Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Pellinor Saga Bd. 1 - Die Gabe

Die Pellinor Saga Bd. 1 - Die Gabe

Titel: Die Pellinor Saga Bd. 1 - Die Gabe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alison Croggon
Vom Netzwerk:
Tage deinen Unterricht bewältigst, so gut du kannst. Und lass dich von irgendwelchen böswilligen Bemerkungen dabei nicht aus der Ruhe bringen. Ich glaube, dass du begabt bist; das hat Dernhil mir in unzweifelhaften Tönen mitgeteilt, und Indik findet es auch, obwohl er es dir nie sagen würde. Ich muss an den Ratssitzungen teilnehmen; je mehr Neuigkeiten ich erfahre, umso besser, besonders, wenn wir auf verborgenen Pfaden reisen. Ich werde nicht abreisen, bevor die Besprechungen vorüber sind. Würden wir schon vorher aufbrechen, wäre Geheimhaltung unmöglich. Also vertrau mir vorerst einfach; die Dinge werden klarer werden, sobald wir diesen Ort verlassen. Glaub nicht, ich hätte dich plötzlich aufgegeben!«
    »Na schön. Das Lernen macht ohnehin Spaß«, gab Maerad zurück. Sie sah Cadvan unmittelbar an. »Ich wünschte nur, ich wüsste, was wirklich vor sich geht. Es gibt so vieles, was ich noch nicht weiß, und all die Aufregung dreht sich um mich; das erscheint mir so sonderbar. «
    »Ich werde es dir sagen, oder zumindest so viel, wie ich weiß«, erwiderte Cadvan. »Tut mir leid wegen dieses heillosen Durcheinanders und all der Hast. Wir brauchen Zeit, denn nur die Hälfte zu erzählen, wäre gleich viel wert, wie dir gar nichts zu sagen. Unterwegs werden wir reichlich Gelegenheit dafür haben.«
    Eine kurze Stille folgte. »Letzte Nacht hatte ich einen sonderbaren Traum«, eröffnete Maerad ihm unvermittelt. »Ich musste den ganzen Tag daran denken.« Cadvan lehnte sich zurück und starrte in den Himmel. »Wir alle haben bisweilen seltsame Träume«, meinte er.
    »Ja, aber dieser Traum war … er war merkwürdig, Cadvan, anders als jeder Traum, den ich bisher hatte. Er fühlte sich … fühlte sich …« Maerad vollführte eine hilflose Geste und verstummte.
    »Also, worum ging es darin?« Cadvan setzte sich auf und betrachtete sie aufmerksam. Langsam, weil sie versuchte, die richtigen Worte zu finden, schilderte Maerad ihm ihren Traum. Je länger sie sprach, desto stiller wurde Cadvan, und er lauschte ihr zunehmend gespannter. Nachdem sie geendet hatte, schwieg er eine Weile. »Was wünschte ich, du würdest die Hohe Sprache beherrschen!«, rief er schließlich aus. »Die Worte, die du gehört, aber nicht verstanden hast, müssen in der Hohen Sprache gewesen sein. Zumindest halte ich das für wahrscheinlich.«
    »Was denkt Ihr darüber?«, fragte Maerad neugierig.
    »Träume sind eigenartige Boten, Maerad«, antwortete Cadvan. »Manche meinen, sie kommen von jenseits der Tore, einem Ort, wo alles bekannt ist, was war, was ist und was sein wird, denn dort gibt es keine Zeit. Aber wir alle haben verschiedene Arten von Träumen, und sie werden uns aus unterschiedlichen Gründen zuteil.« »Wofür haltet Ihr den meinen?«
    Cadvan zögerte. »Ich bin nicht sicher, aber ich denke, es war ein Zukunftstraum, ein Traum, der zeigt, was kommen wird.«
    Maerad schauderte. »Das hoffe ich nicht«, sagte sie. »Er war entsetzlich. Aber warum sollte ich einen Zukunftstraum haben? Einen solchen Traum hatte ich noch nie.«
    »Das ist eine Gabe mancher Barden. Allerdings nicht vieler. Obwohl eine beachtliche Anzahl von Barden aus Pellinor Zukunftsträumer und Seher waren. Lanorgil von Pellinor war der wahrscheinlich berühmteste, aber es gab noch einige andere.« »Habt Ihr Zukunftsträume?«
    »Nein«, erwiderte Cadvan. »Wenngleich ich, so wie alle Barden, ein gewisses Maß an Voraussicht besitze. Aber es kann gefährlich sein, die Rätsel von Zukunftsträumen zu entschlüsseln; es kursieren zahlreiche Geschichten über jene, die versuchten, ihre Prophezeiungen zu vermeiden und dadurch erst recht herbeiführten, was sie am meisten fürchteten. Dein Traum allerdings scheint mir gleichermaßen eine Warnung zu sein und von Hoffnung zu zeugen. Schau nach Norden!« Er bückte sich, um einen Grashalm zu pflücken, auf dem er nachdenklich zu kauen begann. »Was könnte das bedeuten?«
    Maerad zuckte mit den Schultern. »Ich weiß es nicht«, antwortete sie. »Deshalb habe ich ja Euch gefragt.«
    »Das bestärkt mich in der Überzeugung, dass die Finsternis dir nachstellen würde, wenn sie von dir wüsste«, meinte er. »Womöglich hat die Kunde sie bereits erreicht.« Eine plötzliche Erkenntnis verriet Maerad, dass Cadvans Klage über die kursierenden Gerüchte nicht den einzigen Grund für die Anspannung darstellte, die von ihm ausging. Ein unbehagliches Gefühl beschlich sie, als säße sie in einem Boot und stellte

Weitere Kostenlose Bücher