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Die Pellinor Saga Bd. 2 - Das Rätsel

Die Pellinor Saga Bd. 2 - Das Rätsel

Titel: Die Pellinor Saga Bd. 2 - Das Rätsel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alison Croggon
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vorzutragen. Sie hatte nicht damit gerechnet, erkannt zu werden, sobald sie Murask betrat, und noch viel weniger damit, eine solch enge Familienangehörige zu finden. Sirkana, die Schwester ihres Vaters, war also ihre Tante.
    Neugierig musterte sie Sirkana und rief sich ihre spärlichen, flüchtigen Erinnerungen an ihren Vater ins Gedächtnis. Sie besann sich, wie er sie manchmal herumgewirbelt hatte, während sie lachte und lachte, und an einen leicht würzigen Duft, doch es schien unmöglich, jene Erinnerungen mit der ernsten Frau in Einklang zu bringen, die vor ihr stand. Bei näherer Betrachtung allerdings fiel ihr auf, dass Sirkana durch die Form ihrer Augen, ihrer Nase, ihrer Wangenknochen ein wenig Hem ähnelte. Plötzlich wünschte Maerad, Hem wäre nun bei ihr; vielleicht würde ihm das alles nicht so fremd vorkommen. »Woher habt ihr, du und… mein Vater, gewusst, dass er die Ausersehene zeugen würde?«
    Sirkana heftete die dunklen Augen auf Maerads Züge. Unvermittelt schien die Halle um sie herum sich zu verdüstern, und Maerad spürte, wir ihr schwindlig wurde, als schaute sie in einen tiefen Brunnen.
    »Aus einem Traum«, erwiderte Sirkana in der Hohen Sprache. »Als ich zehn Jahre alt war, träumte ich von großer Finsternis. Und mein Bruder Dorn hob der Finsternis ein Kind entgegen, ein Kind gemacht aus Licht. Ich wusste, dass es sein Kind war.« Während Sirkana fortfuhr, sah Maerad den Traum so deutlich vor ihrem geistigen Auge, als wäre es ihr eigener. »Mit zwölf Jahren ereilte mich derselbe Traum erneut, doch da besaß ich bereits die Innere Stimme. Diesmal sprach Dorn zu mir und verriet mir, wer das Kind war. Dann mit vierzehn und mit sechzehn - stets wiederholte sich derselbe Traum.
    Ich erzählte meiner Mutter von den Träumen. Sie wusste, dass ich die Innere Stimme besaß, und riet mir, das Oberhaupt des Klans einzuweihen, was ich auch tat. Dorn jedoch sagte ich erst etwas davon, als ich sechzehn war; es war das Einzige, was ich je vor ihm geheim gehalten habe. Ich fürchtete, was er tun könnte, wenn er es wüsste. Und ich hatte recht damit. Aber schließlich verriet ich es Dorn doch, und in derselben Nacht hatte er selbst einen Traum - den einzigen Zukunftstraum, der ihn je ereilte. In seinem Traum zog eine mächtige Finsternis über das Land auf, und er wurde davon verschluckt. Er hatte Angst, aber er meinte zu mir, er müsste herausfinden, was der Traum bedeutete. Danach brach er zu den Schulen von Annar auf, und ich wusste, dass ich ihn nie wiedersehen würde.«
    »Und als du mich gesehen hast, da hast du mich erkannt?«, fragte Maerad leise. »Ja«, bestätigte Sirkana. »Allerdings nicht mit den Augen. Mit einer weiteren Vision. Seit ich ein junges Mädchen war, habe ich auf die Zeichen geachtet und den Liedern gelauscht. Ich wusste, dass die Auserwählte noch zu meinen Lebzeiten kommen würde, und ich habe darauf er erwartet.«
    Maerad schaute mit ausdrucksloser Miene zu den holzgetäfelten Wänden, auf denen sich flackernd der matte Feuerschein widerspiegelte. Seit sie Murask betreten hatte, fühlte sie sich selbst, als wäre sie in einen Traum geraten; die Erde schien unter ihr abzufallen und sie in eine andere Welt zu stürzen. Doch auf eine Weise, die Maerad nicht verstand, trösteten Sirkanas Worte sie; sie schienen eine Art Erkennen zu vermitteln. Als sie aufschaute, schien die Halle wieder von Licht erfüllt zu sein, und die anderen Pilanel blickten verdutzt drein.
    »Was hast du gesagt?«, wollte Tilla wissen. Ihre Stimme hörte sich ein wenig zittrig an, und als Maerad sie ansah, stellte sie fest, dass sie erbleicht war. »Maerad ist die Auserwählte, und sie ist hier eingetroffen, wie in den Liedern vorhergesagt wurde«, sprach Sirkana. »Das ist das letzte Zeichen.« Sie vollführte eine sonderbare Geste, indem sie mit der geballten Faust zunächst die Brust am Herzen, dann die Stirn berührte Die anderen taten es ihr gleich. »Sind wir uns also einig?« Alle nickten.
    Einig worin ?, fragte sich Maerad. Sie fand sich immer noch nicht zurecht. Es schien alles geklärt zu sein, dabei hatte sie noch um gar nichts gebeten. Sie holte tief Luft, setzte sich aufrecht hin und blickte die anwesenden Pilanel nacheinander an. »Ich muss das Baumlied finden, die Wurzel der Hohen Sprache«, verkündete sie. »Das ist meine Aufgabe. Und ich brauche eure Hilfe, denn ich habe nichts…« Demütig spreizte sie die Hände. »Ich weiß nicht einmal, wohin ich mich wenden muss.«
    »Wohin

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