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Die Patin

Titel: Die Patin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kerstin Gier
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keine Ahnung, warum. Dann hat das Heim angerufen: Mein Vater ist ins Krankenhaus gekommen. Sein Herz verträgt die Hitze nicht. Ich war bei ihm, aber er hat die ganze Zeit Frau Juschenkow zu mir gesagt. Wer immer das ist.« Annes Vater litt seit vielen Jahren an Alzheimer. Es musste schlimm sein, seine eigenen Kinder nicht mehr zu kennen. Am schlimmsten für die Kinder. »Können wir bitte nach draußen gehen? Ich möchte mich gerne in deine Hängematte legen. Nur für eine Viertelstunde.«
    »Krieg aber keinen Schreck, bitte. Nelly hat Besuch von Kevin Kampfhund Klose«, sagte ich. »Allerdings ohne die Hunde.«
    »Dann ist es mir egal«, sagte Anne. Sie sagte aber trotzdem »Hallo du kleine Ratte« zu Kevin, bevor sie ihre Schuhe abstreifte und sich in die Hängematte plumpsen ließ. Kevin murmelte etwas, das wie »Hallo, Frau ohne Hose« klang, aber ich war mirnicht ganz sicher. Vielleicht hatte er auch nur ganz brav »Hallo, ich bin der Kevin Klose« gesagt.
    Mein Blick fiel auf Annes müde, nackte Füße, und plötzlich wusste ich, warum der Assistenzarzt so gelacht hatte. Auf ihren Zehennägeln kräuselten sich ungelogen dicke braune Haarlocken. Ich starrte eine Weile ratlos darauf dann lachte ich ebenfalls los.
    »Was ist denn?«, fragte Anne unwillig.
    »Kann es sein, dass du dir gestern das Schamhaar gestutzt hast, Frodo Beutlin?«, brachte ich zwischen zwei Lachsalven hervor.
    »Ja, woher weißt du das?«, fragte Anne. »Kann man das sehen? Ich schnipsele da von Zeit zu Zeit mit der Nagelschere dran rum, sonst könnte ich Zöpfchen daraus flechten.«
    Ich hielt mir vor Lachen den Bauch. »Und hast du dir zufällig gleichzeitig die Zehennägel lackiert?«
    »Ja«, sagte Anne. »Rouge absolut. Schön, oder?« Sie hielt einen Fuß in die Luft. »Oh, nein, Scheiße! Was ist denn das?«
    »Das ist Schamhaar absolut! «Ich lachte, bis ich nicht mehr konnte. »Das nächste Mal solltest du wirklich warten, bis der Lack trocken ist.«
    Ich holte Anne meinen Nagellackentferner aus dem Badezimmer und versprach, dass die Sache unter uns bleiben würde. Aber in Wahrheit erzielte ich in den folgenden Wochen eine Menge Lacherfolge mit der Geschichte. Es gibt Dinge, die kann man einfach nicht für sich behalten.
    Trotz des eisgekühlten Punsches schwitzten wir alle erbärmlich. Es ging nicht der leiseste Lufthauch. Das Wasser im Planschbecken hatte auch längst über dreißig Grad. Allmählich versiegten sogar die Gespräche. Nicht mal Oma Bauer, das Eichhörnchen, ließ sich blicken.
    Baby Samantha konnte nicht schlafen. Sie fing an zu quengeln.
    »Ihr ist auch heiß«, sagte ich. »Sollen wir nicht alle zusammen ins Freibad gehen? Ich lade euch ein. Das Referat könnt ihr ein andermal machen. Ihr habt noch die ganzen Ferien Zeit.«
    Natürlich waren wir nicht die Einzigen, die auf die Idee mit dem Freibad gekommen waren, aber es war auch noch nicht so überfüllt, wie ich befürchtet hatte. Anne, Julius, Jasper und ich nahmen Baby Samantha mit ins Nichtschwimmerbecken, während sich Kevin und Nelly zum großen Becken begaben. Kevin wollte Nelly zeigen, dass er einen Köpper vom Fünfmeterbrett machen konnte, und Nelly verdrehte die Augen und sagte: »Was ist denn da schon dabei? Das kann ich auch.«
    Wie bitte? Seit wann das denn?
    »Ich fürchte, Nelly hat meine Rettungsschwimmer-Gene geerbt«, sagte ich. »Und meine Spontane-Lügen-die-einen-in-Teufelsküche-bringen-Gene.«
    »Du bist Rettungsschwimmerin?«, fragte Anne. »Deshalb auch die athletische Figur.«
    Ich stöhnte nur.
    Samantha fand das Wasser zum Quieken toll und klammerte sich an mir fest. Julius und Jasper paddelten mit ihren Schwimmflügeln um uns herum.
    »Ich hatte beinahe vergessen, wie süß sich so ein nacktes Baby auf dem Arm anfühlt«, sagte ich zu Anne. »Willst du sie mal halten?«
    »Nein, danke.« Anne hatte die Augen geschlossen. »Allmählich geht es mir wieder besser. Zumindest körperlich. Eigentlich müsste ich in Kur fahren, wirklich. Ich habe mehr Sorgen, als ein einzelner Mensch ertragen kann. Mein Vater ist im Krankenhaus, Hansjürgen vögelt seine Praktikantin und ...«
    »Ist das nicht Joanne?«, unterbrach ich sie. Am Beckenrand saß ein kleines Mädchen im rosa geblümten Badeanzug und baumelte mit den Beinen.
    Anne schlug die Augen auf »Ja, das ist sie. Hey, Joanne, kennst du uns noch?«
    »Sie sind die mit der halben Hose«, sagte Joanne. Hervorragendes Gedächtnis.
    »Bist du mit deinem Papa hier?«
    Joanne schüttelte den

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