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Die Pellinor Saga Bd. 1 - Die Gabe

Die Pellinor Saga Bd. 1 - Die Gabe

Titel: Die Pellinor Saga Bd. 1 - Die Gabe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alison Croggon
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der Hand über die Stirn und lehnte sich an die Stallwand.
    »Er hat Euch nicht gesehen«, stellte sie verdutzt fest, während sie stetig weitermolk, um ihr Erstaunen zu verbergen.
    »Nein, aber das ist nichts Besonderes …« , meinte er fast beiläufig. »Bloß ein Trugbann. Viel bemerkenswerter ist, dass du mich gesehen hast.« Wieder musterte er sie mit jenem forschenden, beunruhigenden Blick. Plötzlich fühlte sie sich verlegen, beinahe so, als wäre sie nackt. Sie wandte das Gesicht ab. Erst spürte sie noch seine Augen, dann eine Art Erlösung, als er wegschaute. Unwillkürlich schüttelte sie sich. Sie hörte, wie er sich bewegte und Platz nahm.
    »Ich wünschte, ich wäre nicht so müde«, meinte er schließlich, dann fragte er: »Du bist nicht als Sklavin geboren?«
    »Meine Mutter war keine Sklavin«, antwortete Maerad zögernd, beinahe als spräche sie gegen ihren Willen. »Gilman hat sie hergebracht und hier behalten, als ich noch sehr klein war. Ich denke, er wollte Lösegeld für sie fordern, nur kam niemand, um sie auszulösen.« Kurz setzte sie ab, dann fügte sie mit tonloser Stimme hinzu: »Und dann starb sie.« Mit einem Anflug von Wut wand sie sich in seine Richtung herum. »Was geht Euch das an?«, verlangte sie zu erfahren. »Wie kommt Ihr überhaupt hierher?« Der Fremde zeigte sich ungerührt und hielt ihrem Blick gelassen stand. »Wie war der Name deiner Mutter?«
    »Milana. Milana von Pellinor, Sängerin mit der Gabe, Tochter des Ersten Kreises. Mein Vater …« Sie hörte zu melken auf und fuhr sich vor Verblüffung jäh mit den Händen an den Mund. »Oh!«
    »Ganz recht«, sagte Cadvan.
    »Ich meine, sie hieß wirklich Milana, aber das ist alles, woran ich mich erinnere …« Verwirrt verstummte Maerad. »Sie … sie starb, als ich sieben Jahre alt war… Über… über den Rest weiß ich überhaupt nichts. Habt Ihr mich das sagen lassen?« »Lassen? Nein, ich kann dich gar nichts sagen lassen. Ich habe dich nur gefragt, und die Türen deines Geistes schwangen auf. In jener Schatzkammer befindet sich mehr, als den meisten Menschen bewusst ist. Die Schule von Pellinor«, sagte er wie zu sich selbst. »Sie wurde zerstört, vor vielen Jahren schon. Es hieß, alle wären getötet worden.« Er verstummte, und Maerad molk erschüttert weiter. Wovon redete dieser Mann? Wollte er sie verwirren, wie es wilde Geister angeblich taten? Ihre Sinne benebeln, ehe er die Falle zuschnappen ließ? Aber er wirkte nicht bösartig. »Mit welchem Recht kommt Ihr hierher und sagt… sagt solche Dinge? Ich… ich könnte die Männer des Barons rufen …« Stockend verstummte sie. Aus unerfindlichem Grund wusste sie, dass sie die Wachen nicht rufen würde. Der Fremde vergrub das Gesicht in den Händen und erwiderte nichts. Maerad betrachtete ihn wütend. Sie beendete das Melken der Kuh, befreite das Tier und holte das nächste. Cadvan saß reglos in unveränderter Haltung da.
    »Wenn du aus Pellinor stammst, kannst du hier nicht bleiben«, erklärte er schließlich. Mit einem Anflug unbändiger Hoffnung schaute Maerad zu dem Fremden. Sollte das bedeuten, dass er eine Möglichkeit kannte, sie zu befreien? Aber niemand konnte aus der Feste entkommen…
    Er blickte zu ihr auf. »Könntest du - vielleicht - ein wenig Milch erübrigen?« Wortlos reichte sie ihm den Eimer. Nach einem ausgiebigen Schluck wischte er sich den Mund ab und lächelte. »Gesegnet seist du, samt deiner Familie«, sprach er. Maerad nickte ungeduldig und verdrängte seine Höflichkeit. »Kommst du noch mal in den Kuhstall?«, fragte er. »Heute, meine ich.«
    Argwöhnisch musterte sie seine Züge. »Ja, ich bin heute hier eingeteilt«, antwortete sie schließlich. »Am Abend melke ich noch einmal. Warum?«
    »Gut.« Er streckte sich aus und gähnte. »Ich werde jetzt schlafen. Wir unterhalten uns später weiter, wenn ich nicht mehr so müde bin.«
    Damit legte er sich aufs Heu und schlief fast sofort ein. Maerad blickte auf ihn hinab und überlegte, ob sie ihn wachrütteln sollte, damit er ihre Fragen beantwortete, oder ob sie nicht doch die Wachen rufen sollte. Doch aus Gründen, die sie nicht nachzuvollziehen vermochte, tat sie weder das eine noch das andere. Stattdessen molk sie fertig und ließ ihn liegen.
    Für die Verspätung setzte es Prügel.
    An jenem Tag war Maerad so geistesabwesend, dass sie nur mit Glück einer zweiten Tracht Prügel entging. Beim Verrichten ihrer Aufgaben auf dem Milchhof, beim Buttern oder beim Ansetzen der

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