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Die Pellinor Saga Bd. 2 - Das Rätsel

Die Pellinor Saga Bd. 2 - Das Rätsel

Titel: Die Pellinor Saga Bd. 2 - Das Rätsel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alison Croggon
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Lichtung, ohne dass ihre Beine zu zittern begannen. Eine beschwerliche Reise war undenkbar. Dabei wurde ihr klar, dass sie bereits beschlossen hatte, die Suche nach dem Baumlied fortzusetzen; es erschien ihr der einzige Weg, sich selbst wieder in die Augen blicken zu können. Der Gedanke kam ihr ohne Zaudern. Nachjener schrecklichen Nacht auf dem Berg ängstigte sie die Vorstellung zu sterben nicht mehr.
    »Wohin willst du überhaupt?« Den Kopf schief gelegt wie ein Vogel sah Mirka sie an. »Ich muss nach Murask.«
    »Nach Murask?« Ein Schatten senkte sich über Mirkas Züge, und sie entfernte sich, wobei sie bei sich murmelte, als wäre Maerad nicht da, und sie wollte keine von Maerads Fragen beantworten.
    Schließlich meinte Maerad: »Ich dachte du wärst eine Pilanel. Murask ist doch eine Pilanel-Stadt, oder?«
    »Die Jungen, sie sind immer so ungeduldig«, sagte Mirka verärgert und schwenkte die Hände in ihre Richtung, als wollte sie Maerad verscheuchen. Sie fiel in ihre eigene Sprache zurück. »Na, na, im Pilani.« Zu Maerads Überraschung traten der Greisin Tränen in die Augen, dann setzte sie sich auf den Holzklotz und begann, unbefangen wie ein dreijähriges Kind zu weinen. Maerad fühlte sich völlig verunsichert; sie wusste weder, wie sie sich verhalten sollte, noch weshalb Mirka weinte. Letztlich hielt sie nur ihre Hand, bis sie aufhörte und sich die Nase am Ärmel abwischte.
    »Ja, ich bin eine Pilani«, sagte sie. »Ich und meine Familie. Aber ich habe keine Familie mehr. Und ich will nicht mehr nach Murask zur Winterzusammenkunft, zu den Geschichten und den Tänzen reisen. Meine Familie ist tot.« »Tot? Wie?«, fragte Maerad und bedauerte sofort, sich danach erkundigt zu haben, denn Mirka begann neuerlich zu weinen. Als sie schließlich schluchzend wieder aufhörte, sah sie Maerad an.
    »Es tut gut, um die Toten zu weinen«, erklärte sie. »Sie brauchen ihren Zehnten an Tränen. Und ich dachte, ich sei völlig verdorrt und könnte nicht mehr weinen. Nun, vielleicht hast du ja eine neue Quelle in mir freigelegt, junges Küken. Ich hatte einst Töchter.« Kurz kraulte sie Maerad unter dem Kinn, dann wandte sie sich wieder dem Holzhacken zu, als wäre nichts geschehen. Aber sie redete zwischen den Axthieben.
    »Ich hatte Töchter, Söhne und einen Gemahl, und ich fand, das war gut so. Da ich die Innere Stimme besaß, wusste ich, dass ich sie überleben würde, aber ich dachte, ich würde beobachten können, wie sie aufwuchsen und eigene Kinder gebaren. Doch eines Tages kamen die Jussacks und haben sie alle getötet. So war das damals.«
    Maerad wartete schweigend, bis sie fortfuhr. Mirka setzte ab, um sich über die Stirn zu wischen, dann schwang sie erneut die Axt. »Ich blieb als Einzige übrig. Danach sagten alle, ich sei verrückt. Vielleicht stimmte das ja. Die Sonne hatte sich verfinstert, und die Nächte waren voller Grauen. Hätte ich meine Lieben retten können, indem ich die Berge mit bloßen Händen anhob, ich hätte es getan. Aber ich konnte es nicht.«
    »Wer sind die Jussacks?«, fragte Maerad vorsichtig, da sie fürchtete, Mirkas Kummer von neuem ausbrechen zu lassen. Zunächst erwiderte Mirka nichts, sondern hackte das Holz mit neuer Heftigkeit, als spaltete sie die Schädel ihrer Feinde. Als sie fertig war, setzte sie sich neben Maerad.
    »Die Jussacks sind böse, wilde Menschen«, begann sie. »Sie huldigen dem Tod. Ihre Frauen halten sie in Löchern in der Erde, und sie trinken das Blut derer, die sie töten. Was Gnade ist, wissen sie nicht.«
    Maerad hatte noch nie von den Jussacks gehört und sah Mirka mit ausdrucksloser Miene an. »Leben sie in Zmarkan?«, fragte sie.
    »Ja, manchmal, manchmal. Sie sind wie die Pilani - sie verweilen nicht an einem Ort, aber sie verwenden keine Wagen. Sie reiten mit kleinen Lederzelten, die sie zusammengerollt hinten am Sattel tragen, und wo sie bleiben wollen, schlagen sie die auf. Sie reiten sehr schnell, weshalb man nie weiß, dass sich eine JussackHorde nähert, bis es zu spät ist.«
    »Aber warum töten sie Menschen?«, wollte Maerad wissen.
    »Das habe ich dir doch gesagt.« Mirka sah aus, als würde sie gleich wieder zu weinen beginnen. »Sie huldigen dem Tod, dem Großen Nehmer. Es heißt, sie essen die Herzen ihrer Feinde. Sie glauben, dass niemand, der kein jussack ist, das Recht besitzt, auf dieser Erde zu wandeln. Sie töten uns und stehlen unsere Pferde.«
    Danach schwieg Maerad. Mirka saß neben ihr, murmelte auf Pilanel vor

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