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Die Pellinor Saga Bd. 2 - Das Rätsel

Die Pellinor Saga Bd. 2 - Das Rätsel

Titel: Die Pellinor Saga Bd. 2 - Das Rätsel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alison Croggon
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Maerad mit keineswegs freundlichen Blicken; ihr Fell sträubte sich, und sie zogen die Lefzen von den Zähnen zurück.
    Maerad ging.

Einundzwanzigstes Kapitel
     
Die Jussacks
    Maerad träumte. In ihrem Traum stand sie in den Ruinen von Pellinor, allerdings nicht, wie sie den Ort zuletzt gesehen hatte, als sie als völlig verängstigtes Kind mit ihrer Mutter durch die brennenden Straßen floh, sondern so, wie er jetzt aussehen musste. Rings um sie befanden sich eingestürzte Steinmauern, deren geschwärzte Umrisse verwittert und manchmal völlig von Efeu und anderen Kriechpflanzen überwuchert waren. Einst mussten sie den mittleren Kreis der Schule gebildet haben. Auf dem Boden erkannte man noch Überreste von Pflastersteinen, durchbrochen von Unkraut und vereinzelt sogar jungen Bäumen, trotzdem war es immer noch ein überwiegend freier Platz. Etwas entfernt sah sie in der Mitte des Kreises eine über ein Feuer gebeugte Gestalt. Sie trug einen schwarzen Mantel mit Kapuze. Einen Lidschlag lang dachte sie, dass es sich um einen Untoten handelte; dann erkannte sie, dass es ein Barde war. Er erinnerte sie an Cadvan, und um ein Haar hätte sie seinen Namen gerufen, doch ihr fiel ein, dass Cadvan tot war, und die Gestalt verschwand.
    Als sie erwachte, verpuffte der Traum völlig aus ihrem Gedächtnis und ließ nur gespenstische Nachwehen zurück. Es war noch einige Stunden vor Sonnenaufgang. Neben ihr schnarchte leise Dharin, und draußen vor dem Zelt hörte sie einen Hund im Schlaf knurren. Unter den Fellen fühlte sie sich warm, aber ihre Nase war eiskalt. Bald würde es Zeit sein, aufzustehen und sich für die lange Reise zurück nach Süden vorzubereiten. Und was dann?
    Ihr Herz war so schwer wie ein Stein in der Brust. Auf dem Rücken liegend und gegen die Decke starrend versuchte sie, ihre Gedanken zu sammeln. Obwohl sie einen Teil ihrer Aufgabe erfüllt hatte, empfand sie das Gefühl, versagt zu haben, als überwältigend. Alles, was sie durch ihre weite Reise in den Norden entdeckt hatte, war, dass sie das Baumlied schon ihr ganzes Leben mit sich herumtrug.
    Es war wie ein schlechter Scherz. Obwohl sie das Baumlied so gut wie die eigenen Hände kannte, war sie weiter denn je zuvor davon entfernt, sein Rätsel zu entschlüsseln. Selbst ein so gelehrter Barde wie Nelac hatte die Runen nicht erkannt, geschweige denn, sie zu lesen vermocht. Mit quälender Klarheit tauchte ihr Albtraum über die Zerstörung von Turbansk vor ihr auf; alle, die Vertrauen in sie gesetzt hatten, hatten sich geirrt. Cadvan und Dernhil, Darsor und Imi - sie alle waren umsonst gestorben.
    Es nützte nichts, das Baumlied zu besitzen, wenn sie nicht wusste, was es bedeutete.
    Den ganzen Tag, während Dharin und sie packten, um wieder über das Eismeer aufzubrechen, rang sie mit ihrer Verzweiflung. Sie verabschiedeten sich von den Altweisen, die sie mit Geschenken und Lebensmitteln bedachten: unansehnliche Fleischbrocken, die vorwiegend aus Fett zu bestehen schienen, und zwei gelbe Elfenbeinstoßzähne, in die Bilder eines Seehunds und eines Fisches geschnitzt waren. Tief verneigte sich Maerad und nahm die Geschenke mit dem Gefühl an, eine Heuchlerin zu sein.
    Seit Maerad von Inka-Reb zurückgekehrt war und berichtet hatte, dass er mit ihr gesprochen hatte, wurde ihr und Dharin mit einer Achtung begegnet, die an Ehrfurcht grenzte. Was jedoch nur zu ihrem Empfinden beitrug, versagt zu haben. Vielleicht wäre es besser gewesen, wenn Inka-Reb ihr nichts verraten hätte; was er ihr gesagt hatte, bürdete ihr mehr Verantwortung auf als zuvor, ohne dass sie wusste, wie sie ihr gerecht werden sollte.
    Dharin hatte sich lediglich erkundigt, ob sie gefunden hatte, was sie brauchte. Nachdem sie ihm kurz geschildert hatte, was Inka-Reb zu ihr gesagt hatte, hatte er mit den Schultern gezuckt. »Na, dann müssen wir eben jemanden finden, der die Runen lesen kann«, hatte er gemeint.
    Maerad hatte ihn angesehen. »Wo?«
    »Keine Ahnung«, hatte er lächelnd geantwortet. »Aber wenn sie geschrieben sind, müssen sie auch lesbar sein.«
    Nicht, wenn die einzigen Menschen, die sie lesen können, bereits tot sind, hatte Maerad gedacht, aber nicht laut ausgesprochen.
    Dharin stellte keine weiteren Fragen und erwähnte ihre Suche nicht mehr. Im Verlauf der folgenden Tage war Maerad unaussprechlich froh über seine angenehme, anspruchslose Gesellschaft. Sie fuhren dieselbe Strecke zurück über das Meer und hinab über die Ippan-Halbinsel in Richtung des

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