Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Die Patin

Titel: Die Patin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kerstin Gier
Vom Netzwerk:
haben das Kind stundenlang allein gelassen«, sagte Anne. »Und sie kann nicht schwimmen.«
    »Deshalb war dat Dschoähn ja auch im Nichtschwimmerbecken«, sagte Bernhard. Er trug ein Goldkettchen, an dem mit goldenen Buchstaben das Wort »Tieger« hing, was immer das heißen sollte. »Und da sollte dat auch bleiben!«
    »Da ist dat ja auch geblieben«, sagte Anne. »Die Frage ist nur, wo waren Sie in der ganzen Zeit?«
    »Schon mal was von Körperpflege gehört?«, fragte Bernhard und musterte Anne von oben bis unten. »Sonnenbank - dat is sicher ein Fremdwort für eine wie Sie, wat? Ich frag mich aber, wat Sie sich da überhaupt einmischen! Kümmern Sie sich doch lieber um Ihre eigene Köttelkiste. Die ist so groß, da haben Sie genug mit zu tun, würde ich mal sagen.«
    Anne sah ihn begriffsstutzig an. »Was meinen Sie mit Köttelkis... - oh!« Sie griff sich empört an ihren Hintern.
    »Wir wollten sowieso gerade nach Hause«, sagte Joannes Mutter. »Fräulein, wir sprechen uns gleich noch! Komm, Tiger, wir holen die Sachen.«
    Joanne zog eine trotzige Schnute.
    Nelly stieß mich schon zum zweiten Mal in die Rippen und rollte merkwürdig mit ihren Augen. »Hä?«, fragte ich.
    »Sie haben Ihren Kindern gegenüber eine Aufsichtspflicht«, sagte Anne. »Sie können sie doch nicht stundenlang allein in einem Freibad herumlaufen lassen. Denken Sie nur mal an die Möglichkeiten, die sich einem Perversen hier auftun ...«
    Bernhard stieß ein keckerndes Lachen aus. »Hehehehe! Ich sehe hier nur einen Perversen, und dat ist der Badeanzug, den Sie sich über Ihre Köttelkiste gezogen haben. Ist der noch von Ihrer Omma, oder gibt es in Ihrer Größe nichts Schickes?«
    Anne stemmte empört ihre Hände in die Taille, aber offensichtlich fehlte es ihr an Worten.
    »Tiger, komm doch«, sagte Bianca. »Lass gut sein.«
    Nelly rollte mit ihren Augen von Bernhard und Bianca hinüber zu den Saunaanlagen und wieder zurück.
    »Was denn?«, fragte ich unwillig.
    »Jetzt spiel hier nicht schon wieder die Diva, Fräulein!« Joannes Mutter versuchte, nach Joannes Hand zu greifen, die sie hinter dem Rücken verschränkt hatte. »Keine Fisimatenten heute, oder die Barbie bleibt für immer im Schrank!«
    Wieder stieß Nelly mich in die Rippen. Offensichtlich wollte sie, dass ich auch mal was sagte.
    Ich räusperte mich. »Wir würden natürlich nicht im Traum auf die Idee kommen, uns in Ihre Angelegenheiten zu mischen«, sagte ich mit meiner James-Bond-Stimme. »Aber wir sind vom Jugendamt, da hat man auch in seiner Freizeit die Augen offen. Und was wir gerade gesehen haben, sieht mir doch verdächtig nach Kindesvernachlässigung aus. Der Name war Reiter, nicht wahr? Ich werde da gleich morgen mal in unserer Kartei nachschauen.«
    »Ach, wollen Sie mir vielleicht jetzt noch drohen, Sie Jugendamt-Tussi? Dat haben schon ganz andere versucht«, sagte Bernhard und baute sich vor mir auf Er reichte mir ungefähr bis zum Hals.
    Ich bemühte mich um einen herablassenden Blick. »Und die Sache mit dem Hund und der Babyborn-Puppe hört sich gar nicht gut an, würde ich sagen.«
    »Wat hast du gesagt?«, fragte Bernhard. Er war unvermittelt zum Du übergegangen, vielleicht, weil er so nahe vor mir stand, dass kein Blatt Papier mehr zwischen uns gepasst hätte.
    »Komm jetzt, Tiger«, sagte Bianca. Sie hatte Joanne im Nacken gepackt wie ein ungezogenes Kätzchen. »Das ist doch zwecklos, mit denen zu diskutieren.«
    »Ich lass mich aber doch nicht von so einer einschüchtern«, sagte Bernhard und sah zu mir hinauf Jetzt wusste ich, was Joanne gemeint hatte: Bernhard guckte wirklich sehr gemein. »Wenn du uns irgendwelchen Ärger machst, dann mache ich dir auch welchen, ist das klar? So funktioniert das in Bernhards Welt.«
    »Das wird sich noch herausstellen, wer hier wem Ärger macht«, sagte ich von oben herab. War der Zwerg blöd, oderwas? Legte sich mit einer Mitarbeiterin des Jugendamtes an, der Volltrottel! Wusste er nicht, dass ich am längeren Hebel saß? Ich brauchte nur mit meinen Vorgesetzten zu reden, und außerdem hatten wir gute Beziehungen zum Sozialamt und zur Gewerbeaufsicht, da würden wir doch mal sehen, ob wir Bernhard nicht das Leben ein bisschen schwerer machen konnten ... Aber unter Bernhards gemeinem Blick fiel mir wieder ein, dass ich ja leider gar nicht beim Jugendamt arbeitete, und jegliche Zivilcourage fiel von mir ab. Ich schluckte.
    Bernhard sah es mit Genugtuung.
    »Ja, krieg du ruhig Muffensausen«, sagte er und

Weitere Kostenlose Bücher