovon habt ihr geträumt, als ihr jung wart, Mimi?« Er räusperte sich. »Äh, als ihr jünger

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