Die Paulis in Tatukaland (German Edition)
nicht mal durch die Nase rülpsen konnte. Dann kam eine Frau, die drei Pudel dabeihatte. Die Hunde führten ulkige Kunststücke vor und Flummi lachte aus vollem Hals. Und dann kam tatsächlich eine Seiltänzerin. Flummi war begeistert. Seit einem Jahr studierte sie im Garten auf einem Seil, das ihre Mutter knapp über Bodenhöhe gespannt hatte, Kunststücke ein. Sie freute sich riesig darauf, eine echte Seiltänzerin zu sehen und sich den ein oder anderen Kniff von ihr abschauen zu können.
Doch schon nach der ersten Minute war klar, dass Flummi nicht beeindruckt sein würde. Was die Seiltänzerin darbot, war ziemlich läppisch. Sie hatte ein hübsches Kleid an und hielt einen bunten Sonnenschirm mit lustigen Bommeln in der Hand, den sie wild herumschwenkte, während sie auf dem Seil balancierte. Das sah zugegebenermaßen ziemlich drollig aus, obwohl sie den Schirm eigentlich dazu benutzte, ihr Gleichgewicht zu halten. Das Publikum klatschte nur halbherzig und die Kinder rutschten gelangweilt auf ihren Plätzen hin und her. Da beschloss Flummi, der armen Frau zu helfen.
»Hallo!«, rief sie laut, als sie aufsprang und auf das Seil zulief. Die Seiltänzerin bekam einen solchen Schreck, dass sie ins Schwanken geriet und vom Seil stolperte.
»Du musst das mehr aus der Hüfte machen«, sagte Flummi und hopste auf die kleine Trittleiter. Ehe sichs die Artistin und das Publikum versahen, stand Flummi auch schon auf dem Seil.
»O mein Gott!«, rief Arne. »Was machen wir denn jetzt?«
Iris war völlig entspannt und zuckte mit den Achseln. Sie hatte sich längst daran gewöhnt, dass Flummi und ihre Geschwister verrückte Dinge anstellten.
»Abwarten«, sagte sie. »Und mal ganz ehrlich: Die Seiltänzerin war echt schlecht. Flummi macht das bestimmt besser.«
Arne schaute Iris erstaunt an.
Das Publikum rief laut »Ooooh!« und »Aaaah!«, als Flummi auf dem Seil einen Sprung machte. Einige Zuschauer fragten sich bestimmt, ob Flummi wirklich ein verrücktes kleines Mädchen war, das der Seiltänzerin, die schmollend auf dem Boden stand, die Show stahl. Oder ob dieses quirlige Kind nicht womöglich ein Bestandteil des Zirkusprogramms war.
Flummi verbeugte sich, was sehr schwer ist, während man auf einem Seil steht, und wand sich dann der beleidigten Seiltänzerin zu.
»Du musst das so mit der Hüfte machen, so wobbeldiwobbel«, erklärte sie hilfsbereit und schwenkte die Hüfte wie ein alter Rock-and-Roll-Sänger. Das Publikum lachte. Die Seiltänzerin, die es unmöglich fand, dass ein kleines Mädchen ihr etwas erklären wollte, und die absolut keine Lust hatte, wobbeldiwobbel zu machen, ging zum Rand der Manege, wo zwei Angestellte des Freizeitparks standen und nicht so recht wussten, was sie tun sollten.
»Holt das kleine Biest da runter«, zischte die Seiltänzerin.
»Wieso?«, fragte einer der Angestellten.
»Ja, die macht das doch gut«, sagte der andere.
Die Seiltänzerin stapfte wütend aus dem Zelt.
»He!«, rief Flummi ihr nach. »Wo gehst du denn hin? Ich wollte dir doch erklären, wie man das richtig macht!«
Das Publikum lachte.
Lea und Dennis applaudierten, weil sie es einfach herrlich fanden, wie ihre kleine Schwester sich einfach mal kurz entschlossen zum Star der Show machte.
Flummi zuckte mit den Schultern und sagte: »Na, dann zeig ich es euch mal. Okay?«
Das Publikum klatschte laut und begeistert.
Und dann turnte und wirbelte, hopste und baumelte Flummi auf dem Seil herum. Fünf Minuten lang erstaunte sie das Publikum, bis sie schließlich mit einem großen Satz vom Seil sprang und sich in alle Richtungen verbeugte. Der größte Applaus, den dieses Zirkuszelt je erlebt hatte, brandete auf.
Dennis und Lea lachten und klatschten, ebenso wie Iris und Arne.
Flummi strahlte zufrieden und wollte gerade zurück auf ihren Platz gehen, als sie plötzlich eine Stimme hörte, die ihr nur zu bekannt war.
»Huhu, lustiges kleines Mädchen!«, rief eine Frau.
Flummi drehte sich entsetzt in die Richtung, aus der die Stimme kam. Auch Dennis und Lea erkannten diese ganz spezielle Stimme sofort und bekamen schreckensgeweitete Augen. Und richtig: Da stand, mitten in der Manege, als wäre sie aus dem Nichts aufgetaucht, eine der Kimono-Drillzwillinge!
Es war eine der drei absolut identisch aussehenden Frauen, die ihnen vor einem halben Jahr den ganzen Tante-Heidrun-Schlamassel eingebrockt hatten. Die Frauen waren auf den ersten Blick einfach nur ulkig, redeten und machten merkwürdiges Zeug – aber
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