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Die Pellinor Saga Bd. 1 - Die Gabe

Die Pellinor Saga Bd. 1 - Die Gabe

Titel: Die Pellinor Saga Bd. 1 - Die Gabe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alison Croggon
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»Wir müssen behutsam vorgehen. Wenn Nelac, Cadvan und ich einen Fall vortragen, wird man das als Streben Nelacs nach Macht betrachten.«
    »Wieso?«, fragte Maerad verwirrt.
    »Weil Nelac unser beider Lehrer war, als wir noch junge Barden waren«, erwiderte Saliman. »Daher sieht man uns auf seiner Seite. Dann ist da noch der Umstand, dass es die Ausersehene ist, nicht der Ausersehene. Enkir wird das als unmittelbaren Angriff gegen ihn auffassen. Und für einige wird das reichen, um das, was wir vorbringen, samt und sonders zu verwerfen.«
    »Aber ist es dafür nicht zu wichtig?«, hakte Maerad nach.
    Cadvan seufzte ungeduldig. »Wie ich diese Politik hasse!«, rief er aus. »Du, mein Freund«, sagte Saliman und deutete mit dem Brotstück auf Cadvan, »hast dich nie auf Politik verstanden. Das ist dein Hauptproblem. Ich hingegen stamme aus dem Süden, wo Politik als Kunst gilt. Es wäre besser, Nelac, wenn ein anderer Barde unser Gesuch vorträgt.«
    »Daran habe ich auch schon gedacht«, meinte Nelac. »Aber ich wage nicht, Maerad jemandem aus dem Zirkel gegenüber zu erwähnen. Caragal vielleicht, aber auch bei ihm bin ich nicht sicher, was er dazu sagen würde. Und bei keinem kann ich mir seiner Verschwiegenheit gewiss sein. Wahrscheinlich würde es sofort überall bekannt und als Unfug abgetan, bevor wir überhaupt beim Rat eintreffen. Wir müssen unser Anliegen vollständig und umfassend, unbefleckt von Gerüchten, dem gesamten Zirkel vortragen. Das ist unsere einzige Möglichkeit.«
    Eine Weile saßen alle nachdenklich schweigend da.
    Cadvan nickte. »Na schön, ich stimme dem zu«, sagte er. »Das Wichtigste ist im Augenblick Maerads Einführung. Auf morgen!« Damit hob er das Glas, und der Rest der Anwesenden tat es ihm gleich.
    Allerdings hob Maerad ihr Glas langsamer als die anderen. Ihr wurde beim Gedanken an den Rat regelrecht übel vor Besorgnis. Morgen würde sich ihr Schicksal entscheiden, und sie fühlte sich ganz und gar nicht bereit dafür.

Kapitel zweiundzwanzig

Der Oberste Zirkel von Norloch

    Hem war den ganzen nächsten Vormittag beschäftigt. Nach dem Frühstück sah Maerad ihn gar nicht mehr. Saliman nahm sich seiner an. »Ein Bad, ein Haarschnitt und ein paar ordentliche Kleider, dann wird er nicht mehr wiederzuerkennen sein«, murmelte Saliman, während sie frühstückten.
    »Ihr nehmt Euch sein Wohlergehen sehr zu Herzen«, meinte Maerad lächelnd. »Ja, das ist wahr«, bestätigte Saliman plötzlich ernst. »Ich mag deinen Hem, auch wenn er ein kleines Äffchen ist. Er wird eines Tages ein guter Barde, wenn er die richtigen Dinge lernt. Und damit kann er ruhig gleich anfangen.«
    Während sie auf die Einberufung des Rates wartete, die zur Mittnachmittagsglocke anberaumt war, wurde Maerad immer aufgeregter. Sie hatte nichts zu tun: Hem, Saliman, Cadvan und Nelac waren allesamt unterwegs. So schlenderte sie durch den Ersten Kreis, stellte jedoch fest, dass sie außerstande war, ihre Umgebung in sich aufzunehmen. Sie spazierte zur Bibliothek, fühlte sich jedoch von den strengen Blicken der Bibliothekare zu eingeschüchtert, um sich richtig umzusehen; außerdem beschwor der Ort Erinnerungen an Dernhil herauf, die ihre bereits chaotischen Gefühle noch weiter durcheinanderbrachten. Brin, Nelacs Hausmeister, brachte ihr das Mittagessen aufs Zimmer, da immer noch keiner der anderen zurückgekehrt war. Danach versuchte sie, in einigen der Bücher in ihrer Kammer zu lesen, konnte sich jedoch überhaupt nicht konzentrieren. Eine halbe Stunde vor dem Rat befand sie sich in einem Zustand, in dem es ihr kaum noch möglich war zu sprechen.
    Cadvan hatte ihr nahegelegt, sich förmlich zu kleiden und sowohl ihr Schwert als auch die Brosche zu tragen. Allein in ihrem Zimmer legte sie das lange, scharlachrote Kleid an und band sich das Haar zu einem Zopf zurück. Als sie sich Irigan umgürten wollte, fiel ihr die Waffe zu Boden. Das Scheppern ließ sie zusammenzucken. Als schließlich Cadvan an ihre Tür klopfte, gekleidet in Schwarz und Silber und mit dem Schwert an der Seite, warf er einen Blick auf ihr bleiches Gesicht und ergriff ihre Hand.
    »Maerad, selbst wenn wir bei diesem Rat nichts erreichen, ist das kein Versagen deinerseits«, sagte er. »Merk dir das! Nicht alles hängt am Obersten Zirkel!« Maerad lächelte zur Antwort matt. Cadvan betrachtete sie etwas eingehender. »Es sind nur Barden«, meinte er mit sanfter Stimme. »Warum so verängstigt? Du hattest doch schon zuvor mit Barden zu

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