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Die Pellinor Saga Bd. 2 - Das Rätsel

Die Pellinor Saga Bd. 2 - Das Rätsel

Titel: Die Pellinor Saga Bd. 2 - Das Rätsel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alison Croggon
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Tlon gelangten sie über einen mächtigen, spärlich mit Tannen gesprenkelten Rücken und sahen vor sich ein über drei Meilen breites Eisfeld, das die Täler zwischen den weißen Hügeln füllte. Dharin ließ das Gespann anhalten, schirmte mit der Hand die Augen ab und ließ den Blick prüfend darüber schweifen.
    »Das ist der Ippanuk-Gletscher«, erklärte er. »Das wahrscheinlich Gefährlichste, was wir überqueren müssen.« »Gletscher?«, fragte Maerad.
    »Ein Strom aus Eis. Er stammt aus dem Votul, dem Gebirgszug, den du dort drüben siehst.« Er deutete mit der Hand nach rechts, wo sich eine gespenstische Bergkette in der dunstigen Ferne verlor. »Tja, einen besseren Zeitpunkt als jetzt gibt es nicht«, meinte er und straffte die Schultern. »Wir können gut sehen, und ich denke, von hier aus können wir einen sicheren Weg darüber finden. Ot!« Zum ersten Mal hatte Dharin so etwas wie Besorgnis erkennen lassen. Zweifelnd betrachtete Maerad den Gletscher. Wenn Dharin meinte, er sei gefährlich, dann musste er in der Tat gefährlich sein. Langsam trieb er die Hunde den Rücken hinab und auf die Gletscherzunge zu. Dabei rumpelte der Schlitten über die Steine und Klumpen schmutzigen Eises, die entlang der Ränder verstreut lagen. Das Geräusch des Schlittens veränderte sich, sobald sie auf den Gletscher gerieten: An die Stelle des glatten Zischens über Schnee trat ein schabender, raspelnder Laut. Als sie sich auf die Mitte zubewegten, wurde Maerad klar, dass der Gletscher selbst Geräusche von sich gab; ein seltsames Knirschen wie von Stein auf Stein, ein bedrohliches Knarren, und manchmal hörte es sich an wie der Schrei einer seltsamen Kreatur. Schaudernd erkannte sie, dass es sich um einen matten Widerhall der Rufe der Iridugul handelte, als diese Cadvan und sie am Gwalhain-Pass angegriffen hatten.
    Das Eis selbst war unterschiedlich. Manchmal erwies es sich als klar wie ein Smaragd, und sie konnte durch grüne Tiefen auf das Felsbett des Gletschers weit unter ihnen hinabschauen. Die meiste Zeit allerdings war das Eis undurchsichtig und voller Makel und Risse. Dennoch haftete der Umgebung eine fesselnde Schönheit an. Gelegentlich erspähte sie darin sonderbare Dinge, die wie Visionen anmuteten, wenn sie sich an klaren Stellen des Eises abzeichneten: ein grüner Baum, die Aste gebogen, als befände er sich in einem Sturm, oder eine Wolke aus Steinbrocken, die wie er in der Luft zu schweben schien. Einmal erhaschte sie einen flüchtigen Blick auf ein riesiges Tier mit mächtigen Schultern, dichtem Fell und langen weißen Stoßzähnen. Dharin hatte vor Anspannung die Stirn gerunzelt, deshalb fragte sie ihn nicht, ob er wusste, um welches Tier es sich handelte. Bald erkannte sie, weshalb er den Schlitten so vorsichtig über den Gletscher bewegte: Die Krallen der Hunde, so scharf sie ein mochten, rutschten häufig über das Eis, zudem war der gesamte Gletscher von tiefen Spalten durchfurcht, die teils ohne Vorwarnung unmittelbar vor ihren Füßen auftauchten. Einmal gerieten sie zu ah an eine Spalte; sofort rief Dharin den Befehl zum Anhalten, und unzählige Krallen schabten über das Eis, als sie vor einem Riss zurückwichen, den Dharin zuvor nicht gesehen hatte. Die tückisch lau-grünen Ränder öffneten sich zu einer bodenlosen Dunkelheit, die an einen grässlichen Schlund erinnerte. Den Hunden behagte der Gletscher ebenso wenig wie Dharin; sie liefen mit eingezogenen Schwänzen, und vereinzelt heulte eines der Tiere vor Angst auf. Der kurze Tag neigte sich bereits dem Ende zu, als die Hunde das Ende des Gletschers erreichten. Erleichtert stellten sie die Ohren auf, als sie den Schlitten den gegenüberliegenden Rücken hinaufhievten. Nach dem Gletscher war das Schlimmste, dem sie sich stellen mussten, die klirrende Kälte. Ihr Kurs führte nun wieder nach Nordosten: Dharin steuerte auf eine Stelle an der Küste zu, welche etwa einhundertzwanzig Meilen vom Gletscher entfernt an einer der zahlreichen Landzungen lag, die ins Eismeer hinausragten. Die Labarok-Inseln befanden sich westlich davon.
    »Segeln wir auf die Inseln?«, erkundigte sich Maerad, dachte über ihre früheren Erfahrungen mit Seereisen nach und überlegte, so sie in diesem unbewohnten Land ein Boot finden sollten.
    »Nein, wir fahren mit dem Schlitten über das Meer«, antwortete er. Maerad dachte, er scherze, bis er ihr erklärte, dass jenes Meer gefroren sei und sie über dickes Eis gleiten würden. »Angesichts des frühen Winters

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