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Die Patin

Titel: Die Patin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kerstin Gier
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ich Ihretwegen hier, Herr Klose.«
    Kevins Vater runzelte die Stirn. »Geht es um einen Wagen? Der Jaguar Ihres Freundes ist doch hoffentlich in Ordnung, oder? Ich hatte ihn schließlich generalüberholt.«
    »Nein, nein, mit dem Auto ist alles in bester Ordnung. Vielen Dank auch noch mal dafür, dass Sie ihn so prompt zurückgebracht hatten«, sagte ich. »Es geht gar nicht um einen Wagen. Es geht um einen Gefallen, den Sie mir tun können.«
    »Ihnen?«
    »Ja. Mir und meinen Freundinnen.« Ich schluckte. »Wissen Sie, wir haben fürchterlichen Ärger mit ein paar Typen, eine ganz miese Sorte Typen, die Sorte, die gerne Nasen bricht und überhaupt gerne und oft zuschlägt. Und ihren Mastino auf jeden hetzt, der nicht tut, was sie wollen, egal ob Mann, Frau oder Kind. Die Sorte Typen, die überhaupt gar nicht mit sich reden lässt.«
    »Verstehe.« Herr Klose wischte sich die Hände an einem verschmierten Handtuch ab. »Diese Sorte Typen also.«
    »Wir haben wirklich alles versucht«, sagte ich und sah Herrn Klose direkt in die grünen Augen. »Aber Kevin meint, diese Sorte Typen verstehen nur eine einzige Sprache, und das ist ihre eigene, und die sprechen wir nun mal nicht.«
    »Hm, hm«, machte Kevins Vater. »Und deshalb suchen Sie jemanden, der diese Sprache spricht, richtig?«
    Ich nickte. »Ja, und dabei sind Sie mir eingefallen. Und Ihre beiden Freunde mit den Sonnenbrillen. Und Hannibal und Lecter.« Ich sah Herrn Klose so flehend wie möglich an. »Sie sind die Einzigen, die uns helfen können. Bitte.«
    Und Herr Klose sagte: »Wenn Sie mich so nett bitten, kann ich wohl schlecht Nein sagen, oder?«
     
    *
     
    Bernhards Eck war genau die Sorte Kneipe, in die ich freiwillig nie einen Fuß setzen würde. Nicht etwa die Sorte, in denen sich zwielichtiges Gesindel herumtrieb, unbekleidete Mädchen auf dem Tresen tanzten und sich jeder zweite auf dem Klo eine Line reinpfiff sondern eine piefige, verräucherte Bude, in der bierbäuchigeKerle an der Theke über Fußball fachsimpelten, junge Typen ihr Arbeitslosengeld am Flipper verprassten, und Familien, bei denen alle den gleichen Trainingsanzug trugen, Jägerschnitzel mit Pommes aßen. Diese Sorte Kneipe hieß für gewöhnlich Op de Eck, Zum Laternchen, Im Stiefel oder Rolands Schänke, und außer der schleimigen Erbsensuppe wurde hier das ganze Essen in der Fritteuse zubereitet, auch die Brühwürstchen. Es gab Schnitzel mit sieben verschiedenen Fertigsoßen (einige davon mit zur Unkenntlichkeit verkochtem Gemüse oder Pilzen; darauf bezogen sich die Familienväter, wenn sie ihre Kinder aufforderten, »das Gesunde« mitzuessen) und Frikadellen, alles serviert mit Fritten, einem Salatblatt, einem Scheibchen Zitrone und einem Tomatenviertel (Letzteres war die Dekoration und wurde immer wieder verwendet, weil niemand auf die Idee kam, es aufzuessen). Dazu gab es Ketchup, wegen der Vitamine. Was anderes musste man gar nicht erst auf die Tageskarte schreiben, denn was anderes mochten die Gäste nicht. Die Tische waren aus Resopal, die Blumen aus Plastik und die Deckenverkleidung aus PVC-beschichtetem Styropor.
    Bernhards Eck bediente dieses Klischee bis in die allerletzte Einzelheit.
    Wanja und Pawel - das waren die richtigen Namen der beiden Armanis - zogen angewidert die Mundwinkel herab, als wir den gefliesten Eingangsbereich passierten. Mit ihren tadellosen Armani-Outfits passte sie zu Bernhards Eck wie Hummer zu Ketchup. Und auch ich sah nicht gerade aus wie die typische Kundschaft. Ich hatte ein schwarzes Etui-Kleid von Mimi an, das aus einem Film mit Audrey Hepburn hätte stammen können, ärmellos, knielang, hoch geschlossen, elegant und trotzdem wahnsinnig sexy. Dazu High Heels (meine eigenen) und eine riesige schwarze Sonnenbrille, die ich ebenfalls bei Mimi gefunden hatte.
    Herr Klose hingegen hatte sich angepasst: Er hatte den Blaumann gegen Shorts, Sandalen und ein zu enges T-Shirt eingetauscht. Jetzt konnte man sehen, dass er ein ganz ähnlichesGoldkettchen trug wie Bernhard, nur dass es bei ihm das Wort »Killer« bildete, korrekt geschrieben.
    »So nennt mich meine Frau«, sagte er, als er merkte, dass ich darauf starrte.
    »Aha«, sagte ich.
    Drinnen war es ziemlich dunkel, durch die grünlichen Butzenscheiben fiel kaum Licht in den Raum. Dafür war es hier angenehm kühl. Nur der Geruch nach abgestandenem Bier, kaltem Rauch und altem Frittierfett störte. Es war nicht viel los. Nur zwei Jungs standen am Flipper. An der Theke unterhielten sich zwei

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